Trostfrauenstatue in Moabit: Galgenfrist für das Mahnmal
Der Bezirk will den Abbau des privaten Mahnmals gegen sexualisierte Gewalt. Das Verwaltungsgericht hat das letzte Wort.
Das Schicksal der Trostfrauenstatue in Moabit liegt jetzt in den Händen der Justiz und in denen ihrer freiwilligen Unterstützerinnen. Die Statue, die der private Korea-Verband vor vier Jahren mit befristeter behördlicher Genehmigung in Moabit aufgestellt hatte, stellt eine koreanische Zwangsprostituierte dar. 200.000 Asiatinnen wurden im Zweiten Weltkrieg in japanische Militärbordelle verschleppt. Dort wurden sie sexuell versklavt. Viele Frauen überlebten den Horror nicht.
Ein Antrag des Korea-Verbandes auf Verlängerung der befristeten Genehmigung zum Aufstellen der Statue hatte das Bezirksamt Mitte abgelehnt. Gegenüber der taz sagte eine Bezirkssprecherin, das sei juristisch nicht anders möglich, denn private Kunst dürfe im öffentlichen Raum nur zeitlich befristet stehen, wenn sie nicht aus einem Kunstwettbewerb hervorgegangen ist.
Der Korea-Verband vermutet allerdings einen ganz anderen Grund: Der japanische Staat und seine Botschaft in Berlin machen Druck auf Bund, Land und Bezirk, dass die Statue verschwinden soll. Das macht Japan auch an vielen anderen Orten der Welt, wo ähnliche Statuen stehen. Im Frühjahr hatte Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) nach einem Japan-Besuch die Statue als „einseitig“ kritisiert und Veränderungen angekündigt.
Der Bezirk Mitte hatte den Abbau der Statue bis Ende Oktober durch den Korea-Verband verfügt und 3.000 Euro Zwangsgeld angedroht, falls der Verband dem nicht nachkommt. Dagegen war der Korea-Verband vor das Verwaltungsgericht gezogen. Der Antrag hat aufschiebende Wirkung. Das heißt, bis das Gericht entscheidet, darf die Statue stehen bleiben. Wegen Personalmangels bei Gericht kann das noch mehrere Wochen, vielleicht auch Monate dauern.
Mahnwache an der Statue
Am Donnerstag organisierte der Korea-Verband eine zweitätige Mahnwache vor der Statue, um einen Abbau durch den Bezirk zu verhindern. Der Abbau zum jetzigen Zeitpunkt ist allerdings mehr als unwahrscheinlich, denn es gehört zum guten Brauch, vor einem Richterspruch keine Tatsachen zu schaffen. An der Mahnwache hatten sich Frauen aus der Nachbarschaft, von den Jusos und der Grünen Jugend beteiligt, sagt Nataly Jung-Hwa Ha vom Korea-Verband der taz.
Die Grüne Jugend hatte sich damit gegen die grüne Bezirksbürgermeisterin Stefanie Remlinger gestellt. „Wir haben kein Verständnis dafür, dass das grün-geführte Bezirksamt bisher keine Einigung mit dem Korea-Verband über die Friedensstatue erzielt hat“, schreibt eine Sprecherin des Parteinachwuchses. „Es ist ein Armutszeugnis, dass der Korea-Verband zum Erhalt eines Denkmals zu sexualisierter Gewalt vor Gericht ziehen muss. Wir fordern das Bezirksamt auf, die Friedensstatue an ihrem aktuellen Standort dauerhaft zu erhalten.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour
Täter von Magdeburg
Schon lange polizeibekannt
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt