Verdacht auf Vetternwirtschaft: Wissing muss jetzt aufklären
Ein Abteilungsleiter im Verkehrsministerium soll Freunde bei einem Auftrag bevorzugt haben. Doch FDP-Minister Volker Wissing schweigt zu der Affäre.
E s besteht der Verdacht, dass gute Freunde eines Abteilungsleiters im Bundesverkehrsministerium von einem Programm für die Förderung von Wasserstofftechnologie profitieren, für das dieser Beamte zuständig ist. Dabei geht es um stolze 28 Millionen Euro. Das ist keine Petitesse.
Eine Parallele zum Fall des Wirtschaftsstaatssekretärs Patrick Graichen scheint sich aufzudrängen. Er war an der Auswahl seines Trauzeugen für einen Spitzenjob beteiligt und bewilligte Geld für einen Verband, in dem seine Schwester einst im Vorstand saß.
Es gibt aber gewaltige Unterschiede: Im Fall Graichen ist kein finanzieller Schaden entstanden, und das grün geführte Ministerium hat die Angelegenheit selbst öffentlich gemacht und akribisch aufgeklärt – und mit der Versetzung des Staatssekretärs in den einstweiligen Ruhestand Konsequenzen gezogen. Damit hat das Wirtschaftsministerium im Umgang mit echtem oder vermeintlichem Filz neue Maßstäbe gesetzt, sagen Anti-Korruptions-NGOs.
Davon scheint FDP-Bundesverkehrsminister Volker Wissing weit entfernt zu sein. Er versucht, den öffentlichen Blick auf den mutmaßlichen Interessenkonflikt in seinem Haus durch die Produktion von Pressemeldungen zu verstellen – zur Radpolitik, zu E-Autos oder zu einem Gutachten über mögliche Regressansprüche gegen seinen Vorgänger Andreas Scheuer von der CSU wegen dessen Fehler bei der Pkw-Maut für Ausländer:innen, der den Staat 243 Millionen Euro kostet. Dabei ist klar, dass das nur eine Show ist und es keine Regressansprüche geben wird.
Das ist kein angemessener Umgang mit dem Filzverdacht. Angemessen wäre, die Öffentlichkeit von allein und lückenlos über die Vorgänge aufzuklären. Wissing muss zeigen, dass er sein Haus im Griff hat und die Förderpraxis seiner Leute über jeden Verdacht von Filz erhaben ist. Schließlich gehen durch sein Ministerium viele Milliarden Euro an Fördermitteln. Die Ampelregierung sollte diesen Fall zum Anlass nehmen, die Kontrollen bei der Vergabe zu verbessern. In Frankreich gibt es dafür eine eigene Behörde. Das würde auch hierzulande nicht schaden.
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