Umweltschäden in Ecuador: Schlappe für Ölmulti Chevron

Indigene und Kleinbauern können in Kanada vor Gericht ziehen. Entschädigungszahlungen des Konzerns sind nun wahrscheinlicher.

Ecuadorianerinnen protestieren 2013 in New York gegen Chevron.

Der Rechtsstreit zieht sich schon lange hin. Hier protestieren Ecuadorianerinnen 2013 in New York gegen Chevron. Foto: reuters

BUENOS AIRES taz | Aufatmen in Ecuador, Niederlage für Chevron: Ein kanadisches Berufungsgericht hat die Ansprüche von Indigenen und Kleinbauern aus Ecuador gegen den US-Ölmulti anerkannt. Damit ist der Weg vor ein kanadisches Gericht frei, um die Vermögenswerte von Chevron in Kanada zur Begleichung einer Entschädigungssumme in Höhe von 9,5 Milliarden Dollar heranzuziehen. Am Freitag bestätigten die Richter in Ontario die Verantwortung des Unternehmens für gravierende Umweltschäden bei der Ausbeutung von Ölvorkommen in Ecuador.

Der Oberste Gerichtshof Ecuadors hatte Chevron schon vor Jahren zu einer Geldstrafe von mehreren Milliarden Dollar verurteilt – doch der Konzern weigerte sich zu zahlen. Die Betroffenen zogen in den USA, Kanada, Brasilien und Argentinien vor Gericht, wo der Konzern jeweils Vermögenswerte besitzt. Doch in New York hatte ein Bundesrichter 2014 geurteilt, dass Chevron die Strafe nicht bezahlen muss.

„Nach 22 Jahren können wir das Urteil gegen Chevron umsetzen und mit der Wiedergutmachung unseres Territoriums beginnen,“ zeigte sich Humberto Piaguaje von der Vereinigung der Texaco-Betroffenen (Unión de Afectados por Texaco, UDAPT) nun hoffnungsfroh. Das Vermögen von Chevron in Kanada wird auf 15 Milliarden Dollar geschätzt. Für Pablo Fajardo, Anwalt der klagenden Indigenen und Kleinbauern, geht das Urteil einen Schritt in die richtige Richtung: „In einer globalisierten Welt haben die Gerichte die Pflicht, die Vollstreckung von Strafen zu ermöglichen.“

Das juristische Tauziehen hatte 1993 mit einer Klage von 76 Betroffenen gegen den US-Ölkonzern Texaco vor einem New Yorker Gericht begonnen. Von 1964 bis 1990 hatte ein durch Texaco geführtes Konsortium in dem betroffenen Gebiet Öl gefördert. Die Fläche ist bis heute durch Ölrückstände verseucht. Texaco wurde im Jahr 2001 von der Chevron Corporation übernommen, weshalb die ecuadorianische Justiz Chevron in der Verantwortung sieht. Im selben Jahr erklärte sich der zuständige New Yorker Richter jedoch für nicht zuständig.

Sammelklage von rund 30.000 Betroffenen
Humberto Piaguaje, Betroffenenvereinigung

„Nach 22 Jahren können wir das Urteil umsetzen.“

Daraufhin reichten 2003 zunächst 48 Betroffene eine gemeinsame Klage beim Provinzgericht von Sucumbíos ein. Bei Prozessbeginn lag dem zuständigen Richter Nicolás Zambrano eine Sammelklage von rund 30.000 Betroffenen vor. Im Februar 2011 verurteilte er Chevron zu einer Schadensersatzsumme von 19 Milliarden Dollar. Im November 2013 bestätigte der Oberste Gerichtshof Ecuadors das Urteil, reduzierte aber die Strafe auf 9,5 Milliarden Dollar.

Für den US-Multi ist das alles ein „krasses Beispiel für die politische Schieflage und die Korruptheit der ecuadorianischen Justiz“. Nach Auffassung des Konzerns ist die ganze Angelegenheit zum einen durch Texaco verursacht und zum anderen mit einer 40 Millionen Dollar teuren Säuberungsaktion bereits im Jahr 1998 erledigt worden.

Chevron-Berater James Craig kommentierte nach der aktuellen Entscheidung, die kanadischen Richter hätten lediglich ihre Zuständigkeit anerkannt. „Die jetzige Entscheidung sagt nichts aus über die Rechtmäßigkeit oder die Gültigkeit des betrügerischen ecuadorianischen Richterspruchs“, so Craig.

Ob die kanadische Justiz tatsächlich zum Eintreiben der Geldstrafe führt, ist unsicher. Bereits Ende 2012 waren in Argentinien die Vermögenswerte von Chevron beschlagnahmt worden. Rund 2 Milliarden Dollar wurden damals auf Betreiben der ecuadorianischen Kläger zeitweise eingefroren. Wenig später wurden sie jedoch wieder freigegeben. Chevron ist der wichtigste Partner der staatlichen argentinischen Ölgesellschaft YPF.

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