piwik no script img

Tracking im Internet„Nein danke“ wäre das Mindeste

Kommentar von Svenja Bergt

In­ter­net­nut­ze­r:in­nen sind Cookies nach wie vor ausgeliefert. Die Konsequenz ist kurz, aber schmerzhaft: Ein Verbot personalisierter Werbung.

Ein Ärgernis des Internets: Cookies Foto: Lino Mirgeler/dpa

A ls die EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager kürzlich auf der Netzkonferenz re:­pu­bli­ca sprach, äußerte sie Verständnis für alle, die angesichts des Wildwuchses von Cookie-Bannern auf Webseiten einfach nur entnervt auf „Ok“ klicken. „Die Leute haben ein Leben“, stellte Vestager fest. Und liefert damit eines der überzeugendsten Argumente dafür, warum die Idee, doch einfach den:­die mün­di­ge:n Ver­brau­che­r:in selbst entscheiden zu lassen, von wem er:­sie sich gerne digital verfolgen lassen möchte, komplett gescheitert ist.

Die Symptome kennt je­de:r Inter­netnutzer:in: Große Banner, die sich von klein bis nahezu seitenfüllend über die Inhalte legen und einen durch listige Farbgebung dazu verleiten sollen, direkt die Zustimmung zum unbegrenzen Tracking zu erteilen. Wer das nicht möchte, muss für jede Webseite einzeln herausfinden, mit welchen Klicks sich möglichst viel davon ausschalten lässt. Ein schlichtes „Nein danke“ bieten nur die allerwenigsten an. Dabei müsste dies das Mindeste sein: Ja heißt ja und nein heißt nein. Und nicht der „Ja“-Button groß und grün und ein „Weitere-Einstellungen“-Button klein und in einem derart hellen Grau, dass er sich kaum vom weißem Untergrund abhebt.

Dabei sind Cookies ohnehin ein fast steinzeitliches Trackinginstrument. Längst gibt es neuere, ausgefeiltere Methoden, die von den Nut­ze­r:in­nen noch schwieriger zu umgehen sind. Und die Branche ist mit ihren Ideen längst nicht am Ende. Besser wäre es daher, wenn endlich auch die Politik in Gänze zu der Erkenntnis käme: Nein, die verschiedenen Ak­teu­r:in­nen der Online-Werbewirtschaft haben anscheinend überhaupt kein Interesse daran, mit Nut­ze­r:in­nen fair umzugehen.

Die logische Konsequenz ist kurz, aber schmerzhaft: Ein Verbot personalisierter Werbung im Netz. Nicht nur gegenüber Minderjährigen, wie es die Bundesregierung laut eines gerade von Netzpolitik.org geleakten Papiers wünscht. Sondern gegenüber allen. Wenn es richtig gut läuft, würde damit das Tracking insgesamt so unattraktiv, dass ein extra Verbot dafür gar nicht mehr notwendig wäre.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.
Mehr zum Thema

24 Kommentare

 / 
  • Für wen wäre das Verbot personalisierter Werbung denn schmerzhaft?

  • Das Arge ist ja, dass selbst staatsnahe Betriebe, z.B. viele Verkehrsunternehmen, dieses Spielchen mitspielen.

  • Der Artikel findet meine vollste Zustimmung. Es wäre super, wenn auch die "taz" gleich mal den "Nein Danke"-Button einführt statt verwirrender Vielfalt bei der Abwahl. Menschen mit Behinderung werden es ihnen danken! Freiwillige Selbstkontrolle klappt einfach nicht da, wo der Gewinn und die eigene Lobby groß sind. Eine zunehmend selbstbestimmte und am Gemeinwohl orientierte Gesellschaft wird hier gewiss in den verschiedensten Bereichen noch gesetzliche Ge- und Verbote einführen müssen, um Freiheit und Fairness zu zukünftig zu schützen.

  • Ein Verbot nur bei Minderjährigen wäre vermutlich schon hinreichend, wenn zusätzlich einen zweifelsfreien Nachweis verlangt, dass die personalisierte Werbung tatsächlich nur an Volljährige geht.

  • Das Verbot würde schlagartig die einzige Geldquelle tausender Website-Betreiber vernichten.



    Für meine Begriffe wäre der "Alles Unnötige ablehnen"-Button zu Beginn der Session (erster Seitenaufruf) anzubieten, und zwar noch bevor das initiale Cookie - dem man nicht wiedersprechen kann) ausgewertet wird.

    ChrSi

  • Linux statt windows, macos



    (Mint zum Einstieg, dann Debian)

    Firefox statt chrome

    Startpage statt google

    Posteo statt gmail

    Mastodon statt Twitter

    Firefox addons:

    uMatrix

    uBlock Origin

    Decentraleyes

    First Party Isolation

    HTTPS Everywhere

    hervorragende Datenschutzinfos: Weltniveau aus Mannheim: Kuketz-Blog

    darin:

    Firefox: Ein Browser für Datenschutzbewusste – Firefox-Kompendium

    www.kuketz-blog.de...-kompendium-teil1/

    • @Weber:

      Gibt es ne Alternative zu Netflix? Falls nein, gehört Netflix selbstverständlich boykottiert.

      • @Troll Eulenspiegel:

        Es gibt Öffentlich-Rechtliche Mediatheken.

  • Als jemand, der schon mal gelegentlich selbst Webanwendungen programmiert, möchte ich vorsichtig anmerken, daß Cookies selbst nicht unbedingt böse sind. Ein Cookie kann auch einfach die Information enthalten, daß Du Dich eingeloggt hast usw.

    Ich empfehle die Browser-Erweiterungen "Privacy Badger" und "Cookie Autodelete" für jeden. Die blocken Tracker und löschen nicht mehr benötigte Cookies beim Verlassen der Seite. Damit wird schon mal weniger an Daten gesammelt. Gibt es für Chrome und Firefox.

    Auch empfehlenswert: "HTTPS Everywhere", das schaltet Verschlüsselung ein, wo immer möglich. Denkt dran, die Dinger dann nach der Installation auch einzuschalten.

    Javascript (= ECMA-script) ist auch nicht unbedingt böse, aber Java (ohne "script") sollte man im Browser abschalten, wenn es nicht schon standardmäßig der Fall ist.

    Euer ITler

    • @kditd:

      Ich hätte gerne eine einfache Regel: Zustimmung braucht es für alle gespeicherten Daten, die nicht für die Funktionalität nötig sind, für die Nutzer die Seite besuchen.

    • @kditd:

      Https everywhere und cookie autodelete brauchste auf Firefox eigentlich nicht. Diese Funktionen wurden doch längst integriert. Ich sag das, weil dein fingerprint einzigartiger wird, je mehr addons du installiert hast.

    • @kditd:

      Im Grunde sind doch die Browserhersteller in der Pflicht.



      Aber die sind ja komplett von der Werbewirtschaft (aka: -mafia) gejijackt.

      Und mal so unter uns:



      Wenn ich auf irgendeiner Seite ein Werbebanner lese "...werden Sie reicher Waldbesitzer", "... verdienenn sie 500 € pro Tag", "... 20% aufs Tagesgeld"



      dann weiß ich doch was ich von dieser Webseite zu halten habe.

      Auch wenn oben groß "Westdeutsche ...", "Hamburger ..." oder "Spiegel" drübersteht.

      • @Bolzkopf:

        Was heiszt hier gehijackt? Nahezu alle Browser nutzen Google's chromium engine. Die *sind* die Werbeindustrie.

        >Wenn ich auf irgendeiner Seite ein Werbebanner lese "...werden Sie reicher Waldbesitzer", "... verdienenn sie 500 € pro Tag", "... 20% aufs Tagesgeld"

        Naja, jain. Die meisten Webseiten Betreiber haben doch weder Ahnung noch Kontrolle, welche Werbung da jetzt angezeigt wird.

  • @GENERATOR:

    Ich kriege die gar nicht zu sehen: ich schalte nämlich auch Javascript aus (jaja, die modernen Browser machen einem das schwer). Denn: tracking per Cookie wird sowieso schon längst von irgendwelchen Javascript-Rattennester überholt. Die Nicht-Anzeige solcher Nervereien ist sozusagen ein collateral benefit.

    Collateral damage ist leider, dass meine Antwortfunktion nicht so will (worüber sich andere Nutzer*innen hier ab und zu beschweren).

  • Hallo taz & Svenja Bergt, ist Euch schon mal aufgefallen, dass dieses Vorgehen, welches Ihr hier kritisiert selber anwendet? Der geneigte Leser der taz bekommt als Cookie Consent Banner im ersten Schritt lediglich die Auswahl, alle Cookies zu akzeptieren. Erst wenn man auf "selber auswählen" clickt, wird man von Euch darüber aufgeklärt, was da so alles an Trackern mitläuft, und kann generell alle Cookies ablehnen. Ihr predigt Wein und sauft Wasser... Ist doch reichlich unglaubwürdig, oder?

    • @Gunnar:

      Abgesehen von dem schrägen Wein/Wasser-Bild: einerseits ist die Kritik berechtigt, aber die taz bzw. die Genossenschaft braucht auch Geld, um guten Journalismus leisten zu können. Deshalb akzeptiere ich bei der taz die Cookies, bei anderen nicht mehr.

    • @Gunnar:

      :-) predigt Wasser und sauft Wein ... mit Verlaub

      • @Bolzkopf:

        :-) ja, so herum war es gemeint... danke für den hinweis! :-)

  • Da hat mein modernes Telefon und schnelles Internet, und wird doch wieder jedes Mal durch eine sinnlose Cookie-Anfrage ausgebremst.

    Auf wen geht dieser Unfug eigentlich zurück? Ach ja, das DSGVO wurde wenn ich mich recht entsinne von einem grünen Europaabgeordneten initiiert.

    Zum Glück hat der Markt zumindest hier in soweit reagiert, daß ein cleverer Bursche das Browser-Addon mit dem vielsagenden Namen "I don't care about cookies" geschrieben hat.

    Das gleich brauche ich jetzt noch für etwaige Hotline Anrufe. Neulich bei Telefonica hörte ich einfach zu oft das Wort "Datenschutz" in der Ansage, und ich möchte auch nie wieder aufgelärt werden, daß Gespäche aufgezeichnet werden, ich dem aber wiedersprechen kann. Wenigstens gab es anschliessend die Option, die fünf Minuten dauernde ausführliche Ansage zu überspringen. Aber ich will einfach gar nicht mit sowas behelligt werden.

    • @notsocommon:

      "Auf wen geht dieser Unfug eigentlich zurück? Ach ja, das DSGVO wurde wenn ich mich recht entsinne von einem grünen Europaabgeordneten initiiert."

      Ich glaub Sie verwechseln da was absichtlich: die Grünen haben nicht die Cookies erfunden, sondern eine Möglichkeit eingeführt, diese gezielt abzulehnen.



      Vorher liefen die nämlich immer unbemerkt in beliebiger Menge und Wirksamkeit mit.

      Dass die Betreiber das nun versuchen zu umgehen oder unhandhabbar zu machen ist nicht der Fehler der Grünen.

    • @notsocommon:

      Nun, I don't care about cookies heißt nunmal so, wie es ist, sprich, man hat kein Problem mit Cookies, sprich man hat auch kein Problem, wenn manche dieser Cookies zu Marktforschungszwecken eingesetzt werden.

      Zudem, nun an die Allgemeinheit gerichtet: Immer liest man die notwendigen, die funktionellen, die essentiellen Cookies, die man z.B. für das Schreiben eines Beitrages braucht oder um Online-Banking überhaupt zu betreiben. Doch warum braucht es dann dubiose Firmen, wie Permodo GmbH, die "die IP-Adresse eines Benutzers verwenden, um über das Internet eine Anzeige einzublenden"? Warum muss ich, um einen Beitrag zu schreiben, eine nicht abwählbare Cookie-Funktion zwingend zustimmen?

      Auch geil von Permodo, auch unter den nicht abwählbaren Funktionen beschrieben:



      "Hinweis: Daten, die gesammelt und verwendet werden, um die Sicherheit zu gewährleisten, Betrug zu verhindern und Fehler zu beseitigen können automatisch gesendete Geräteeigenschaften zur Identifizierung beinhalten, präzise Geolokalisierungsdaten und Daten, die durch aktive Abtastung der Vorrichtung erhalten werden. Merkmale zur Identifizierung ohne gesonderte Offenlegung und/oder Opt-in."

      Na lecker. Sowas möchte ich nicht.

      • @Troll Eulenspiegel:

        "Warum muss ich, um einen Beitrag zu schreiben, eine nicht abwählbare Cookie-Funktion zwingend zustimmen?"



        Weil es sonst keine Session gibt und jeder neue Seitenaufruf bei Null anfängt.

        • @PS007:

          Zu Zeiten der Dot-Com-Bubble war das mal so, inzwischen gibt es durchaus technische Möglichkeiten ein Session-Handling auch ohne Cookies zu realisieren.

  • Soweit ich das sehen kann gibt es auf der TAZ die gleichen Buttons wie überall sonst auch...