Trauer um getötete SoldatInnen: Gedenken im Gleichschritt
Unterstützt von der Bundeswehr marschierte die „Military Brotherhood Germany“ durch Berlin. Die Linke kritisiert das „vordemokratische Ritual“.
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110 Kilometer weit marschierten im Sommer 140 aktive und ehemalige SoldatInnen durch Brandenburg und Berlin. Ihr Ziel nach insgesamt vier Etappen: das Ehrenmal der Bundeswehr auf dem Gelände des Verteidigungsministeriums.
Mit dem „Marsch zum Gedenken“ wollte die „Military Brotherhood Germany“, eine Arbeitsgemeinschaft des Reservistenverbands, an die 111 BundeswehrsoldatInnen erinnern, die bisher in Einsätzen gestorben sind. Ein Gedenken „mit blutigen Füßen und schmerzenden Herzen“, wie die VeranstalterInnen schreiben.
Zum zweiten Mal führten die SoldatInnen die Aktion in diesem Jahr durch. Dabei trugen sie an ihren Uniformen die Namensschilder der Getöteten. Und dabei sangen sie, wie auf dem Kurfürstendamm, auch mal das Lied vom schönen Westerwald, das schon in der Wehrmacht beliebt war und das die Bundeswehr deshalb vor zwei Jahren aus ihrem Liederkanon gestrichen hatte.
Staatlich finanziert
Einige Wochen nach dem Gedenkmarsch fragte die Linksfraktion im Bundestag das Verteidigungsministerium zu den Hintergründen der Aktion. Inzwischen liegt die Antwort vor. Aus ihr geht hervor, dass die Aktion der Reservisten-Bruderschaft durch die Bundeswehr umfangreich gefördert wurde.
Aktive SoldatInnen durften demzufolge während ihrer Dienstzeit an der einwöchigen Veranstaltung teilnehmen. Übernachtungsmöglichkeiten und Verpflegung stellte die Bundeswehr. Feldjäger begleiteten und sicherten den Marsch, dessen genaue Route vorab nicht bekanntgegeben wurde. Und das Tragen der Uniform wurde den TeilnehmerInnen per Befehl genehmigt und angeordnet.
Die Linken-Abgeordnete Kathrin Vogler kritisiert diese Unterstützung. „Die Bundesregierung delegiert den Umgang mit dem Sterben im Krieg an die ‚Military Brotherhood Germany‘, eine Gruppe ehemaliger Soldaten mit Kriegserfahrung, die diesen ‚Marsch zum Gedenken‘ als ein von der Öffentlichkeit isoliertes, vordemokratisches und militaristische Ritual inszeniert – komplett bezahlt aus dem Bundeswehretat“, sagte sie der taz.
Die Regierung fördere dadurch eine Entwicklung in der Armee, die mit „Korpsgeist und Verherrlichung des Soldatentums“ mehr zu tun habe als mit der Idee des „Staatsbürgers in Uniform“.
Soldatentod und Heroismus
Die Frage, wie angemessen um getötete SoldatInnen zu trauern ist, begleitet die deutsche Politik schon lange – spätestens seitdem die Bundeswehr an gefährlichen Einsätzen wie denen in Jugoslawien und Afghanistan teilnimmt. Das Berliner Ehrenmal der Bundeswehr wurde nach langen Diskussionen im Jahr 2010 eröffnet, architektonisch ist es bewusst unauffällig gehalten. Nach Angaben des Ministeriums „distanziert es sich von Formsprache und Ideologie klassischer Kriegerdenkmale“. Den „Soldatentod“ soll es nicht heroisieren.
Gleichwohl weist das Ministerium Voglers Kritik am Stil des Gedenkmarsches zurück. „Die Bundesregierung befürwortet und unterstützt solche Aktionen aus der Gesellschaft heraus, die dazu einladen, den [!] im Auftrag des Parlamentes verstorbenen Soldatinnen und Soldaten würdig und in der Öffentlichkeit zu gedenken“, schreibt es in seiner Antwort an die Abgeordnete.
Der Reservistenverband selbst teilt derweil gegen die Linkspartei und deren Anfrage aus. „Zwischen den Zeilen ist herauszulesen, dass die Linke diese Form der öffentlichen Präsenz der Bundeswehr ablehnt“, schreibt er auf seiner Internetseite. Verbandsvize Fabian Forster schreibt an gleicher Stelle, die Anfrage habe gezeigt, „dass wir weitermachen müssen, mehr Präsenz zeigen und die Erinnerung an unsere zu Tode gekommenen Kameraden weiter sichtbar machen müssen“.
Für 2020 plant die „Military Brotherhood“ der ReservistInnen bereits den nächsten Gedenkmarsch. Die Bundeswehr wird die VeranstalterInnen voraussichtlich wieder unterstützen. Im Verteidigungsministerium haben sie zumindest einen prominenten Befürworter. Staatssekretär Peter Tauber (CDU) marschierte im Sommer auf der letzten Etappe durch Berlin selbst mit – und beklagte sich im Nachgang über mangelnde Berichterstattung.
„Das Interesse der Medien war peinlich für die Berliner Hauptstadtpresse“, schrieb er auf Facebook. Dem Reservistenverband sei er dagegen für die Initiative dankbar.
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