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Subventionen für Chip-FabrikenKleiner Aufbau Ost

Simon Poelchau
Kommentar von Simon Poelchau

Mit Milliarden Euro fördert der Staat Chip-Konzerne im Osten. Das funktioniert und davon profitiert nicht nur die Automobilindustrie.

Auf dieser Wiese in Dresden soll eine Chip-Fabrik von TSMC erblühen Foto: Sebastian Kahnert/dpa

E s vergeht derzeit kein Tag, an dem nicht Po­li­ti­ke­r*in­nen vor der angeblichen Deindustrialisierung Deutschlands warnen. Da passt es nicht so recht ins Bild, wenn neue Fabriken entstehen. 2.000 neue Jobs will etwa der taiwanische Chip-Hersteller TSMC nahe Dresden schaffen. Und es ist nicht der einzige neue Industriestandort, der derzeit in den neuen Bundesländern entsteht.

Zugegeben: Das geht nicht ohne Subventionen. TSMC soll 5 Milliarden Euro an staatlichen Beihilfen bekommen. Hinzu kommen 10 Milliarden Euro, die bereits Intel für sein in Magdeburg geplantes Chip-Werk abgestaubt hat. Allein die Ansiedlung der Halbleiterindustrie lässt sich der Staat also 15 Milliarden Euro kosten.

Da ist es kein Wunder, dass Kritik aufkommt, indem der Wert der neu geschaffenen Arbeitsplätze in Förder-Euro aufgewogen und gefragt wird, ob das viele Geld nicht anderswo besser aufgehoben sei.

Doch scheinen die Milliardensubventionen gut angelegtes Geld zu sein, wenn man bedenkt, wie wichtig die Chip-Produktion zum Beispiel für die Automobilbranche ist, die noch immer Deutschlands wichtigste Industrie ist.

So sei nur an das Jahr 2021 erinnert, als die hiesigen Autobauer reihenweise Kurzarbeit anmeldeten, weil Halbleiter fehlten. Das gewerkschaftsnahe Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung berechnete, dass diese Materialengpässe damals 1 Prozent der Wirtschaftsleistung gekostet haben. Die 15 Milliarden Euro für Intel und TSMC sind also auch Subven­tio­nen für die angestammte Industrie, damit deren Lieferketten nicht wieder stocken.

Auch wenn die Chips für Böblingen statt Bautzen bestimmt sind, können sich die neuen Bundesländer über die neue Halbleiterindustrie freuen. Schließlich verdienen Ostdeutsche auch drei Jahrzehnte nach der Wende im Schnitt rund 13.000 Euro im Jahr weniger als Westdeutsche.

Dieser Rückstand liegt auch daran, dass es im Osten weitaus weniger gut bezahlte Industriejobs gibt als im Westen – die nun aber geschaffen werden sollen. Insofern sind die Milliardensubventionen auch ein kleiner Aufbauplan Ost.

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Simon Poelchau
Redakteur
ist für Ökonomie im taz-Ressort Wirtschaft und Umwelt zuständig.
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7 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Ist relativ spannend. Und mal wieder typisch. Im Pütt ist die Arbeitslosigkeit deutlich höher als in Neubraunland, aber die zig Milliarden Subventionen gehen - wie immer - in den Osten. Es scheint, die Verbraunung lohnt sich für die Region. Und als Dank gibt dann demnächst einen Ministerpräsidenten Höcke. Man kann nur mit dem Kopf schütteln.

  • Soll der Osten es bekommen.



    Aber nicht von dem Klimafondgeld.



    Nachhaltig ist das nämlich nicht. Allein schon die Wortwahl: blühende Landschaften. Ach so, das war damals. Aber unter dem Bild zeigt es sich noch: das Werk soll erblühen.



    Da ist dann auch der Wortursprung, Blühpflanzen als Nahrung für Insekten und Anzeiger für Naturnähe egal. Nur wenn die Industrie erblüht ist es das Wahre.



    Ach so, es soll ja weniger und nachhaltiges Wachstum geben. Nu denn.

  • Das ist doch blanker Unsinn. Da werden mit Milliarden ein paar Arbeitsplätze geschaffen für eine Produktion die bestimmt nicht der heimischen Autoindustrie dienen wird, denn den Zug in Richtung eMobilität haben sie verschlafen. China ist dermaßen günstig, da wird es schwer sein teure Autos zu verkaufen. Der Golf kostet bei uns 40.000 € aufwärts, in China muss VW den für 15.000 € anbieten, damit er überhaupt noch Abnehmer findet. Warum sollte ich keinen China-Auto kaufen?

  • Diese Subventionen sind wirklich weder Aufbauplan noch ene Zukunftsinvestition. Hier wird lediglich die Endfertigung nach Deutschland verlegt. diese kann jederzeit wieder abgezogen werden z.B. wenn die Subventionen aufgebraucht sind. Forschung und Entwicklung wären gefragt, das würde die Zukunftsfähigkeit sicherstellen. Die Fertigung kommt dann zwangsläufig. Aber, zu diesen Thema hört man ja weder von Habeck noch von der Ministerin für Bildung und Forschung etwas (an den Namen kann ich micht nicht erinnern und ich bin zu faul zum nachschauen). Das sagt eigetnlich alle über deren Einblick.

    • @Gerald Müller:

      Man wird natürlich nur über Steuergelder/Subventionen die Produktion hier in Deutschland halten können. Das ist eben eine strategische Reserve wie Gasspeicher oder andere Schlüsselindustrien, ein Stück Autarkie eben. Die Alternative ist eine starke Armee, die zur Not die globalen Lieferketten aufrechterhält.

  • Es gibt Beispiele wie mit solchen angeblich zukunftsfähigen Projekten in Ostdeutschland Fördergelder in den Sand gesetzt werden:

    de.wikipedia.org/w...k_Frankfurt_(Oder)

    de.wikipedia.org/wiki/AMD_Saxony

    Die nunmehr gezahlten Summen sind erschreckend gigantisch. Sollte man lieber in den flächendeckenden Ausbau der Bahn und digitaler Infrastruktur investieren. Und Zuschüsse bzw. Steuererleichterungen für dezentrale Infrastruktur (Mediziner*innen, Lebensmittelgeschäfte, Bildung, Soziales etc.).