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Ukrainische Flüchtlinge in MoldauKleines Land, große Herzen

Die moldauische Stadt Edineț hat für ukrainische Geflüchtete ein „Friedensdorf“ gebaut. Es ist Oase der Sicherheit – und Ort zum Pläne schmieden.

März 2022: Kriegsflüchtlinge an der moldauisch-ukrainischen Grenze Foto: Matteo Placucci/NurPhoto/imago

A uf dem grünen Rasen in eingezäuntem Gelände verstecken sich im Schatten ausladender Bäume neu gebaute Häuschen aus aromatisch duftendem Holz vor den Strahlen der heißen moldauischen Sonne. Jedes von ihnen ist zwanzig Quadratmeter groß. Eine Küchenzeile, ein Wäscheraum, Duschen und Toiletten befinden sich in einem benachbarten Steinhaus. Das Friedensdorf in Edineț wird derzeit mit allem ausgestattet, was für ein komfortables Leben nötig ist. Zudem planen die Organisatoren, einen Spielplatz für Kinder und einen Ort für Erwachsene zum Entspannen einzurichten.

Das Friedensdorf ist für die Unterbringung von etwa 50 Menschen konzipiert und wurde eigens für die Unterbringung Geflüchteter aus der Ukraine gebaut. Die Ukrainer in Moldau haben mit diesem Dorf jetzt einen Ort, an dem sie durchatmen können, sich näher kennenlernen, sich über ihre Situation austauschen, gemeinsam Pläne machen – mit ihren Landsleuten in ihrer Muttersprache reden können.

Война и мир – дневник

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„Das Friedensdorf ist eine wunderbare Idee. Ich muss weinen vor Dankbarkeit, wenn ich sehe, wie die Menschen sich bemühen und mit Herz und Seele dabei sind, uns zu helfen“, sagt Anna Kotsch­towa, die mit ihrer Familie aus dem kriegszerstörten Mariupol hierher in den Norden der Republik Moldau gekommen ist, nicht weit von sieben Grenzübergängen, davon allein fünf zwischen Moldau und der Ukraine.

Seit den ersten Kriegstagen kommen Menschen auf der Flucht aus der Ukraine in die Stadt. Derzeit leben in Edineț 156 Geflüchtete und im gesamten Bezirk Edineț mehr als 300. Bislang wurden die ukrainischen Neuankömmlinge spontan in Hostels, Hotels, durch gemeinnützige Organisationen und Privatleute untergebracht. Jetzt haben sie ein Friedensdorf.

Natalia Zvarisch

Journalistin. Lebt und arbeitet in Edineț (Moldau). Sie war Teilnehmerin eines Osteuropa-Workshops der taz Panter Stiftung.

Lokales Engagement

Moldau ist ein kleines Land mit gut 2,5 Millionen Einwohnern, es liegt zwischen der Ukraine und Rumänien. Die gemeinsame Grenze mit der Ukraine, in der jetzt Krieg herrscht, beträgt 939 Kilometer. Doch ungeachtet der geringen Größe und der Armut des Landes leben hier Menschen mit großen Herzen, die bereit sind, den Schmerz und die Leiden der ukrainischen Geflüchteten zu teilen und ihnen in diesen schwierigen Zeiten zu helfen.

Schon im März hatte die Stadtverwaltung zusammen mit der Austrian Development Agency (ADA) versucht, den Plan des Friedensdorfes umzusetzen. „Und nach einiger Zeit ist schließlich bei uns in der Stadt das Friedensdorf entstanden“, sagt Edinețs Bürgermeister Constantin Cojocaru. Die Häuschen wurden im Rahmen des Projekts „Friedensdorf – Gleichheit für alle“ geliefert und aufgestellt, mithilfe des lokalen Vereins AREAP, der Menschen in schwierigen Lebenssituationen hilft.

Unterstützung kam auch von der österreichischen Botschaft. „Denn jeder Mensch auf dieser Welt braucht seine Unterkunft – und mag sie auch noch so klein sein“, sagt der Bürgermeister.

Aus dem Russischen Gaby Coldewey

Finanziert wird das Projekt von der taz Panter Stiftung.

Einen Sammelband mit den Tagebüchern bringt der Verlag edition.fotoTAPETA im September heraus

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3 Kommentare

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  • 6G
    650228 (Profil gelöscht)

    Super Sache, gut gemacht!

    Für Deutschland übersetzt: Übernehmt Bürgschaften für Flüchtlinge. 4 Personen, je ein Nebenjob = 1 Mensch mehr kann durchatmen.

  • Wunderbar, die Republik Moldawien! Aber leider bis vor kurzem noch fast völlig unbekannt und vergessen. Von Transnistrien gar nicht zu reden.



    Als ich vor etlichen Jahren die Leitung eines größeren Teilprojekts des DAAD für Südosteuropa übernahm, stellte ich fest, das Moldawien selbst darin überhaupt nicht vorkam. Was wir mithilfe der Rumänen dann sofort geändert haben.



    Aber immer noch gilt leider:



    Nur mühsam ernähren sich die moldawischen und transnistrischen Eichhörnchen.

  • Wunderbar,

    diese kleine und auch nicht reiche Land hilft mit Herz und Einfühlungsvermögen. Und Deutschland steckt Flüchtlinge in bewachte Lager in denen Kriminalität und Platzmangel herrschen. Lager, in denen Frauen nicht sicher sind. Das ist unmoralisch