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UN-Bericht zur globalen KlimapolitikAuf dem Weg zu 3,1 Grad Erderhitzung

Nie wurden mehr Treibhausgase ausgestoßen als 2023, zeigt ein Bericht der Vereinten Nationen. Mehr Klimaschutz sei nötig – aber auch möglich.

Es gibt weiter viel zu viel Abgase mit Schadstoffen und Treibhausgasen aus Schornsteinen und Auspuffen

Berlin taz | Im Jahr 2023 wurden weltweit mehr Treibhausgase ausgestoßen als je zuvor. Insgesamt waren es 57,1 Gigatonnen CO2, ein Anstieg von 1,3 Prozent verglichen mit 2022. Die USA, China, Indien, die EU, Russland und Brasilien sind für zwei Drittel dieser Emissionen verantwortlich. Das ist Ergebnis des diesjährigen Emissionslückenberichts des UN-Umweltprogramms Unep, der diesen Donnerstag erschienen ist.

„Keine heiße Luft mehr – bitte!“, lautet der Titel der Publikation. Die Botschaft an die Regierungen: ambitioniertere Klimaziele setzen und diese Ziele dann auch tatsächlich einhalten, sonst wird das nichts mit dem 1,5-Grad-Ziel. Im Pariser Weltklimaabkommen von 2015 haben die Staaten versprochen, die Erderhitzung möglichst bei 1,5 Grad gegenüber vorindustriellen Zeiten zu begrenzen, auf jeden Fall aber bei „deutlich unter“ 2 Grad.

Rekordemissionen bedeuten Rekord-Ozeantemperaturen, die Monsterhurrikanes befeuern. Rekordhitze macht Wälder zu Zunder und Städte zu Saunen. Rekordregen sorgen für biblische Fluten“, sagte UN-Generalsekretär António Guterres bei der Vorstellung des Berichts.

Der UN-Emissionslückenbericht wird jedes Jahr von hunderten Wis­sen­schaft­le­r*in­nen geschrieben. Sie fassen auf Grundlage der aktuellen Forschung zusammen, wie viele Treibhausgase im vergangenen Jahr ausgestoßen wurden, wie die Pariser Klimaziele eingehalten werden können. Die Diskrepanz zwischen dem politischen Handeln und dem Notwendigen bezeichnet das Unep als Emissionslücke.

Erhitzung um mehr als 3 Grad droht

Bei einem Weiter-so werde sich die Erde bis 2100 wahrscheinlich um 3,1 Grad erhitzen, stellt der Bericht fest. Das würde Teile der Erde wegen Meeresspiegelanstieg, Hitze oder Extremwetter unbewohnbar machen. Hielten sich alle Länder an ihre Klimaversprechen, wären es wahrscheinlich immer noch 2,6 bis 2,8 Grad. Die Emissionslücke hat sich seit vergangenem Jahr nicht verändert, weil kein Land seine Klimaversprechen, die sogenannten Nationally Determined Contributions (NDC), angepasst hat.

„Wir brauchen eine globale Anstrengung, wie wir sie nie zuvor gesehen haben“, sagte Unep-Chefin Inger Andersen. „Jedes Zehntelgrad Erderhitzung, das wir vermeiden, zählt. Wir retten damit Leben, schützen unsere Wirtschaft, verhindern Zerstörung und bewahren unsere Artenvielfalt.“

Dem Bericht zufolge würden 2030 im Vergleich mit 2019 die CO2-Emissionen um vier bis zehn Prozent sinken, wenn alle Staaten ihre Klimaversprechen einhalten würden. Um die Erderhitzung bei 2 Grad zu stoppen, wären aber wahrscheinlich 28 Prozent weniger Emissionen nötig, für die 1,5-Grad-Grenze 42 Prozent.

Die Ver­fas­se­r*in­nen des Berichts stellen aber auch fest, dass die nötigen Technologien bereits existieren: Mehr Wind- und Solarenergie einzusetzen, könnte mehr als ein Viertel der nötigen Emissionsminderung erreichen. „Das ist großartig, denn Solaranlagen und Windräder sind billige, bewährte Technologien“, sagte Andersen. Aufzuhören, Wälder zu roden, kann ein weiteres Fünftel beitragen.

Andersen forderte die Regierungen deswegen auf, bei der nahenden UN-Klimakonferenz die Grundlage für strengere NDC und eine Umleitung der globalen Finanzströme zu schaffen, sodass sich die Entwicklungsländer an die Erderhitzung anpassen und ambitionierte Klimaziele erreichen können. Die Konferenz findet im November im aserbaidschanischen Baku statt.

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18 Kommentare

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  • Neues aus Stanford Kalifornien. Nicht gute, aber etwas weniger schlechte Nachrichten.



    Bei spektrum.de



    "Der zuletzt gemessene enorme Wert (rund 0,26 Grad Celsius zwischen 2014 und 2023) sei auch auf Sondereffekte wie das natürliche Phänomen El Niño sowie reduzierte Emissionen kühlender Schwefelaerosole zurückzuführen. Duan und Caldeira haben die Kurven in ihren Projektionen geglättet, um solche Einflüsse auszublenden. Anhand der neuen Zahlen rechnen sie mit einer Erwärmung von 0,21 Grad Celsius pro Dekade um das Jahr 2025 und mit bloß noch 0,15 Grad pro Dekade um das Jahr 2050. "



    Da aber ziemliche Unwägbarkeiten unsere Dekade bestimmen, bleibe ich bei solchen Prognosen höchst skeptisch und bin keinesfalls von einer möglichen anthropogenen Trendumkehr überzeugt. Kipppunkte könnten längst erreicht worden sein bzw schon bald erreicht werden.

  • Ja, zwischen 2,5 und 3,5 Grad werden wir 2100 "landen", danach sieht es aus. Damit sind wir zwar noch weit weg von den Extremszenarien wie RCP8.5 und den postulierten Kipppunkten, aber es wird eben schon "gut warm".



    Die Ursache sind, wie schon im AR6 Teil 3 Box 3.3 im Zusammenhang mit den Extremszenarien beschrieben, nicht die Emissionen der Industrienationen, sondern der Schwellenländer, zu denen laut Pariser Vertrag China und Indien gehören. Man kann diese Länder, die heute schon die größte Gesamtmenge CO2 emittieren und diese laufend steigern, als die BRICS-Länder plus die Länder, die sich BRICS anschließen wollen, leicht identifizieren.



    Man muss in diesem Fall auf "die Anderen" zeigen, denn die Zahlen sind eindeutig. Die Industrienationen haben schließlich ihre Emissionen schon stark reduziert und tun das auch weiterhin.

  • Im Artikel wird eine erschreckende Entwicklung beschrieben.



    Leider hat unsere Ampelregierung einen erheblichen Anteil an dieser Entwicklung. Durch die gezielte Deindustrialisierung des Wirtschaftsministers wurde ein nicht unerheblicher Anteil unserer Produktion in Länder mit geringeren Umweltstandards verlagert.



    Der fehlende CO2 neutrale Anteil der Kernenergie kommt als zusätzlicher Fehler der Ampelregierung noch hinzu.

    • @Andere Meinung:

      Ironie bitte immer kennzeichnen.

  • Sobald die Tatsache, dass anderswo mehr Klimagase (bitte nicht auf dem Wort rumreiten) produziert werden, nicht als Ausrede gilt, selber nichts zu tun, können wir anfangen, daran zu arbeiten, die Lebensgrundlage für die Menschheit zu erhalten - zur Zeit sieht es aber eher danach aus, dass für die nächste Quartalsbilanz alle "du zuerst!" schreien.

    • @Nesliyah Love:

      Warum wollen China, Indien, Irak, Iran, Russland, Saudi-Arabien u.a. denn ihre Emissionen nicht reduzieren und steigern diese immer weiter? Wenn diese Länder, so wie "wir" ihre Emissionen reduzieren würden, wären vielleicht noch 2 bis 2,2 Grad bis zum Jahr 2100 möglich. Doch diese vielen Länder scheren sich einen Dr... um das Klima und steigern ihre schon sehr großen Emissionen (ca. 70% der globalen Emissionen) immer weiter. Der starke EE-Ausbau in China lässt die Emissionen dieses Landes ja nicht sinken, nein, die Emissionen nehmen immer mehr zu.



      Was ist da los? Was tun denn die Anderen?



      Haben Sie eine Antwort, warum die sich nicht verantwortlich fühlen?

  • Absolut verharmlosend. Es ist zwar richtig, daß wir auf dem Weg zur 3.1 Grad Erderhitzung sind, nicht richtig ist, daß das noch umkehrbar ist.

    • @Manfred Peter:

      Es wäre mindestens zu stoppen. Eine Reduzierung ist erst in sehr langen Zeiträumen denkbar. Natürliche Speicherung von im Kohlendioxyd enthaltenen Kohlenstoff in der Natur.



      Wird aber nicht passieren.



      Ein Grund sind die täglichen Milliardengewinne der fossilen Industrie und der Märchen des Kapitals.

    • @Manfred Peter:

      Ja dann...... ist eh schon wurscht... und wir können Morgen wie gehabt alle zum Ring auf die grüne Hölle fahren und unsere Runden drehen.



      Ne,ne Spaß beiseite, natürlich ist es nicht zu spät, da wir überhaupt noch nicht wissen wie schnell die Energiewende noch von statten gehen wird, gerade in China und auch Indien.



      Auch in Europa sind Staaten wie z.B. E und GB deutlich engagierter. Solange das "pöse" Öl und seine Derivate (Benzin, Diesel, Kerosin) so extrem günstig ist wie aktuell wird sich nichts ändern aber genau dieser Preis wird sich sehr zeitnah deutlich nach oben bewegen und dann, ja dann werden auch die "Ich hab ja nix gegen Wärmepumpen und E-Autos, ABER..............." Fraktion schnell für einen Wechsel entscheiden.



      Hierfür kann der Ausbau der PV Anlagen (meistens mit Speicher) genannt werden. Aktuell bauen immer mehr diese Anlagen, u.a. auch "sog. Balkonkraftwerde" Monster mit bis zu 5KWh Speicher ein, die bis vor kurzem noch sagten. Nie im Leben so einen Sonnenököquatsch.



      Tja, jetzt lohnt sich´s finanziell!

      Was würde wohl passieren, wenn gesetzlich:



      - Tempolimit und/od Sontagsfahrverbote für Verbrenner



      - Innenstadtfahrverbot für Verbrenner



      - THG Quote für Wärmepumpen

      • @AuchNeMeinung:

        Da bin ich ja mal gespannt ob der Ölpreis sich weltweit nach oben bewegen wird... Ich bezweifle es.



        In Europa schon, ob dass dann wirklich viel bewirkt wird sich zeigen.



        Und wie schnell die Energiewende in China und gehen wird ist auch spannend. Der Verbrauch ist so hoch, dass das noch etwas dauern dürfte auch wenn sie führend sind und Indien mit sein 8 Prozent Wachstum pro Jahr wird auch in den nächsten Jahren enorme Ressourcen beanspruchen.



        Ich glaube da ist viel Hoffnung dabei, aber eigentlich bleibt auch nichts anderes, da momentan weltweit kein relevantes umdenken zu sehen ist.... Und man sollte nicht vergessen es gibt noch zig andere Länder die enormen Nachholbedarf haben und den Leuten klar zu machen, lasst mal euren Lebensstandard niedrig, da es für die Menschheit nicht gut ist, wird sich wohl kaum als Argument verkaufen lassen.

        Mich nicht mal hier oder in anderen wohlhabenden Ländern ist eine Mehrheit bereit auch nur ein bisschen von ihrem Status quo aufzugeben.

        Jap, Hoffnung dürfte alles sein was bleibt, anpassen und dramatische Probleme in der Zukunft mit großen Herausforderungen an die Menschlichkeit.

  • Hat der Verkehrsminister nicht erst Erfolge beim Ausstoß durch Autos propagiert (kommt von Propaganda).



    Dem System Erde ist es egal wer mehr oder weniger ausstösst. Die Summe zählt.



    Bevor die Wirtschaft den Bach runtergeht, werden in Deutschland die Grenzwerte der Verbrenner raufgesetzt, deren Produktion nach einem Wahlsieg von Trump in den USA stattfinden wird.

  • Interessanter Bericht. Etwa 30% aller Treibhausgase kommen alleine aus China, was dem gesamten Ausstoß der USA, EU, Indien und Russland zusammen entspricht. Die Summe der historischen Emissionen von China seit 1850 hat die der EU erreicht. Die EU und USA senken kontinuierlich den Ausstoß von.



    Anders gesagt: Wie stark die Temperaturen steigen wird nicht in Berlin entschieden, sondern in Peking.

    • @Bmit:

      Und ein Großteil der Emissionen in China wird durch westliche Konzerne, die ihre Produktion dahin ausgelagert haben produziert. Ich empfehle zudem jedem, mal die Produkte Made in China zu zählen, die er/sie im Haushalt hat. "Chinawashing" ist eine billige Ausrede, nicht selbst aktiv werden zu müssen.

      China ist im Ausbau EE derzeit weltweit führend. Die günstigen Solarmodule aus China halte ich bei der Dinglichkeit der Klimakrise für einen Segen für die Welt.

      www.tagesschau.de/...arenergie-100.html

      • @nothingness:

        Das mit der Auslagerung stimmt, allerdings steigt auch mit dem Wohlstand der CO2 Ausstoß.







        In diesen Ländern heißt Wohlstand nun mal konsumieren statt sparen und für die Chinesen ist und war das Auto eines der wichtigsten Statussymbole.

        Und bitte nicht vergessen, das ein oder andere sinnlose Produkt wird auch in China für China hergestellt.



        Oder glauben Sie eine Milliarde Chinesen leben von Luft und Liebe, haben kein Smartphone Fernseher etc.?

        • @Whatever1984:

          Ja, 90% der in China hergestellten Produkte bleiben im Land, dass sollte man berücksichtigen.

    • @Bmit:

      Wieviel % der Treibhausgase aus China entstehen durch die Produktion von unnötigem Billigschrott für den Rest der Welt???



      Der Westen SENKT nicht, er VERLAGERT, genau wie beim Fördern von Rohstoffen und dem Umgang mit Müll.

    • @Bmit:

      Die Wirkung einer Tonne CO2 auf das Klima hängt nicht davon ab, durch welches Land sie freigesetzt wurde. Daher heißt es richtig: Wir stark die Temperaturen steigen, wird neben Berlin auch auch Peking und anderen Hauptstädten entschieden.

      • @Holger_0311:

        Holger,



        eben nicht in Berlin. Selbst bei einer Reduzierung um 50% in D bis 2030, d.h. um ca. 0,9% - was nicht realistisch ist - würde diese Einsparung die Mehremissionen von Ländern wie China und Indien durch deren neue Kohlekraftwerke nicht kompensieren können. D kann Technologien entwickeln und liefern, aber nur deren Einsatz in Regionen mit steigendem CO2-Ausstoß könnte die Emissionen reduzieren.