Treffen der EU-Außenminister: EU verhängt Sanktionen gegen Iran
Mehrere Organisationen des Regimes sind auf die Sanktionsliste gesetzt worden. Auch die Kamikazedrohnen von Russland waren Thema.
Als die 27 EU-Außenminister am Montag in Luxemburg eintrafen, beherrschte die Drohnenfrage die meisten Gespräche. „Wir werden nach konkreten Beweisen für die (iranische) Beteiligung suchen“, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. Falls Iran tatsächlich Drohnen an das russische Militär geliefert haben sollte, werde dies Konsequenzen haben.
Noch deutlicher wurde Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn. „Dann wird es nicht mehr darum gehen, einzelne Personen zu sanktionieren“, sagte Asselborn. Vielmehr werde die EU in diesem Fall ein neues, hartes Strafprogramm gegen Iran auf den Weg bringen. Der österreichische Außenminister Alexander Schallenberg sprach sogar von einer Eskalation.
Dabei ist die Lage unübersichtlich. Die Ukraine hat in den letzten Tagen eine Flut russischer Angriffe mit in Iran hergestellten Schahed-136-Drohnen gemeldet. Noch am Montag sollen die Kamikazedrohnen in Kiew zugeschlagen haben. Die iranische Regierung bestreitet jedoch, dass sie an Russland Drohnen zum Einsatz in der Ukraine geliefert habe.
Iran nutzt die Sanktionen für sich
Solche Nachrichten seien politisch motiviert und würden vom Westen verbreitet, sagte der Sprecher des Außenministeriums in Teheran, Nasser Kanaani. „Wir haben keines der im Krieg befindlichen Länder mit Waffen versorgt.“ Doch die EU glaubt der Regierung offenbar nicht. Seit dem Tod der Iranerin Mahsa Amini im Gewahrsam der Sittenpolizei ist das Vertrauen futsch.
Wie angekündigt, verhängten die Außenminister deshalb am Montag neue EU-Sanktionen gegen elf Verantwortliche des Regimes sowie gegen vier Organisationen. Neben der Sittenpolizei steht die Cybereinheit der Revolutionsgarden auf der Sanktionsliste. Gegen alle Betroffenen werden Einreiseverbote verhängt, zudem wird ihr Vermögen in der EU eingefroren.
„Wenn man sieht, dass weiterhin mit brutaler Art und Weise auf friedliche Menschen eingeschlagen wird, dann können wir davor – und werden davor – auch weiterhin nicht die Augen verschließen“, sagte die Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne).
Aber fraglich ist, ob sich Teheran davon beeindrucken lässt. Schon jetzt nutzt das Mullah-Regime die Sanktionen, um die Unzufriedenheit in der iranischen Bevölkerung auf den Westen umzulenken. Die Strafmaßnahmen seien für die desaströse Wirtschaftslage verantwortlich, heißt es in Teheran. Die neuen EU-Sanktionen würden ernste Folgen bis hin zum Atomabkommen haben.
Das 2015 abgeschlossene, als JCPOA bekannte Abkommen sieht vor, dass Iran seine umstrittenen Nuklearaktivitäten einschränkt und im Gegenzug von einer Lockerung der Sanktionen profitiert. Nach dem einseitigen Ausstieg der USA 2018 hatte die EU im Sommer einen Kompromiss vorgelegt, der das Abkommen wiederbeleben sollte. Doch nun schwindet auch diese Hoffnung.
Bereits im September warfen Deutschland, Frankreich und Großbritannien Iran an eine „nukleare Eskalation“ vor. Die Verhandlungen seien „in einer Sackgasse“, warnte EU-Chefdiplomat Borrell. Wenn die EU jetzt auch noch Sanktionen wegen des Ukraine-Kriegs verhängt, könnte der Gesprächsfaden endgültig abreißen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“