Studien zu Corona in Kitas und Schulen: Dem Virus auf der Spur

Welche Rolle spielen Kitas und Schulen beim Infektionsgeschehen? Das will die Bundesregierung wissen und fördert hierzu Studien. Eine Übersicht.

Man sieht ein buntes Holzspielzeug, im Hintergrund ein Kleinkind und eine Erzieherin

Wie lässt sich in der Pandemie sicher spielen? Szene aus einer Kita in Schriesheim Foto: Uwe Anspach/dpa

Berlin taz | Schulen und Kitas bleiben wegen der hohen Corona-Infek­tionszahlen weiter geschlossen. Doch welche Rolle spielen Kinder und Jugendliche überhaupt beim Infektionsgeschehen? Die Bundesregierung fördert sechs Forschungsprojekte, die das untersuchen. Was die Studien genau erforschen und welche Ergebnisse bereits vorliegen:

1. „Corona-Kita-Studie“

Welche Rolle spielen Kitas bei der Ausbreitung? Inwieweit übertragen Kinder im Vorschulalter das Virus? Unter welchen Bedingungen gelingt eine schrittweise Öffnung der Kitas? Diese und weitere Fragen erforschen das Robert-Koch-Institut (RKI) und das Deutsche Jugendinstitut (DJI). Das Forschungsprojekt läuft seit Mai 2020, finanziert vom Familien- und vom Gesundheitsministerium.

Die Forscher*innen analysieren unter anderem Meldedaten der Gesundheitsämter und befragen Leitungen, Er­zie­he­r*innen und Eltern dazu, wie der Kita-Alltag aussieht oder vor welchen Herausforderungen sie stehen. Darüber hinaus wollen die Wissenschaftler*innen bis zum Sommer 2021 rund 20 Kitas untersuchen, in denen das Coronavirus ausgebrochen ist.

Dazu besuchen sie infizierte Kinder und Erzieher*innen sowie deren Kontaktpersonen zu Hause und entnehmen Mund-Nasen-Abstriche, Speichelproben sowie einen Tropfen Blut aus der Fingerkuppe, um es auf Antikörper zu testen. Danach führen die Familien zwölf Tage lang Selbsttests durch.

Bisher wurden fünf Kitas in Berlin und Schleswig-Holstein untersucht. Dabei konnten 78 Kinder und 102 Erwachsene getestet werden. „Da die Teilnehmenden über einen längeren Zeitraum Proben entnehmen und einschicken, liegen erst für wenige Kitas alle Befunde vor“, teilt eine RKI-Sprecherin auf Anfrage mit. Fundierte Aussagen seien daher noch nicht möglich.

Im Dezember haben das RKI und das DJI einen Bericht mit Zwischenergebnissen veröffentlicht. Darin heißt es, dass die Zahl der infizierten Kinder unter sechs Jahren „um ein Vielfaches“ höher sei als bei der ersten Welle im Frühjahr, dies jedoch mit dem allgemeinen Anstieg der Infektionen in der Gesamtbevölkerung zusammenhänge.

Die Forscher*innen betonen, dass es weltweit nur wenige aussagekräftige Studien zur Infektio­sität von Kindern und Jugendlichen gebe. „Insgesamt scheinen Kinder weniger infektiös als Erwachsene. Eine Aussage, welche der Altersgruppen innerhalb der Kinder am infektiösesten ist, kann nicht verlässlich gemacht werden“, heißt in dem Bericht. Der Grund: „Die Ergebnisse sind insgesamt heterogen.“

2. „Modus-Covid“

Das Projekt, an dem Wissen­schaft­ler*innen der Technischen Universität Berlin, der Humboldt-Universität Berlin und des Konrad-Zuse-Instituts Berlin beteiligt sind, erforscht unter anderem die Wirkung von Kita- und Schulschließungen auf die Infektionsdynamik. Es wird vom Bundesforschungsministerium gefördert.

Laut Berechnungen der For­sche­r*innen leisten Schulen einen deutlichen Beitrag zum Infektionsgeschehen. Grund dafür sei die beengte Situation in Klassenräumen. „Eine Wiedereröffnung der Schulen ohne flächendeckende Maskenpflicht auch im Unterricht sowie Wechselunterricht halten wir für unverantwortlich“, heißt es in einem Bericht von Mitte Dezember. Projektleiter Kai Nagel sagte gegenüber der taz, dass Wechselunterricht bei gleichzeitigem Tragen von FFP2-Masken die Infektionen in Schulen auf „nahezu null“ reduzieren könne.

Die Schließung von Kindergärten habe dem Bericht zufolge vermutlich einen Einfluss auf die Eindämmung der Pandemie, „aber keinen großen“. Eine Wiedereröffnung der Kitas sei dann denkbar, „sobald die Krankenhauszahlen deutlich absinken“.

3. „B-Fast“

Das Projekt des Nationalen Forschungsnetzwerks der Uni­ver­sitätskliniken wird ebenfalls vom Forschungsministerium gefördert. Die Wis­sen­schaft­ler*in­nen untersuchen, ob und inwieweit regelmäßige Coronatests in Kitas und Schulen möglich wären.

Dazu führt ein Team in bundesweit 18 Einrichtungen jeweils drei Wochen lang Tests durch. Kinder, Jugendliche und Per­sonal werden auf unterschiedliche Weisen mehrfach pro Woche auf das Virus untersucht. Ziel der Studie ist es, Schließungen der Einrichtungen zu verhindern und negativ Getesteten einen Besuch der Schule oder Kita zu ermöglichen. Ergebnisse wurden noch nicht veröffentlicht.

4. „Sars-CoV-2-Kids“

An der seit Mai 2020 laufenden Studie, die der Virologe Christian Drosten leitet, sind zwölf deutsche Kinderkliniken beteiligt. Um herauszufinden, wie das Virus bei Kindern und Jugendlichen zirkuliert, wird ohnehin entnommenes Blut zusätzlich auf Corona-Antikörper getestet.Bis Ende Oktober sollen so mehr als 18.000 Blutproben ausgewertet werden. Das Projekt wird vom Forschungsministerium gefördert, Ergebnisse stehen noch aus.

5. „CorKid“

Das vom Forschungsministerium geförderte Projekt erforscht, wie viele Kinder, Jugendliche und Eltern im Ruhrgebiet bereits an Corona erkrankt waren. Dazu testen die For­sche­r*in­nen das Blut von über 3.000 Teil­nehmer*innen auf Antikörper. Ergebnisse sind noch nicht bekannt.

6. „Recast“

Die an der Charité Berlin durchgeführte Studie untersucht, warum infizierte Kinder im Vergleich zu Erwachsenen oft nur milde Symptome aufweisen. Die Forscher*innen analysieren etwa die Schleimhaut von Kindern, die vor Krankheits­erregern schützt. Die Studie wird vom Forschungsministerium gefördert, die Erkenntnisse sollen bei Entscheidungen über Schul- und Kita­schließungen helfen. Bisher liegen noch keine Ergebnisse vor.

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