Umfrage zum Streik der Lokführer: Den Reisenden reicht's
Bis Sonntag dauert der Streik der GDL noch an, Verständnis hat laut einer Umfrage kaum noch jemand dafür. Und auch aus der Politik kommt immer mehr Kritik.
WEIMAR/BERLIN afp/dpa | Für die ständigen Streiks der Lokführergewerkschaft GDL hat eine deutliche Mehrheit der Bundesbürger einer Umfrage zufolge kein Verständnis. In einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der in Weimar erscheinenden Thüringischen Landeszeitung gaben nur 21 Prozent der Befragten an, Verständnis für die inzwischen zum achten Mal streikenden Lokführer zu haben. Neun Prozent zeigten sich in der Umfrage des Erfurter Meinungsforschungsinstituts Insa unentschlossen.
Grundsätzlich sind demnach 58 Prozent der Befragten der Ansicht, dass Streiks ein geeignetes Druckmittel in Tarifkonflikten sind, 36 Prozent sind anderer Meinung. 61 Prozent der Bundesbürger empfinden die häufigen Zugausfälle wegen der Lokführerstreiks dennoch als belastend. 35 Prozent der Befragten gaben in der Umfrage an, gerne mit der Deutschen Bahn zu reisen, 56 Prozent erklärten, dies sei nicht der Fall. Für die repräsentative Umfrage wurden 2169 Bundesbürger befragt.
Einen Tag vor dem geplanten Ende des Streiks nimmt die Kritik an der Gewerkschaft GDL stark zu. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann warf GDL-Chef Claus Weselsky vor, er verfolge „persönliche Machtinteressen“. "Das beschädigt das Vertrauen in die Gewerkschaften und die Akzeptanz von Arbeitskämpfen", sagte Oppermann der Passauer Neuen Presse. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) sieht „die Grenze der Verhältnismäßigkeit überschritten“, wie er dem Sender SWR2 sagte.
Weselsky hatte Vorwürfe, das Streikrecht zu missbrauchen, stets zurückgewiesen und zeigte sich nun demonstrativ selbstbewusst. Der einwöchige Ausstand sei ein „großer Erfolg“, sagte er der Saarbrücker Zeitung. Zugleich drohte er mit weiteren Streiks, falls die Bahnführung nicht auf die GDL-Forderungen eingehe.
Millionen Reisende und Wochenendpendler mussten sich auch am Samstag wegen des bisher längsten Ausstandes bei der Bahn auf erhebliche Schwierigkeiten einstellen. Es gab erneut erhebliche Behinderungen und zahlreiche Zugausfälle. Vor allem in Ostdeutschland, wo die Lokführergewerkschaft GDL stärker organisiert ist, rollen nur etwa 15 Prozent der Züge. Im Westen waren es bis zu zwei Drittel. Auch der S-Bahn-Verkehr war wieder betroffen. Der Ersatzfahrplan laufe stabil, sagte eine Bahnsprecherin in Berlin.
Der fast einwöchige und bislang längste Streik der Gewerkschaft der Deutschen Lokomotivführer (GDL) soll am Sonntag um 9 Uhr enden. Danach muss zunächst weiter mit Einschränkungen gerechnet werden, da im Fernverkehr nach Angaben der Deutschen Bahn den ganzen Sonntag weiter der Ersatzfahrplan gilt. Im Regional- und -Bahnverkehr soll nach Streikende der Regelbetrieb nach und nach hochgefahren werden. Erst am Montag sollen wieder alle Züge normal verkehren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja