piwik no script img

US-Handelspolitik unter Donald TrumpGericht stoppt Trumps Zollpolitik

Ein New Yorker Gericht setzt fast alle von Donald Trump verhängten Zölle außer Kraft. Der US-Präsident habe seine Befugnisse klar überschritten.

Laut US-Gericht illegal: Donald Trump bei der Verkündung weltweiter Zölle am „Tag der Befreiung“ am 2. April Foto: Carlos Barria/rtr

WASHINGTON taz | Das für internationalen Handel zuständige US-Bundesgericht in New York hat einen Großteil der von US-Präsident Donald Trump verhängten Zölle als unrechtmäßig erklärt. Die Richter entschieden am Mittwoch, dass Trump mit seiner Zollpolitik seine Befugnisse überschritten habe. Handelszölle sind Aufgabe des US-Kongresses, nur in nationalen Notfällen kann ein Präsident im Alleingang Zölle verhängen. Geklagt hatten mehrere Wirtschaftsverbände und 12 Bundesstaaten.

Als Grundlage für die Zölle, die Trump Anfang April der Weltöffentlichkeit präsentierte, bediente sich die Regierung des International Emergency Economic Powers Act (IEEPA). Das 1977 erlassene Gesetz erteilt dem Präsidenten eine breite Autorität, die internationalen Handels- und Wirtschaftsbeziehungen des Landes im Falle einer Bedrohung der nationalen Sicherheit, der Außenpolitik oder der Wirtschaft, zu übernehmen. In der Vergangenheit hatte allerdings noch nie ein Präsident unter Berufung auf dieses Gesetz Handelszölle verhängt – eigentlich geht es um Sanktions- und Embargo-Maßnahmen.

Trump hatte argumentiert, das lang anhaltende Handelsdefizit der USA stelle einen nationalen Notstand dar.

Die Richter entschieden jedoch nun, dass es sich im aktuellen Fall nicht um einen nationalen Notfall handele und die von Trump erhobenen Zölle somit unrechtmäßig seien. „Die weltweiten und reziproken Zollverordnungen gehen über jede dem Präsidenten durch das IEEPA eingeräumte Befugnis hinaus“, hieß es in der schriftlichen Entscheidung des Gerichts.

Richter: kein Zusammenhang zwischen Zöllen und Drogenhandel

Weiter erklärten die Richter, dass die Verfassung die Zollhoheit ausdrücklich dem Kongress zuschreibt und dass das IEEPA dem Präsidenten im Übrigen nicht einmal in Notfällen eine uneingeschränkte Vollmacht für diese Entscheidungen übertrage. Das Gesetz ermächtige den Präsidenten lediglich, im Notfall angebrachte Wirtschaftssanktionen zu verhängen, „um eine ungewöhnliche und außergewöhnliche Bedrohung zu bekämpfen“, hieß es in den Gerichtsdokumenten weiter.

Im Fall der Zölle gegen China, Kanada und Mexiko, die laut US-Regierung aufgrund des illegalen Drogenschmuggels verhängt wurden, erklärten die Richter, dass diese unrechtmäßig sein, „da sie sich nicht mit den in diesen Anordnungen dargelegten Bedrohungen befassen“.

Für die Richter war nicht ersichtlich, wie genau Zölle den Fluss von illegalen Drogen, vor allem Fentanyl, stoppen sollen. Trump hatte argumentiert, dass Einfuhrzölle von 25 Prozent auf mexikanische und kanadische Produkte und 10 Prozent auf chinesische Produkte nötig wären, um diese Länder unter Druck zu setzen, den Drogenschmuggel in die USA konsequenter zu bekämpfen.

„Die Erhebung von Zöllen auf legale Importe steht offensichtlich nicht im Zusammenhang mit den Bemühungen ausländischer Regierungen, Übeltäter in ihren jeweiligen Rechtsräumen festzunehmen, in Gewahrsam zu nehmen oder anderweitig abzufangen“, schrieben die Richter.

Trumps Vize-Stabschef spricht von „Justizputsch“

Das Weiße Haus legte umgehend Berufung ein. Ein Regierungssprecher erklärte, dass die Handelsdefizite, die mit den reziproken und anderen Zöllen bekämpft werden sollen, durchaus eine nationale Notlage darstellen würden.

„Diese Defizite haben einen nationalen Notstand geschaffen, der amerikanische Gemeinden geschwächt, unsere Arbeiter abgehängt und unsere industrielle Verteidigungsbasis geschwächt hat – Tatsachen, die das Gericht nicht bestritten hat. … Es ist nicht die Aufgabe von nicht gewählten Richtern, zu entscheiden, wie ein nationaler Notstand angemessen zu bewältigen ist“, sagte Regierungssprecher Kush Desai in einer Erklärung. Der stellvertretende Stabschef Stephen Miller sprach von einem „Justizputsch“.

Der Generalstaatsanwalt des US-Bundesstaates Oregon, Dan Rayfield, bezeichnete das Urteil hingegen als einen Sieg für Arbeiterfamilien, Kleinunternehmer und alle Amerikaner.

„Präsident Trumps umfassende Zölle waren rechtswidrig, rücksichtslos und wirtschaftlich verheerend. … Sie lösten Vergeltungsmaßnahmen aus, trieben die Preise für lebenswichtige Güter in die Höhe und belasteten amerikanische Familien, kleine Unternehmen und Hersteller ungerecht“, sagte Rayfield in einer Erklärung.

Auch wenn das Gericht mit seiner Entscheidung die meisten von Trumps Zöllen vorerst blockiert hat, andere Zölle, die nicht das IEEPA als Grundlage benutzen, bleiben weiter bestehen. Dazu zählen unter anderem Zölle auf Stahl- und Aluminium-Importe sowie auf ausländische Fahrzeuge.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

15 Kommentare

 / 
  • Die Zölle bleiben. Das ist doch nur eine Formsache.



    Entweder der von Trump kontrollierte Supreme Court



    oder der von Trump kontrollierte Kongress segnen es ab.

  • "Justizputsch". Das Framing deutet darauf hin, dass Trump noch radikaler und restrikitiver vorgehen will. Bis hin zur Verhängung des Kriegsrecht. Angedeutet hat er das schon einige Male. Gelingt ihm das, ist die Demokratie in den USA tot.

  • Was in dem Artikel wie ein Sieg der USA gegen Trump dargestellt wird, hat in Wirklichkeit doch den Charakter innerer Grabenkämpfe.



    Schließlich sind von den 12 Bundesstaaten die geklagt hatten 10 unter Führung der Demokraten und die anderen 2 Bundesstaaten werden von republikanischen Kritikern Trumps geführt und der urteilende United States Court of International Trade hat ein deutliches Übergewicht an Richtern die vor allem noch von Obama und eine auch von Biden berufen wurde...



    Wenn man diese 3 Faktoren berücksichtigt ist das Urteil nicht verwunderlich - gleichzeitig sagt das auch aus, wie sehr sich Trump daran halten wird - nämlich null

  • Gut, dass ein Teil des Rechtsstaats in den USA noch funktioniert.



    Es ist allerdings die Frage, wie lange noch.



    Die Aussage eines " Justizputschs" lässt tief blicken.



    Derartiges zeigt, dass der Verbrecher und seine Anhänger die USA zerstören wollen.



    Man stelle sich eine solche Wortwahl beim Bundesverfassungsurteil gegen die Ampelfinanzierung vor - undenkbar!



    Im täglichen Nachrichtenchaos und Wunschdenken geht allzu oft unter, dass die amerikanische Regierung auf Niveau der "afd" argumentiert.



    Wünsche sind ja nicht verboten, doch eben auch fern der Realität.



    Wer beim Thema USA gerade schwarz sieht, ist Realist.

  • Ein "Justizputsch" - so so. Und das kommt aus den Reihen einer Junta, die auf Lügen, Verleumdung, Brutalität, Anmaßung, Demokratiefeindlichkeit, Raffgier und exorbitante Korrution aufgebaut ist. Wo bleiben nur die Demokraten?

    • @Perkele:

      Mal noch 'nen Zusatz zu meinem Post von 16:03 Uhr, welchen Erfolg es haben kann, wenn man über Visionen und eigene Ideen im Wahlkampf spricht: taz-Artikel zur neuen Bürgermeisterin von Genua taz.de/Silvia-Salis/!6087343/

      • @hechtmaus:

        Das sehe ich auch so. Und ja, leider, ist es richtig, dass Show in den USA und auch hierzulande längst den nüchternen und sachlichen Inhalten vorgezogen wird. Das ist bequemer für viele Menschen - Emotionen halt gegenüber Denkprozessen.



        Und dennoch: die Demokraten in den USA tun viel !!! zu wenig, sich dieser Katastrophe entgegenzustellen.

    • @Perkele:

      Die Demokraten sind sich doch selbst nicht einig, was sie wollen. Das war doch schon am inhaltsleeren Präsidentschafts-Wahlkampf erkenntlich. Das kommt eben davon, wenn man niemanden auf den Schlips treten will, sondern es lediglich darauf anlegt, eine möglichst gute Figur abzugeben. Show ist in den USA scheinbar immer noch essentieller als Inhalt, zumindest auf öffentlichen Kanälen, auch wenn der Erfolg dem ganzen nachgewiesener Maßen nicht Recht gibt.

  • Er ist immer der erste, der sich beklagt. Obwohl genau er die Gesetze aushebelt und dann anschließend alle Gegner mit Gegenklagen überzieht. Das System Trump besteht seit Aprentice-Auftritten darin, alles zu ignorieren, zu verklagen und niemals eigene Fehler einzugestehen.



    Es ist so einfach zu durchschauen, aber aufgrund der langsam mahlenden Mühlen der Justiz immer ein Gewinn für Trump, so lange wie noch ein Anwaltsteam glaubt, damit Geld verdienen zu können.



    Aber auch das Geld wird zunehmend versiegen…

  • Schuld sind immer die anderen, zumindest wenn es schlecht läuft. Trump fährt die Karre gegen die Wand.... und letztlich ist ein Bundesrichter schuld, wenn er die Trumpsche Genialität nicht sieht.... nämlich an die Wand zu fahren.



    So sehr sich die Wähler eine andere Politik wünschten, Trump wird sie im Ergebnis nicht Kliefern. Eher rein emotionale Ergebnisse was ändern zu wollen. Kurzum, es bleibt spannend im Versuchslabor Laiendiktatur USA.

  • Mal schauen wer gewinnt: die demokratische Ordnung durch Gerichte oder die impulsmäßigen Aktionen eines D. Trump.

  • "Trump hatte argumentiert, das lang anhaltende Handelsdefizit der USA stelle einen nationalen Notstand dar."

    Der eigentliche Notstand ist die Besetzung der Chefsessel POTUS & Vice im Weißen Haus.

    Trump zeigt "Anzeichen von kognitivem Verfall"



    "Das ist ein starrköpfiger Opa", so wurden US-Präsidentschaftskandidaten bisher wahrscheinlich noch nie von einem anerkannten Mediziner beschrieben. Doch der Zustand der US-Demokratie und deren wahrscheinlich größten Bedrohung veranlassten Jeffrey Kuhlmann zu der Aussage,



    Im "Spiegel"-Interview zeigte sich der 61-Jährige besorgt über den Gesundheitszustand von Trump."



    Quelle politik.watson.de 10/24

    "Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.“ Dieser bekannte Merksatz ist zwar kein stilistisches Highlight der deutschen Sprache – aber er bewahrheitet sich oft, wie man am Wahlsieg Donald Trumps in den USA wieder einmal feststellen konnte."



    www.deutschlandfun...politisch-100.html

    • @Martin Rees:

      "Der eigentliche Notstand ist die Besetzung der Chefsessel POTUS & Vice im Weißen Haus."



      Unterschreibe ich voll und ganz!



      Und bei "Notstand" fällt mir auch noch die ausländerfeindliche und Grenzgänger behindernde Missachtung von Schengen der Herren Merz und Dobrindt ein...

  • Hört sich gut an, aber besser, wir warten die "Instanzen" ab.



    Ich ahne was...

    • @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

      Metoo & womer grad bei Havard & am Blödeln am dran - wa!



      Havard hatte mal anhand der Lagerverteilung der höchstrichterlichen Gremien Supreme Court & Cie. ein Voraussagenkalkül - daß ziemlich exakt “auf zwei Stellen nachem Komma genau“ die erwartbaren Ergebnisse in den anstehenden Fragen vorauszusagen im Stande war!



      Nach der Caesar imperator rex Entscheidung des Supreme Courts dürfte die Genauigkeit wohl bei 💯 % liegen! Newahr



      Normal



      (Sarkasmus OFF - nur ohne persönliche Haftung •