Ukraine-Wiederaufbaukonferenz: Miserable Aufklärung

Dass die Hilfsbereitschaft schwindet, ist mangelhafter Information geschuldet. Warum der Wiederaufbau jetzt notwendig ist, muss deutlicher vermittelt werden.

Charkiw: Ein Mann radelt nach einem russischen Angriff an einem brennenden Elektrizitätswerk vorbei.

Russland hat schwere Schäden am Energiesystem der Ukraine angerichtet Foto: Yevhen Titov/ap

Eine Summe von 16 Milliarden Euro in etwa wird bei den Vereinbarungen und Verträgen herauskommen, die diese Woche in Berlin auf der Konferenz zum Wiederaufbau der Ukraine unterzeichnet wurden. Eine Wiederaufbaukonferenz für ein Land mitten im Krieg? Ausgerechnet jetzt, wo Russland im Nordosten eine neue Offensive gestartet hat?

Dass viele Menschen im Westen der Ukraine zunehmend kritisch gegenüberstehen, ist mangelnden Informationen über den Sinn der Konferenz und schlechter Kommunikation zuzuschreiben. Es sollte vermittelt werden, um welche Art von Wiederaufbau es geht. Und dass nicht zuletzt auch eine erwartbare Fluchtwelle in die EU verhindert werden soll.

Die erste und vielleicht wichtigste ukrainische Forderung auf der Konferenz betraf moderne Luftabwehrsysteme, um sich gegen die russischen Raketenangriffe auf Energieinfrastruktur und zivile Ziele verteidigen und diese später schneller wieder instand setzen zu können. Die einzigen Mittel, sich gegen die totale Zerstörung ziviler Infrastruktur wehren zu können, sind unter anderem die deutschen Boden-Luft-Raketensysteme Patriot und IRIS-T.

Dass Bundeskanzler Olaf Scholz der Ukraine ein weiteres Patriot-System zusagte, ist deshalb nur zu begrüßen. Und auch Ministerpräsident Mark Rutte kündigte die Verlegung mehrerer Patriot-Trägerraketen aus den Niederlanden in die Ukraine an. Völlig klar ist, was die ukrainische Delegation erklärte, nämlich dass es jetzt nicht um den Wiederaufbau von Städten an der Frontlinie oder den Neubau von Theatern, Wohnungen und Schulen geht.

Zwei Städte ohne Stromerzeugung

Sondern vor allem darum, die von der russischen Armee zerstörte Energieinfrastruktur durch dezentrale mobile Heizaggregate und Gasturbinengeneratoren zu ersetzen. Der nächste Winter kommt bestimmt. Um ihn zu überstehen, braucht die Zivilbevölkerung funktionierende Heizungen. Zur Erinnerung: Im März 2024 hatte die russische Armee mit zahlreichen Raketenangriffen Heizkraftwerke in Charkiw und Kyjiw zerstört. Gerade jetzt sind zwei der größten Städte der Ukraine ohne eigene Strom- und Wärmeerzeugung.

Wer verhindern will, dass Millionen Menschen bald ihre Heimatstädte verlassen, muss jetzt schnell handeln. Wissen sollte man in Deutschland außerdem, dass die Ukraine nicht um Geld aus dem deutschen Staatshaushalt bettelt. Sie fragt vielmehr nach Darlehen, die verzinst zurückgezahlt werden. Davon profitiert letztendlich auch die deutsche Wirtschaft. Denn die dringend benötigten Energieanlagen werden von deutschen Firmen hergestellt. All dem sollte die deutsche Öffentlichkeit aufgeschlossen gegenüberstehen.

Aus dem Russischen Gaby Coldewey

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