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Überblick zu SteuersenkungenWeniger ist nicht unbedingt mehr

Stromsteuer, Mehrwertsteuer, Erbschaftsteuer – sie sollen runter oder unten bleiben, fordert die Union. Doch es gibt gute Argumente dagegen.

Stromsteuer senken? Die Forderung der Konservativen macht nicht allzu viel Sinn Foto: Alois Litzlbauer /picture alliance

Berlin taz | Ökonomisch lief es hierzulande schon mal besser. Auf ein leichtes Minus der Wirtschaftsleistung um die Jahreswende 2022/23 folgt momentan eine Art Stagnation. Eine Katastrophe, Deindustrialisierung oder Ähnliches ist das zwar nicht, aber trotzdem ist die Debatte im Gange, wie sich die Situation verbessern ließe. Am Dienstag erneuerte CDU-Chef Friedrich Merz seine Kritik an der Wirtschaftspolitik der Ampel und forderte vor allem Steuersenkungen, am Mittwoch legte der neue Generalsekretär der Partei, Carsten Linnemann mit der gleichen Forderung nach. Aber würden Steuersenkungen überhaupt Sinn ergeben?

Stromsteuer: Sie beträgt rund zwei Cent pro Kilowattstunde (kWh) Stromverbrauch. Das sind zurzeit weniger als 5 Prozent des durchschnittlichen kWh-Preises, der um die 45 Cent liegt. Die Senkung wird immer mal wieder verlangt, augenblicklich machen sich CSU und CDU dafür stark. Für eine Senkung spricht, dass die Strompreise ab Ende 2021, kurz vor dem russischen Angriff auf die Ukraine, um mehr als 10 Cent stiegen. Unter dieser Inflation leiden Privathaushalte und Firmen.

International tätige Unternehmen spüren auch einen Nachteil gegenüber ihren ausländischen Konkurrenten, weil die Stromkosten etwa in Frankreich oder den USA deutlich geringer ausfallen. Gegen die Absenkung spricht, dass die Strompreise sowieso sinken. Wer jetzt den Anbieter wechselt, zahlt kaum mehr als vor der Inflation. Außerdem mindert ein niedriger Preis den Anreiz zum Stromsparen.

Mehrwertsteuer: Das Wiener Schnitzel oder die vegetarische Lasagne werden in Restaurants augenblicklich nur mit 7 Prozent Mehrwertsteuer belegt. Seit der Coronakrise sollte das den Gastronomen helfen.

Eigentlich läuft die Regelung Ende 2023 aus. Dann würden die meisten Speisen wohl um etwa 10 Prozent teurer, da der normale Satz der Mehrwertsteuer 19 Prozent ausmacht. Das Schnitzel für 20 Euro kostete dann 22. Vor dem Hintergrund der Inflation würden dann wohl viele auf Restaurantbesuche verzichten. Viele Gaststätten könnten dichtmachen – das spricht für den niedrigen Satz. Gegenargument: Die Beibehaltung der niedrigen Steuer verzögert nur die Pleite derjenigen Betriebe, die sich sowieso nicht tragen.

Gewinnsteuer: In der momentanen Phase leichter Schrumpfung und schwachen Wachstums haben viele Firmen Probleme. Ihnen will Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) unter die Arme greifen, indem er die Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer um insgesamt 6,7 Milliarden Euro pro Jahr reduziert. Pro: Die Kosten der Firmen sinken, sie können mehr investieren. Contra: Die Städte und Gemeinden beschweren sich schon, weil ihnen dann Einnahmen verloren gehen.

Erbschaftsteuer: Im Rahmen eines Fünf-Punkte-Programms schlug CDU-Chef Merz kürzlich vor, „Elternhäuser“ grundsätzlich von der Erbschaftsteuer zu befreien. Vorteil: Erben von Immobilien in schlechter Lage oder mangelhaftem Zustand kommen nicht in finanzielle Bredouille, weil ihnen die Steuer erlassen wird. Nachteil: Erben teurer Grundstücke und Häuser erhalten ein ungerechtfertigtes Steuergeschenk.

Was grundsätzlich für Steuersenkungen spricht: Die Entlastung käme sehr vielen, bei der Stromsteuer sogar allen Privathaushalten und Betrieben zugute, darunter vielen, die wegen der Inflation echte Schwierigkeiten haben. Sie haben dann mehr Geld zur Verfügung und können mehr ausgeben. Diese Nachfrage stützt die Unternehmen und die Arbeitsplätze.

Was grundsätzlich dagegen spricht: Beispielsweise bei der Senkung der Stromsteuer ist die Frage, ob die Energieversorger sie an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergeben. Zweites Gegenargument: Steuersenkungen bedeuten weniger Einnahmen für den Staat, der dann bestimmte Leistungen zugunsten der Bürger nicht oder weniger erbringen kann.

Beispiel Stromsteuer: Die etwa 7 Milliarden Euro Einnahmen dienen heute zum guten Teil dazu, die Rentenkasse zu stabilisieren. Fallen sie weg, steigt auch der Druck zur Erhöhung der Rentenbeiträge der Arbeitnehmer. Drittes Argument: Von Steuersenkungen für alle profitieren auch die Wohlhabenden und Reichen. Das kann man als sozial problematische Verschwendung öffentlicher Mittel betrachten.

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5 Kommentare

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  • > Die etwa 7 Milliarden Euro Einnahmen dienen heute zum guten Teil dazu, die Rentenkasse zu stabilisieren. Fallen sie weg, steigt auch der Druck zur Erhöhung der Rentenbeiträge



    Das ist falsch und Sie wissen es. Eine Steuer ist per Definition nicht zweckgebunden. Natürlich müsste beim Wegfall von Einnahmen zum Ausgleich irgendwo im Gesamthaushalt eingespart werden. (Oder, was Politiker lieber tun, das Schuldenwachstum beschleunigt.) Ein Konnex einer bestimmten Steuer zu einer bestimmten Ausgabe existiert jedoch definitiv nicht.



    Ein anderer Posten bietet sich deutlich eher zum Vergleich an. Die EEG-Umlage ist gerade weggefallen, die Vergütungen des Gesetzes fließen jedoch ungeschmälert weiter. Das kommt jetzt alles aus dem Steuertopf. Zuletzt betrug die Umlage mehr als sechs Cent pro kWh. Die Kosten sollen angeblich deutlich gefallen sein, genaue Zahlen findet man nicht. Damit deckt die Stromsteuer gerade mal einen Teil, vielleicht die Hälfte, dieser Stromsubvention.

  • 4G
    48798 (Profil gelöscht)

    "Steuersenkungen bedeuten weniger Einnahmen für den Staat, der dann bestimmte Leistungen zugunsten der Bürger nicht oder weniger erbringen kann."

    Ja, wenn wir denn immer noch die Leistungen vom Staat bekommen würden, die der hohen Steuerquote entsprechen.



    Das ist aber nicht mehr der Fall.



    Die Infrastruktur wurde kaputtgespart (Radwege, Straßen, Schienennetz, Brücken) und ist teilweise unbenutzbar.



    Die Sozialausgaben sind bei sinkender Leistung immer weiter angestiegen.



    Die Verwaltungsleistungen wurden immer mehr eingeschränkt und kostenpflichtig.



    Die Schulen und das Bildungssystem sind marode und kaputt.

    Im Vergleich zu Dänemark schneiden wir extrem schlecht ab:



    Dort ist die Steuerquote niedriger als in Deutschland (!!!)



    Trotzdem müssen die Dänen keinen Cent für Krankenversicherung, Rente und Arbeitslosenversicherung bezahlen.



    Die Infrastruktur ist tiptop, Bildung und Schulen auch. Das Land ist uns technologisch weit voraus.

    Wo bleiben also die hohen Steuern?

  • > Von Steuersenkungen für alle profitieren auch die Wohlhabenden und Reichen.

    Das lässt sich aber dann doch ein wenig minimieren. Derzeit ist im Bürgergeld ein Verbrauch pro Person von ca. 1.500 KWh eingeplant (die Zahl kann falsch sein, bin mir nicht 100% sicher). Privathaushalte zahlen pro Person bis zu dieser Hürde keine Stromsteuer, danach schon. Genauso hätte es übrigens auch mit der Strompreisbremse laufen müssen.

  • "Steuersenkungen bedeuten weniger Einnahmen für den Staat, der dann bestimmte Leistungen zugunsten der Bürger nicht oder weniger erbringen kann."

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    Das Problem ist mehr die in Schieflage geratene Verteilung der Gelder innerhalb des Bundeshaushaltes, was im Endeffekt dazu führt das es auf lange Sicht sinkende Steuereinnahmen geben wird. Stichwort Investitionsstau. Insbesondere bei Verkehr, Digitalisierung, Bildung & Forschung. Umverteilung jetzt ! Weniger Sozialstaat, mehr Fortschritt !

  • Logik und rationale Erwägungen sind nicht im Interesse von Merz oder CDSU. Damit fängt man keine Wähler*innen. Das macht man mit Emotionen und das ist bei diesen Vorschlägen genau das, was gewollt ist. Die Leute regen sich auf und schimpfen wieder mal auf die Ampel, denn "...die CDSU tut wenigstens was..." So macht man Wahlkampf, doch nicht mit langweiligen Fakten!