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Übergriffe in Baden-WürttembergStörer beschimpfen Ricarda Lang

Mehrere Personen behindern die Abreise der Grünen-Vorsitzenden aus Schorndorf. Schon der politische Aschermittwoch der Grünen musste abgesagt werden.

Von Störern drastisch angegangen: Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang am 14. Februar in Schorndorf Foto: Christoph Schmidt/dpa

Schorndorf dpa | Dutzende Störer haben nach einer Veranstaltung zum politischen Aschermittwoch in Schorndorf die Abreise der Grünen-Bundesvorsitzenden Ricarda Lang behindert. Einem dpa-Reporter zufolge wurde die Politikerin am späten Mittwochabend ausgepfiffen und unter anderem mit „Hau ab“- und „Pfui“-Rufen belegt. Sie musste auch härtere Beschimpfungen ertragen. Die Störer verfolgten Lang und ihre Personenschützer rund 50 Meter weit, bis sie von Polizisten gestoppt wurden.

Bereits zuvor war die Stimmung in der Stadt östlich von Stuttgart angespannt. Mehrere Landwirte hatten in der Nähe des Veranstaltungsorts mit Traktoren demonstriert. Einer von ihnen sprach später auch auf der Grünen-Veranstaltung. Vor der Halle, in der der politische Aschermittwoch des Kreisverbandes Rems-Murr stattfand, warteten nach Veranstaltungsende einem Polizeisprecher zufolge etwa 90 bis 100 Menschen.

Auch eine Kreuzung in der Nähe wurde unter anderem mit Lastwagen blockiert. Die Polizei ging in der Spitze von 30 bis 35 Fahrzeugen aus. Die Proteste hätten als eine spontane Demonstration begonnen und seien danach vor Ort angemeldet worden, sagte der Polizeisprecher in der Nacht zum Donnerstag. Weitere Einzelheiten waren zunächst nicht bekannt.

Die Grünen hatten zuvor ihre Veranstaltung zum politischen Aschermittwoch im baden-württembergischen Biberach aus Sicherheitsgründen abgesagt. Dem Schritt waren massive Proteste und Blockaden unter anderem von Landwirten vorausgegangen. Der Landesbauernverband in Baden-Württemberg hat nach eigener Auskunft nicht zu den Protesten aufgerufen oder diese davor unterstützt.

„Eigentlich ist es nicht normal“

Bei den Vorfällen kam es nach Angaben der Polizei zu aggressivem Verhalten, Polizisten wurden verletzt. Beamte setzten Pfefferspray und Schlagstöcke ein. An der traditionellen Veranstaltung wollten neben Lang auch Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir, Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Jürgen Trittin teilnehmen.

Die Grünen-Chefin hatte in Schorndorf auch die Absage zum Thema gemacht – und die Vorfälle kritisiert: „Eigentlich ist es nicht normal, dass politische Veranstaltungen nur mit einem großen Polizeiaufgebot überhaupt stattfinden können. Es ist nicht normal, dass die Scheiben von Dienstwagen eingeschlagen werden“, sagte sie. Es sei zudem nicht normal, dass politische Veranstaltungen wegen mangelnder Sicherheit abgesagt werden müssten. „Das ist ein Zustand, an den wir uns in einer Demokratie niemals gewöhnen dürfen“, sagte sie. Wer demokratischen Austausch als solchen verhindere, der schädige die Demokratie.

Lang hatte bereits kurz nach der Absage in Biberach vor Gewalt gewarnt: „Wer gewalttätig wird, verlässt den Rahmen des demokratischen Diskurses“, erklärte sie. Auch weitere Spitzenpolitiker unterschiedlicher Couleur hatten die Vorfälle in Biberach kritisiert.

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26 Kommentare

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  • die bauren (so sagte ernest mandel immer) haben sich nun mal nach rechtsaußen radikalisiert. wenn wunderts.



    immer schön gepampert beschweren sie sich nun. und machen mit den rechten hand in hand aufstand gegen die demokratie. wer sprach von der idiotie des landlebens? (oder so). MARX.

  • So führt man sich nicht auf. Egal, was man von Frau Lang und den Grünen hält. Allmählich bekommt man den Eindruck, dass dieses Land zu einem Tollhaus wird.

  • Nun muss aber auch bald mal gut sein mit den Mistgabelproleten. Sie haben ihre Anliegen lautstark und störend vorgetragen, dabei manche Grenze des guten Geschmacks überschritten und jeder weiß, was sie wollen: Einfach noch mehr Kohle aus der Staatskasse. Ist verstanden.

    • @vieldenker:

      1000 sternchen.

    • @vieldenker:

      Schön wär‘s, wenn es einfach nur um mehr Staatsknete ginge.



      Aber hier geht es um eine orchestrierte Kampagne gegen die Ampel und besonders gegen die Grünen - jedwede Angst vor Veränderungen und Reformunwillen wird nach meinem Eindruck gerade auf die Grünen projiziert, ein klassischer Fall von Sündenbock-Theorie.



      Neuwahlen sind in dieser rechten Agenda nur ein Etappenziel, am Ende des Tages steht der Umbau von Staat und Gesellschaft nach autoritären, völkischen und stände-staatlichen Prinzipien.



      Wäre ich nicht davon überzeugt, dass es so ist, würde ich diese Ampelkoalition mit ihrer wirklich grottigen Politikumsetzung nicht noch verteidigen. Und ich würde auch nicht auf Demos gegen die AfD und für die Verteidigung der Demokratie gehen, wenn ich nicht wüsste, wo derzeit die Prioritäten liegen.



      Denn in dem Punkt hatte Sahra Wagenknecht gestern auf ihrer Aschermittwochsrede in Passau recht: der Fisch stinkt vom Kopf her - die AfD ist nur die Folge, nicht aber die Ursache der momentanen Demokratieerosion.

      • @Abdurchdiemitte:

        Sicher richtig, aber gerade Frau Wagenknecht hat mit ihrer jahrelangen populistischem Politikerschelte auch einen nicht geringen Anteil am zunehmenden Erfolg der rechten Reaktionäre.

        • @vieldenker:

          Wohl wahr. Und schlimmer als Frau Wagenknechts Populismus - ich finde es ja durchaus okay, die Rechten mit ihren eigenen Waffen zu schlagen -, ist die Verflachung des Intellektuellen Niveaus. Von Wagenknecht kommen ja nur noch Plattitüden. Nach meinem Eindruck war das mal anders.



          Ihre Wählerstimmen wird sie wahrscheinlich dem allgemeinen Ampel-Bashing verdanken, nicht einer linken Profilierung oder besondereren programmatischen Stärke des BSW. Deshalb: lieber Finger weg von diesem Verein!

        • @vieldenker:

          sie haben sowas von recht. sw + rechte hand in hand mit wildgewordenen rechten bauren. gute nacht deutschland.

  • Ich mag Ricarda Lang als Politikerin nicht, sie erzählt bald jeden Tag das Gegenteil vom Vortag, Beispiel AKW-Ausstieg, Kohleausstieg, Asylpolitik.



    Auch halte ich sie nicht für kompetent, Beispiel Durchschnittsrente angeblich um die 2000€ und andere Wissens-Patzer.

    Sie aber wegen ihrer Figur oder Aussehens mit Beleidigungen, oder wegen ihrer Worte mit Hass zu überschütten ist so was von unterirdisch, dass mir das ko..en kommen könnte.



    Man sollte auch vor jemandem Respekt haben, den man inhaltlich sehr kontrovers sieht.

    • @Rudi Hamm:

      Und das Netz wird mit solchen persönlichen, unter die Gürtellinie gehenden Schmähungen geradezu geflutet, gerade was die Person Ricarda Langs betrifft. Und quantitativ kommt das allermeiste von diesem Müll in den (a)sozialen Medien tatsächlich aus der rechten Ecke.



      Ich wünsche mir, dass Hunderttausende auf deutschen Straßen auch gegen diesen Trend zur Rohheit und Desinformation im Netz protestieren - bis hierhin und nicht weiter!



      Auch wenn einem die Grünen nicht gefallen - ich wähle sie schon lange nicht mehr - , vor diesen gesteuerten Hasskampagnen, die derzeit laufen, muss man sie in Schutz nehmen. Das sollte unter Demokraten Ehrensache sein!

  • Die Verrohung der Sprache und die zunehmende Gewaltbereitschaft in der Bevölkerung ist eine Folge der mittlerweilen salonfähigen "Sprache" der Afd. Die Saat geht auf......

    • @Krumbeere:

      Leider nicht nur bei der AfD.



      Ich erinnere mich an Herrn Bohlen, als ich noch jünger und naiver war und mir sowas einfach mal anschauen wollte.



      RTL und Pro7 sind wirklich nicht zur Sprachpflege geeignet, durch das Internet wird Sprachmüll noch unendlich mal schneller verbreitet als an Stammtischen.



      Es ist eine Entwicklung, deren "Anfängen nicht gewehrt" wurde. Jetzt sind die Dämme gebrochen.

  • Niemand wurde verletzt, sie wurde beschimpft. Das passiert Politikern aller Couleur. Auf der Seite des Bundestages nachzulesen. Allerdings aus 2019. Da kommen die Grünen doch gut weg:

    "Die Sicherheitsbehörden haben im zweiten Quartal 2019 insgesamt 372 Angriffe auf Mitglieder oder Repräsentanten politischer Parteien registriert. Allein 181 Angriffe zielten auf AfD-Politiker, wie aus der Antwort (19/12638) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (19/12159) hervorgeht.

    CDU-Repräsentanten waren in 56 Fällen betroffen, die SPD in 45, die Grünen in 32, die Linke in 20, die FDP in elf und die CSU in vier Fällen."

    Das Bundeskriminalamt (BKA) registrierte im selben Zeitraum 100 Angriffe auf Parteigebäude oder Parteieinrichtungen. Von diesen Straftaten war in 53 Fällen die AfD betroffen, in zwölf die Linkspartei, in elf die SPD, in sechs Fällen die Grünen und in einem Fall die CDU.

    • @Ahnungsloser:

      Der Hass, der Frau Lang entgegenschlägt, ist eben nicht normal.

      Sie scheint alles zu verkörpern, was beim deutschen Spießbürger Hass auslöst. Sie ist eine Frau. Sie ist bei den Grünen. Und ihr schlimmstes Verbrechen ist, dass sie nicht die "Idealmaße" hat. Da wird dann auch schon mal über erschießen nachgedacht...

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Falsch, was die Leute aufregt, sind Ihre offensichtlichen Wissenslücken und die fehlende Kompetenz und vorallem Ihre Arronz mit der Sie sich dan hinstellt und die Bürger belehrt.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Sie ist jung und sehr erfolgreich. Sie vertritt eine Politik, die viele offenbar sehr ablehnen. Irgendwo zwischen Neid, Vorurteil und was auch immer scheint die Ablehnung angesiedelt zu sein. Habeck bekam es ja auch zu spüren.

        Bedauerlich, wenn erwachsene Menschen sich so verhalten.

        Sagt ihnen eure Meinung, demonstriert, aber immer mit Anstand bitte!

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Das ist zu einfach und verstärkt das Problem.



        Schließlich hatten wir mal eine Frau als Kanzlerin, die auch nicht einen Modelwettbewerb gewonnen hätte.



        Der Zorn richtet sich gegen die Politik und gegen sie als deren Vertreterin.



        Wenn man sich dann noch die Stellungsnahmen dazu anhört, von den Grünen, ist es nur noch peinlich.



        Vom Hoffnungskandidaten mit grüner Ministerpräsidentin zum absoluten Hassobjekt zu werden, ist schon frustrierend.

        • @MIA R.:

          Fuer Bauern, die Unmengen Pestizide auf ihre Felder spruehen, hektoliterweise Guelle verklappen und ihre Tiere nicht artgerecht halten, sind die Gruenen natürlich Hassobjekt Nummer eins - fuer Biobauern eher nicht...

        • @MIA R.:

          Ricarda Lang ist das Hassobjekt der Rechtsextremen und derer, die Rechtsextremen folgen.

          Damit vertritt sie für viele Hoffnung.

          Deswegen hassen die Rechtsextremen sie so sehr.

        • @MIA R.:

          "Der Zorn richtet sich gegen die Politik und gegen sie als deren Vertreterin."

          Das ist es nicht nur. Der Hass trifft hauptsächlich Frau Lang. Herr Nouripour bekommt wesentlich weniger ab, obwohl sie zusammen an der Spitze der Partei stehen.

          • @warum_denkt_keiner_nach?:

            Was ein wenig widersprüchlich im Bezug auf die AFDeppen ist, da da Herr Nouripour ja kein "Ur-Deutscher" ist.



            Die Anfeindungen von Frau Lang haben sehr viel mit ihren Auftritten in der Öffentlichkeit zu tun (Aussage zur Rente) und auch mit ihrem nicht vorhandenem beruflichen Werdegang. Damit bietet sie eine Angriffsfläche vor allem beim "normalen Volk".

            • @Ahnungsloser:

              Die AfD Politiker wissen natürlich allen, wie hoch die Durchschnittsrente ist 😁

              • @warum_denkt_keiner_nach?:

                Ganz sicher wissen die das nicht. Aber ich gehe davon aus, dass zumindest die Parteivorsitzenden das wissen. Oder anders ausgedrückt: Ich habe noch nie gelesen oder gehört, dass von den AFDeppen so eine Zahl wie von Lang genannt wurde. Ihre Kommunikation in der Öffentlichkeit ist sub-optimal. Daran sollte sie arbeiten.

  • Meinungsfreiheit, wie der rechte Rand sie sieht.

  • Diese Sauereien haben keine Konsequenzen. Wird eine Person "bestraft", darf sie sich als Held*in feiern lassen.



    So ein paar in der Wolle gefärbten Demokraten waren in der Lage, den, wie ich meine, in allen Gesellschaften vorhandenen Rassismus, Autokratismus, zu verschleiern. Am Ende der Party zeigt jeder sein wahres Gesicht.

  • Es fängt wieder an, der Mob regiert die Straße. Politiker müssen ein dickes Fell haben - aber Bedrohungsszenarien sind einfach unerträglich. Dem muss mit aller Härte entgegen getreten werden.