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Studie zum EinkaufsverhaltenDezentral ist Trend

Die Pandemie hat das Konsumverhalten in Deutschland bleibend verändert, so eine Studie. Dabei ist nicht nur der Online-Handel Gewinner.

Auf der Düsseldorfer Königsallee Foto: Michael Gstettenbauer/imago

Berlin taz | Der Konsum in den Innenstädten nimmt ab und verlagert sich in die Wohngebiete jenseits der Innenstadt und in die Vororte. Das ist das Ergebnis einer Studie des auf Wirtschaftsforschung spezialisierten ifo Instituts.

Die Wis­sen­schaft­le­r:in­nen haben dafür das aktuelle Konsumverhalten für Berlin, München, Hamburg, Stuttgart und Dresden ausgewertet und mit dem vor der Pandemie verglichen. Demnach sind die Umsätze von Läden in Innenstadtlagen um 5 Prozent gesunken. In dezentralen Lagen nahmen die Umsätze derweil um bis zu 30 Prozent zu.

Die Studie sieht zwei Entwicklungen als Ursache. Erstens: eine Zunahme des Online-Shoppings, das den Innenstädten Konkurrenz macht. Allerdings gewinne der Online-Handel aktuell nicht weiter an Marktanteilen. Im Gegenteil habe der stationäre Einzelhandel im vergangenen Jahr sogar leicht gegenüber dem Online-Handel zurückgewonnen. So habe der Anteil der Online-Umsätze an privaten Konsumausgaben im vergangenen Sommer bei 21,2 Prozent gelegen. Das entspreche einem Rückgang von mehr als 2 Prozentpunkten gegenüber dem Jahr davor.

Innenstädte haben Mühe an der neuen Normalität

Die zweite Entwicklung: Das sich verstetigende Arbeiten im Homeoffice, das zu einem wohnortnahem und damit dezentralerem Konsum führe. „Wir gehen davon aus, dass diese Veränderung im Einkaufsverhalten bleiben wird“, sagt Carla Krolage, Koautorin der Studie. Die Verschiebung des Konsums sei vor allem an Wochentagen deutlich. „Die Kombination aus dauerhaft mehr Homeoffice, mehr Online-Shopping und den kleinräumigen Konsumveränderungen stellen Innenstädte umso mehr vor die Herausforderung, ihre Konzepte an die neue Normalität anzupassen und ihre Attraktivität zu steigern“, bilanziert Oliver Falck vom ifo Institut.

Die Studie bestätigt einen Trend, mit dem sich Städte zunehmend konfrontiert sehen. So schätzte aktuell etwa der Handelsverband Deutschland im April, dass die Zahl der Ladengeschäfte im laufenden Jahr um 9.000 abnehmen wird. Das wäre ein geringerer Rückgang als während der Pandemie, wo die jährlichen Schließungen teilweise im fünfstelligen Bereich lagen.

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22 Kommentare

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  • Mit hohen Sprit- und ÖPNV-Ticket-Preisen hat das nichts zu tun?

    Ich könnte mir vorstellen, dass der massive Reallohnverlust der letzten Jahre durchaus eine Motivation sein könnte, lieber mal in der Nähe ein paar Meter zum Einkaufen zu laufen, statt in die Stadt (oder auf die ehemals grüne Wiese) zu fahren.

  • "Dezentral"

    Was für ein beschönigender Begriff für die riesigen autogerechten Einkaufsanstalten außerhalb der Innenstädte.

    • @Rudolf Fissner:

      Das wäre doch eine Lösung. Mit Shopping Malls außerhalb der Metropolen lassen sich die Städte dann endlich autofrei gestalten ;)

  • Wie lange geben wir den Einkaufstempeln auf der "Grünen Wiese" noch, wo man idR. nur mit der Karre hinkommt? Vor Jahrzehnten gebaut, als ein Wochenende

    "Einkaufen *fahren*"



    "Fussball"



    "Grillen"

    noch als cool galt. Lange her.

    • @Bunte Kuh:

      Fußball,Grillen,Einkaufen.



      Diese 3Dinge finde ich immer noch,wie Sie es sagen COOL

  • Schon Bornemann gesehen? Die Innenstädte verlieren, weil hässliche Betonwüsten sind, die Männliche Beamten vor allem fürs Autoverkehr geplant hatten.

    • @CallmeIshmael:

      Bornemann ist seit 2014 im Ruhestand. Und was er mit Innenstädten zu tun? Seit dem Revival von Eloy hab ich ihn nicht mehr gesehen...

    • @CallmeIshmael:

      Stimme ich Ihnen völlig zu.



      Nur was bedeutet „Schon Bornemann gesehen?" Darüber hab ich nichts gefunden.

  • Was auch ein Faktor sein dürfte: Die öden Innenstädte, die sich architektonisch und vom Angebot her gleichen wie ein Ei dem anderen. Wer in der Innenstadt einkauft, kann das in jeder beliebigen Metropole tun, er wird immer mit dem gleichen öden Kram der immer gleichen öden Ketten herauskommen. Individuelle, inhabergeführte Läden findet man in den Innenstädten kaum noch. Dazu ist die Aufenthaltsqualität meist mit der einer Autobahnzufahrt zu einer siffigen Autobahnraststätte vergleichbar. Die Aussage ist klar: Kauf, konsumier, iss, trink oder hau ab. Es gibt keine Anwohner:innen, die ihr Quartier mitgestalten, da Wohraum konsequent aus den Stadtzentren verdrängt wurde.

    • @Anne Pipenbrinck:

      Selbst wenn in den Innenstädten mehr Anwohner angesiedelt werden sollten hat das Einkaufskonzept Innenstadt weitestgehend ausgedient. Die einzige Metropole, die wirklich noh zum Shoppen einlädt und einen wunderschönen individuellen Einzelhandel hat, der nicht durch Online-Handel kompensiert werden kann, ist Wien.

      In Deutschland lieber nach US-Vorbild eine große Shopping-Mall ausserhalb der Stadt aus dem Boden stampfen, wo man das Prinzip Kaufen, Essen, Abhauen wunderbar zelebrieren kann. Überlasst die Innentädte halt den Einwohnern die es sich dank staatlicher Hilfen leisten können. Der Rest ist eh schon längst weg.

      • @SeppW:

        Gerade die US of A scheinen ja ein Ursprungsort zu sein, von denen wir die Oberflächlichkeit importiert haben. "it has been a pleasure serving you" bedeutet allzuoft eben einfach *gar nichts*.

      • @SeppW:

        Nun, auch das kann "der Markt regeln", wenn auch anders als mal angedacht.

        Eist galten Innenstädte als Super-Standort. Damit wurden die Mieten



        superteuer - und das Angebot immer langweiliger.

        Wenn nun die Kunden



        wegbleiben, bleibt wohl nur das große Umdenken.

        Eigentlich sind kleine,



        kundennahe Läden ein sinnvoller Gegenpol zum anonymen Onlinehandel - und das geht am besten in



        der Tat dezentral (so, wie es mal war)

        • @Bunte Kuh:

          Das Umdenken findet ja bereits statt. Die Innenstädte richten sich nun priorisiert in Punkto Warenangebot nach dem Klientel aus, was noch in den Städten lebt. Also Lebensmitteldiscounter, Barbershops, Shishabars, 1 €-Läden und Billigtextil-Verkaufsbuden. Der Rest versammelt sich in Shopping-Malls oder setzt auf Online-Handel. Die kleinen Geschäfte will ich in dem Zusammenhang ausklammern, die sind bis zuletzt sowieso nie in den Metropol-Innenstädten angesiedelt gewesen. Die merken vom Laufkundschaft-Schwund also nicht soviel, es sei denn die Behörden verursachen auf künstliche Art und Weise einen Mangel wie zuletzt in der Berliner Friedrichstrasse.

  • Tja... hätte man mal bewohnte Innenstädte.

    • @Annette Thomas:

      Autofreie Innenstädte sind auch toll, besonders im Ausland, wo man über die schönen belebten Piazze schlendert und das südländische Flair genießt. Aber natürlich würde das in Deutschland nicht funktionieren, weil (bei CDU/CSU/FDP und anderen Realitätsverweigerern nachschauen) nur Parkplätze direkt in der Innenstadt die Kunden bringt.

      • @Residuum:

        "Realitätsverweigerer"

        Die fahrradfreundlichste Stadt in DE (Wettringen mit der Note "gut") wird von der CDU regiert: www.tagesschau.de/...unen-adfc-101.html

        Rot-Grün-Rot regierte Städte wie Bremen erreichen gerade mal ein "ausreichend"

      • @Residuum:

        Auch die "Ewiggestrigen" werden irgenwann merken, dass auch das Modell "Auto" immer mehr aus der Zeit fällt, je weniger Menschen "Bock" haben, ihre wertvolle freie Zeit mit Fahrerei zu vergeuden, anstatt nur uber die Straße zum nächsten Laden zu gehen. Der Standortvorteil der Zukunft heißt "Nähe". Und damit mein ich nicht Online.

        • @Bunte Kuh:

          Die "Nähe" hat einen großen Haken "Bunte Kuh",sie muss sich für den Ladeninhaber finanziell auszahlen.

      • @Residuum:

        Du meinst das Ausland, was sich auf Grund der EU-Zuschüsse autofreie Innenstädte leisten kann ?

        • @SeppW:

          Wenn wir ehrlich sind, scheitern die autofreien Innenstädte in D nicht daran, dass wir unser Geld für den Umbau an andere Länder herschenken. Wir wollen einfach nicht.



          Mit "wir" meine ich die Schwarm"intelligenz" der Deutschen.