Tod einer Erntehelferin in Bayern: Bauer ist für Ermittler unschuldig
Die Staatsanwaltschaft erklärt nun überraschend, sie habe den Fall auf einem Gemüsehof in Mamming untersucht. Wie genau sie ermittelt hat, ist unklar.
Zwei Insider des Hofs im niederbayerischen Mamming hatten dem Landwirt in der taz vom Dienstag vorgeworfen, der Ukrainerin zu spät geholfen zu haben. Sie habe mehrmals gemeldet, dass sie Schmerzen in der Brust habe. Beide bekräftigten diese Darstellung nun.
Die taz hatte vergangene Woche die Staatsanwaltschaft gefragt, ob sie wegen des Falls ermittelt habe. „Wegen dieser Person ist kein Ermittlungsverfahren anhängig gewesen“, sagte Pressesprecher Thomas Steinkraus-Koch damals. Warum er die jetzt veröffentlichten Ermittlungen nicht erwähnte, konnte sein Stellvertreter Sebastian Stitzinger am Mittwoch, 26. August, nicht sagen.
Unbeantwortet ließ Stitzinger auch die Frage, auf wessen Angaben sich die Ermittler berufen. Haben sie neben dem Landwirt auch Erntehelfer gefragt, ob die Ukrainerin bereits Stunden vor ihrem Tod über Schmerzen geklagt habe und ob sie dem Vorarbeiter mehrmals Schmerzen gemeldet habe? „Der Inhalt der Akten betreffend sogenannter Todesermittlungsverfahren ist nicht öffentlich“, schrieb der Sprecher der taz. „Nicht zuletzt sind hier auch die Grundsätze des Datenschutzes und das allgemeine Persönlichkeitsrecht etwaiger am Verfahren beteiligter Personen zu beachten und zu wahren.“
Anzeige durch Gewerkschafter wird noch geprüft
In der Mitteilung der Staatsanwaltschaft heißt es lediglich: „Die später Verstorbene hat ausweislich der Feststellungen am Sterbetag um 7.00 Uhr die Arbeit begonnen. Um 7.15 Uhr hat sie über gesundheitliche Probleme geklagt. Sie wurde von einem Vorarbeiter ins Krankenhaus gefahren und verstarb dort um 8.30 Uhr.“
Die Behörde sprach von einer „ungarischen Saisonarbeitskraft“. Den Informanten der taz zufolge gehörte sie der ungarischen Minderheit in der Ukraine an und besaß beide Staatsangehörigkeiten.
Ende Juli infizierten sich 250 der Erntehelfer des Großbetriebs in Mamming mit dem Coronavirus. Das Landratsamt Dingolfing-Landau geht davon aus, dass im Hof gegen Hygieneregeln verstoßen wurde. „Faire Mobilität“, die Beratungsstelle des Deutschen Gewerkschaftsbunds für osteuropäische Arbeitnehmer, kritisierte, hier sei weniger als der gesetzliche Mindestlohn gezahlt und Arbeitern ihre Personalausweise vorenthalten worden. Der Landwirt wies die Vorwürfe zurück. Zu dem Tod der Erntehelferin und den mutmaßlichen Coronaverstößen äußerte er sich nicht.
Die Berater der Gewerkschaft erstatteten Mitte August Anzeige bei der Staatsanwaltschaft. Diese hat aber noch kein förmliches Ermittlungsverfahren eingeleitet. „Es wird weiterhin geprüft, ob ein Anfangsverdacht besteht“, teilte Sprecher Stitzinger am heutigen Mittwoch mit.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“