US-Neonazi tötet Gegendemonstrant: „Das Böse beim Namen nennen“
Bei einer Neonazi-Demo in der US-Stadt Charlottesville wird ein Gegendemonstrant getötet. Trumps allgemeine Verurteilung von Gewalt erntet im Land viel Kritik.
Charlottesville ap | Nach dem Tod eines Gegendemonstranten nach einer Neonazi-Demo in einer US-Kleinstadt wird Kritik an US-Präsident Donald Trump laut. Politiker beider Parteien forderten ihn auf, deutliche Worte gegen die Rechtsextremisten zu finden. Unter anderem war ein Autofahrer in friedliche Gegendemonstranten gefahren – eine 32-jährige Frau starb und Dutzende weitere wurden verletzt.
Zudem stürzte ein Polizei-Hubschrauber in der Nähe der Proteste ab und riss die zwei Piloten in den Tod. Der Helikopter war für die Polizei im US-Staat Virginia im Einsatz, um bei der Beobachtung während der Versammlung von Ultrarechten in Charlottesville zu helfen und für Sicherheit zu sorgen. Bei den Toten handelte es sich um den Piloten und eine Einsatzkraft, sagte eine Polizeisprecherin.
Stunden zuvor war laut Polizei ein 20-j ähriger Mann aus dem US-Staat Ohio in eine Menschenmenge gerast. Diese hatte friedlich gegen den Aufmarsch der Nationalisten demonstriert. Die Polizei nahm den Mann später fest und beschuldigte ihn eines Tötungsdelikts sowie der böswilligen Körperverletzung in drei Fällen. „Böswillig“ bedeutet, dass es sich um eine Tat mit Absicht und in vollem Bewusstsein handelt – und nicht im Affekt. Das FBI leitete Ermittlungen wegen eines möglichen Hassverbrechens ein.
US-Justizminister Jeff Sessions verurteilte die Tat: „Die Gewalt und die Toten in Charlottesville treffen das Herz der amerikanischen Justiz und Gerechtigkeit.“ Wenn Handlungen aus rassistischen Motiven und Hass verübt würden, könne das nicht toleriert werden. „Sie verraten unsere zentralen Werte.“
Gewalt auf „vielen Seiten“, sagt Trump
Bei dem Zusammenstoß mit dem Auto gab es laut Polizei 19 Verletzte. Insgesamt mussten 35 verletzte Patienten im Krankenhaus behandelt werden. Die Gewalt hatte bereits am Freitagabend in Charlottesville begonnen. Am Samstagmorgen bewarfen sich Hunderte Menschen mit Wasserflaschen und attackierten sich mit chemischen Sprays.
Bei dem Aufmarsch handelte es sich vermutlich um die größte Gruppe von protestierenden Rechtsextremisten in diesem Jahrzehnt. Anlass für die Demonstration der Nationalisten ist die Entfernung einer Statue des Konföderationsgenerals Robert E. Lee durch die Stadt Charlottesville. Die Behörden rechneten mit bis zu 6.000 Teilnehmern und Gegendemonstranten. Der Gouverneur von Virginia, Terry McAuliffe, rief nach der Eskalation der Gewalt den Notstand aus.
Der rechte Blogger Jason Kessler hatte zu einer nach seinen Worten „proweißen“ Kundgebung aufgerufen. Neben dem Anführer der Rechtsaußen-Bewegung Alt-Right, Richard Spencer, nahm auch das frühere Ku-Klux-Klan-Mitglied David Duke teil. Dieser sagte Reportern, weiße Nationalisten arbeiteten daran, die „Versprechen von Donald Trump zu erfüllen“.
Der US-Präsident verurteilte die Zusammenstöße. Es handele sich um eine „unerhörte Zurschaustellung von Hass, Engstirnigkeit und Gewalt auf vielen Seiten“. Trump forderte „eine schnelle Wiederherstellung von Recht und Ordnung und den Schutz von unschuldigen Leben“.
Bürgermeister beschuldigt den Präsidenten
Seine Bemerkung der „vielen Seiten“ erntete Kritik unter republikanischen und demokratischen Politikern. Senator Orrin Hatch sagte, das Böse müsse beim Namen genannt werden. „Mein Bruder gab sein Leben nicht im Kampf gegen Hitler, damit Nazi-Ideen hier zu Hause unangefochten stehen können“, so der Republikaner.
Der demokratische Justizminister von Virginia, Mark Herring, stellte klar, Gewalt, Chaos und der Verlust von Leben in Charlottesville seien aus seiner Sicht nicht die Schuld „vieler Seiten“. Vielmehr seien Rassisten verantwortlich.
Und der Bürgermeister von Charlottesville, Michael Signer, suchte die Schuld direkt in Washington: „Ich lege die Verantwortung für vieles, was Sie heute in Amerika sehen, direkt vor die Haustür des Weißen Hauses und Menschen um den Präsidenten.“ Er warf Trump vor, mit seinem Wahlkampf im vergangenen Jahr rassistische Vorurteile geschürt zu haben. Bei der Demonstration beriefen sich einige der weißen Nationlisten auf Trumps Wahlsieg als Bestätigung für ihre Einstellungen.
Leser*innenkommentare
disenchanted
In der Tat man hätte sich klarere Worte gewünscht. Natürlich ging Gewalt von beiden Seiten aus aber heruasstechen tut die Abscheuliche Tat der Person die ihren Wagen als Waffe benutzt hat.
Auch wenn Trump niemanden zur Gewalt aufgerufen hat ist doch durch seinen Wahlkampf die extreme Rechte gestärkt worden. Er hat sich, vermutlich aus Wahlkampftaktischen Gründen, nicht ausreichend von diesen Menschen abgegrenzt und ihnen so den Eindruck vermittelt er und ein nicht unerheblicher Teile der Republikaner würden hinter ihnen stehen. Diese (vermeindliche) Sympatie ist gefährlich und vermutlich mit Schuld an all dem was in Charlottesville passiert ist.
Eine Sache die mich bei dieser ganzen Debatte etwas stört ist die unklare Definition der Alt-Right. Ursprünglich handelt es sich dabei um Ethnorassisten, deren Rädelsführer Richard Spencer ist. Das Label “Alt Right” ist dann im Zuge des Wahlkampfes von Provokateuren wie Milo Yiannopoulos genutzt, geprägt und quasi übernommen worden. Tatsächlich sind sich diese beiden Gruppierungen aber spinnefeind.
Diejenigen die in Charlottesville demonstriert haben gehören zu der ursprünglichen Alt-Right und sind tatsächlich Ethnorassisten.
Justin Teim
Nazi Aufläufe gehören hinter Schloss und Riegel.
83379 (Profil gelöscht)
Gast
@Justin Teim Nennt sich Meinungsfreiheit, vielleicht schon mal davon gehört, ist die Grundlage einer funktionierenden Demokratie.
cursed with a brain
@83379 (Profil gelöscht) Verfassungsrechte sind "Negativ-Rechte". Schon mal davon gehört?
disenchanted
@cursed with a brain Ja und? Meinungsfreiheit ist die Abwesenheit einer Unterdrückung der eigenen Meinung durch den Staat, wie sie von Justin Teim gefordert wurde.
CäptnTrips
Diese Neo-Nazis sind nicht bloß entfernte Wählerschaft von Trump - die Anführer der "Alt Right" sind direkt und persönlich mit der US-Administration verbrüdert:
*** Stephen Miller & Richard Spencer
Stephen Miller ist der Redenschreiber von Trump und neben Jared Kushner zu dessen Chef-Berater ernannt, noch vor Steve Bannon. Millers Busenfreund aus Universitätszeiten ist der im Artikel erwähnte Richard Spencer, der 2010 die "Alt Right"-Organisation erst gegründet hat und dessen Kameraden auch vor laufender Kamera den Hitler-Gruß nicht scheuen:
-- https://de.wikipedia.org/wiki/Stephen_Miller_(Politikberater)
-- https://de.wikipedia.org/wiki/Richard_B._Spencer
*** David Spencer
David Spencer, der Gründer der Nachfolger-Organisation des Klu-Klux-Klan, unterstütze Trump mit den Stimmen seiner politischen Gefolgsleute... 1991 in Louisiana erhielt Duke immerhin 40% der Stimmen für seine Kandidatur als Senator, er stellte somit eine wichtige Kraft in der Präsidentschafts-Kampagne von Donald Trump dar.
-- https://de.wikipedia.org/wiki/David_Duke#Politische_Karriere
-- https://www.youtube.com/watch?v=0XeLeEa_AW8
*** Sebastian Gorka
Ein weiterer "Senior-Advisor" von Trump ist Sebastian Gorka, der Sohn einer politisch aktiven und bekannten Holocaust-Leugnerin, die für David Irving arbeitete. Ursprünglich ist die Familie aus Ungarn über Groß-Britannien eingewandert und erst ab 2012 ist Sebastian Gorka tatsächlich US-Bürger.
Er trat auch als Unterstützer der ultra-rechten, para-militärischen "Garde Ungarns" auf.
-- https://en.wikipedia.org/wiki/Sebastian_Gorka
-- https://de.wikipedia.org/wiki/Magyar_Gárda
-- https://de.wikipedia.org/wiki/David_Irving
CäptnTrips
@CäptnTrips *** Sorry, ich meine nicht "David Spencer", sondern David Duke ... der Fehler hat sich beim Abarbeiten der Linkliste eingeschlichen. Leider kann man Kommentare hier nicht berichtigen.
Mantis Toboggan
Dort sind sogar Nazis mit Sturmgewewehren und Militärausrüstung bei der Demo anwesend gewesen und haben die Gegendemonstranten schwer unter Druck genommen. Es gibt keinerlei Unterschied zwischen denen und ISIS. Abartig, dass sowas in Amerika erlaubt ist
disenchanted
@Mantis Toboggan Also haben die Neonazis Menschen enthauptet, Frauen vergewaltigt, Schwule von Dächern geworfen und (vermeindliche) Ehebrecherinnin gesteinigt?
CäptnTrips
Du willst nicht wirklich die Gewalt der Rechten verharmlosen, oder?
Diese Wut die mich da immer überfällt bei soviel Ignoranz!
Allein was auf deren Konto in DE geht.
***** Vor 1945:
Die "Herrenrasse" hat sich nicht nur an Kindern und Behinderten in Mengeles Menschenversuchen vergangen, selbstverständlich haben sie auch systematisch Frauen vergewaltigt, Schwule und angebliche Kommunisten ermordet.
Wo bei Ihnen die "Steinigung" auf der Skala der Unzivilisiertheit rangiert, das weiß ich nicht. Aber über die Gaskammern der Nazis brauchen wir hoffentlich nicht streiten?
***** Nach 1945:
Das sind die Geister auf die sich auch die deutschen Neo-Nazis berufen: Mord und Totschlag seit 1945 in der BRD... jährlich immer wieder, zuletzt von mindestens 3 ostdeutschen Serienmördern begangen, von denen sich 2 angeblich selbst ausgelöscht haben. Die Komplizin wird gerade verurteilt.
Mit den Menschenverbrennungen in dern 1990er Jahren bei Brandanschlägen fing der NSU-Spuk an und war nur deshalb möglich, weil der rechte Gewaltterror von den Deutschen immer wieder ausgeblendet wird.
Warum sonst sind Fälle der Tötung, von denen es nach 1945 hunderte gab kaum im Bewusstsein der Menschen?
Es ist und war ja Teilweise schicker Live-Style "stumpf, blöde, rechts und gewaltbereit" zu sein, siehe Song-Texte von Bands wie "Böse Onkelz".
Hier mal der Versuch eine Übersicht zusammenzutragen. Dunkelziffer und unerkannte Fälle sind selbstverständlich nicht dokumentierbar:
-- https://de.wikipedia.org/wiki/Todesopfer_rechtsextremer_Gewalt_in_der_Bundesrepublik_Deutschland
Nicht wenige Deutsche haben wohl mindestens Sympathien für diese Gewalt und extreme Form des Rassismus oder sind sich ihres eigenen gar nicht bewusst.
Uranus
@disenchanted Auch Islamisten sind mit KFZs in Menschenmengen gerast, schon vergessen? An sich, was tut es zur Sache ob gesteinigt oder überfahren? Ermordet wurden sie. Des Weiteren Neonazis sind ebenso sexistisch, antifeministisch, homofeindlich... Sind US-Neonazis "harmloser" weil weiß und nichtmuslimisch?
rero
Sie sind nicht harmloser, weil weiß und nichtmuslimisch, sondern weil sie noch nicht in einem Bürgerkrieg sich ein Staatsterritorium erobert haben, weil sie nicht medienwirksam Schwarze enthaupten und weil es anscheinend in keinem US-Staat einen Sklavenmarkt gibt, auf dem man(n) sich geraubte Frauen mit der falschen Religionszugehörigkeit als Sklavinnen kaufen kann.
Sie sind harmloser, weil sie weniger effektiv sind.
cursed with a brain
Sie sind harmloser, weil auch Sie im Besitz des ultimativen "Terrorindikators" sind.
http://taz.de/Die-Wahrheit/!5433459/
kleyrar
@Uranus Sie sind harmloser, nicht wegen ihrer Hautfarbe sondern wegen der Statistik