TSMC-Spatenstich in Dresden: Geld für unabhängige Mikrochips
In Dresden wird die taiwanische Halbleiterfabrik TSMC von der Bundesregierung üppig subventioniert. Mit dabei: drei europäische Tech-Konzerne.
In der sächsischen Landeshauptstadt soll nun nicht nur irgendeine große, neue Halbleiterfabrik entstehen. Geplant ist ein wirtschaftliches Gemeinschaftsprojekt unter dem Titel ESMC – zu Deutsch „Europäische Gesellschaft für die Herstellung von Halbleitern“. Produziert werden Mikrochips, die in Smartphones, Computern oder Autos zum Einsatz kommen. Beteiligt sind der deutsche Technologiekonzern Bosch sowie die drei Halbleiterhersteller Infineon aus Deutschland, NXP Semiconductors aus den Niederlanden und eben TSMC aus Taiwan.
Ende 2027 soll die Produktion im neuen Werk starten und mindestens 2.000 neue Jobs schaffen. Der Lobbyverein Silicon Saxony, der für Elektronik-Unternehmen im Raum Dresden, Freiberg und Chemnitz eintritt, hofft, dass neben den 2.000 Stellen der neuen Fabrik auch Zulieferer mehr Arbeit entstehe. Durch das ESMC-Projekt sollen demnach 8.000 neue Stellen entstehen. Der TSMC ist weltweit der größte Auftragshersteller für Halbleiter. Der Standort in Dresden wird der erste in Europa für TSMC, das bislang in China und Taiwan produziert. Die Ansiedlung ist Teil der Halbleiterstrategie der Bundesregierung.
Dafür versprach die Ampelkoalition den Unternehmen fünf Milliarden Euro Staatshilfe. Pünktlich zur Grundsteinlegung teilte auch die EU-Kommission am Dienstag mit, dass sie die Beihilfe der Bundesregierung genehmige. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte beim Spatenstich: In Sachsen sei die Zusammenarbeit zwischen jungen Start-ups und Weltkonzernen bereits zu beobachten. „Hier in der Region sind mehr als 2.500 Unternehmen der Chip-Branche ansässig.“
Wackelt Intel in Magdeburg?
Allerdings: Die Subvention kritisierte in der vergangenen Woche der US-Chiphersteller Globalfounderies. Das Handelsblatt zitiert, die Subvention für einen Branchenführer sei gegenüber anderen Fabriken ungerecht. Das verzerre den Wettbewerb.
Bundeskanzler Olaf Scholz verteidigt beim Spatenstich die Investition. Laut der Nachrichtenagentur AFP sagte er: Deutschland und Europa dürften bei Zukunftstechnologien nicht abhängig von „anderen Weltregionen“ sein. Der sächsische Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) hofft zudem, dass die neuen Jobs des Werks die „Fachkräfte aus der ganzen Welt nach Sachsen“ ziehe.
Und die TSMC-Fabrik in Dresden ist nicht der einzige zukünftige Chip-Standort in Ostdeutschland. In Sachsen-Anhalt, bei Magdeburg, plant derzeit der US-Konzern Intel den Bau mehrerer Chipfabriken für rund 30 Milliarden Euro. Dies will die Ampelkoalition mit 9,9 Milliarden Euro unterstützen. Die EU-Genehmigung steht aber noch aus. Außerdem gibt es mehrere Berichte, dass das Projekt wackelt.
Intel ist inzwischen auf Sparkurs. Die Aktien des Konzerns stürzten Anfang des Monats ab, nachdem Intel veröffentlicht hatte, in den nächsten Jahren mit Verlusten zu rechnen. Kürzungen sollen die Anleger wieder zurückholen.
Ob davon auch der Fabrikbau in Sachsen-Anhalt betroffen ist? Nach Angaben der Landesregierung in Magdeburg nicht – wie das Nachrichtenmagazin Spiegel berichtet, gibt es aber Hinweise darauf, dass sie sich auf ein mögliches Scheitern vorbereitet. Das habe eine Anfrage der Linksfraktion im Landtag ergeben.
Zudem brauchen die Fabriken viel Wasser und Energie. Aber in Dresden rückte der Umweltschutz beim feierlichen Spatenstich in den Hintergrund. Zwar wies Sachsens Umweltminister Wolfram Günther (Grüne) auf die hohen Anforderungen bei der Versorgung und Entsorgung der Fabrik hin, meinte aber „Punkte, die wir gemeinsam gut lösen werden“. Wer „wir“ ist, bleibt offen. In Sachsen wird in zwei Wochen ein neuer Landtag gewählt und noch ist offen, welche Parteien danach den Freistaat regieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen