Umgang mit Um­welt­schüt­ze­r:in: Lebensgefahr Aktivismus

196 Menschen wurden 2023 getötet, weil sie ihre Umwelt schützen wollten. Auch im Globalen Norden landen sie immer öfter im Gefängnis.

Die Nachbildung einer Kugel als Fußfessel mit der Aufschrift "Climate Criminal" am Bein einer Person

Protest gegen die Verhaftung von zurzeit 21 Aktivisten von „Just Stop Oil“ in London Foto: Vuk Valcic/reuters

Berlin taz | Die eskalierenden Auswirkungen des Klimawandels bringen viele Menschen weltweit dazu, gegen die Untätigkeit der Regierungen und großen Unternehmen zu protestieren. Doch obwohl die Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit nach internationalem Recht eigentlich geschützt sein sollte, werden Umwelt- und Klimaproteste immer gefährlicher.

Allein im Jahr 2023 sind einem Bericht der Nichtregierungsorganisation Global Witness zufolge weltweit 196 Um­welt­ak­ti­vis­t:in­nen ermordet worden – 85 Prozent davon in Lateinamerika. Zwar zeigen reiche Staaten aus dem Globalen Norden gerne mit dem Finger auf Entwicklungsländer und verurteilen deren Umgang mit Umweltaktivist:innen. Doch auch bei ihnen gibt es Nachholbedarf in Sachen Meinungsfreiheit – wenn auch auf einem anderen Niveau. So werden im Norden immer härtere Strafen für friedliche Kli­ma­de­mons­tran­t:in­nen verhängt, wie die Umweltorganisation Climate Rights International (CRI) kritisiert.

In einem Bericht hat die Organisation das Vorgehen gegen gewaltfreie Klimaproteste in Australien, Deutschland, Frankreich, den Niederlanden, Neuseeland, Schweden, dem Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten dokumentiert. Als Grundlage dazu dienten unter anderem Zeitungsartikel, Gerichtsakten, akademische Quellen sowie Gespräche mit Ex­per­t:in­nen und Angeklagten.

Die Ergebnisse zeigen, dass in den untersuchten Ländern zunehmend harte Haftstrafen für Klimaproteste verhängt werden. Damit würden die Regierungen gegen ihre gesetzlichen Verpflichtungen zum Schutz der Grundrechte auf Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit verstoßen, so das Fazit der Organisation. Zur Veranschaulichung legt sie in ihrem Bericht zahlreiche Beispiele unverhältnismäßig langer Gefängnisstrafen für friedliche Klimaproteste aus allen untersuchten Ländern vor.

5 Jahre Haft nach Straßenblockade

Nachdem etwa die britische Regierung noch im Mai und Juli dieses Jahres vor dem UN-Menschenrechtsrat die lange Tradition und die Bedeutung friedlicher Proteste betont hatte, wurde ebenfalls im Juli eine noch nie dagewesene Haftstrafe für gewaltfreie Protestaktionen verhängt. Kli­ma­ak­ti­vis­t:in­nen der Gruppe „Just stop oil“ wurden zu vier und fünf Jahren Gefängnis verurteilt, weil sie auf dem Londoner Autobahnring M25 ein öffentliches Ärgernis verursacht hatten.

In einigen Fällen soll den Ak­ti­vis­t:in­nen sogar im Gericht untersagt worden sein, die Beweggründe für ihre Aktionen zu erörtern. Im Fall des M25-Verfahrens soll sich etwa der Richter geweigert haben, den Angeklagten zu erlauben, ihre Beweggründe zu erläutern. In einem anderen Fall wurden zwei Aktivistinnen, die wegen einer Straßenblockade in London angeklagt waren, wegen Missachtung des Gerichts zu einer siebenwöchigen Haftstrafe verurteilt, als sie die Klimakrise als Grund für ihr Handeln nannten.

„Die Regierungen sollten Klimaaktivisten als Verbündete im Kampf gegen den Klimawandel sehen, nicht als Kriminelle“, mahnte Brad Adams, Geschäftsführer von CRI.

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