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Studie zu Hitze und GesundheitKlimakrise kostet Schlaf

Steigende Temperaturen gehen auch auf Kosten der Schlafqualität, sagt eine Studie. Besonders betroffen sind ärmere und ältere Menschen.

Gesundheitliche Schäden durch extreme Hitze zeigen sich nicht nur am Tag Foto: dpa

Berlin taz | Erst Indien und Pakistan, nun Italien. Eine Hitzewelle folgt der nächsten, das italienische Gesundheitsministerium gab bereits für fünf Städte Hitzewarnungen aus. In Rom oder Perugia etwa solle man sich nur vormittags und abends draußen aufhalten. Hitze hat negative Folgen für die Gesundheit, wie etwa den erhöhten Flüssigkeitsverlust und die höhere UV-Belastung. Nun fand eine Untersuchung heraus, dass wir wegen der Klimakrise auch noch wichtige Schlafzeit verlieren.

Die im Mai 2022 veröffentlichte Studie untersuchte, wie sich Schlafzeit und Temperatur zueinander verhalten. Der menschliche Körper muss sich zum Einschlafen erst abkühlen. Das ist bei heißen Temperaturen schwieriger, der Schlafzeitpunkt verschiebt sich bei Hitze nach hinten.

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Nicht alle Bevölkerungsgruppen sind vom Hitzeffekt gleichermaßen betroffen. Ärmere und ältere Menschen sowie Frauen verlieren überdurchschnittlich viel Schlaf. So ist der Schlafverlust pro Grad Erwärmung in ärmeren Ländern dreimal so hoch wie in reicheren Ländern. Ursache dafür könnte der schlechtere Zugang zu etwa Ventilatoren oder Klimaanlagen sein, mutmaßen die Autor:innen. Denn nicht alle Menschen können sich diese leisten.

Bei älteren Menschen ist die Körpertemperaturregulierung schlechter. Laut Studie steigt der Schlafverlust pro Grad Erwärmung bei über 65-jährigen deshalb um etwa 50 Prozent. Frauen schlafen bei gleichem Temperaturanstieg etwa 25 Prozent weniger als Männer, denn Frauenkörper kühlen durchschnittlich früher ab. Wenn es abends aber noch sehr heiß ist, haben diese Körper Schwierigkeiten damit, sich zum biologisch richtigen Zeitpunkt abzukühlen. Der Schlafzeitpunkt verschiebt sich weiter nach hinten. Im Schnitt verlor ein:e Stu­di­en­teil­neh­me­r:in etwa 44 Stunden Schlaf pro Jahr aufgrund steigender Temperaturen.

Erster Beweis auf planetarischer Ebene

Für die Studie wurden 47,628 Menschen nachts Armbänder zur Schlaferfassung angelegt. So erhielten die Au­to­r:in­nen Daten zu mehr als 7 Millionen Nächten in über 68 Ländern, von 2015 bis 2017. „In dieser Studie liefern wir den ersten Beweis auf planetarischer Ebene, dass wärmere Temperaturen als die Durchschnittstemperaturen den menschlichen Schlaf beeinträchtigen“, sagt Studienautor Minor.

Die Effekte waren vermutlich auch während der Hitzeperioden im März, April und Mai in Indien und Pakistan bemerkbar. „Wenn man sich die Hitzewelle anschaut, die derzeit in Indien und Pakistan herrscht, sprechen wir von Milliarden von Menschen, die Bedingungen ausgesetzt sind, die zu einem erheblichen Schlafverlust führen können“, so Minor Mitte Mai. Der diesjährige März war der heißeste März seit Beginn der Aufzeichnungen in beiden Ländern. Gut schlafen konnten viele Pakistani und In­de­r:in­nen sicherlich nicht.

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8 Kommentare

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  • 0G
    03998 (Profil gelöscht)

    Es sollte vielleicht auch berücksichtigt werden, dass es in größeren Städten 4-8 Grad wärmer ist als in der Umgebung.



    Da wird es immer wärmer, weil ja auch z.B.: nachverdichtet wird, Grünflächen, Schrebergartensiedlungen usw Platz für neue Bebauung machen müssen. Ein schönes Beispiel dafür, dass der Mensch anstatt sich an die Klimaerwärmung durch geeignete Maßnahmen anzupassen, diesen Vorgang noch weiter verschärft.

  • Das Diagramm ohne Angabe der Messbedingungen würde wohl eher in ein Produkt der Regenbogenpresse passen, aber nicht in die taz! Was X- und Y-Achse beinhalten, lässt sich notfalls noch dem Text entnehmen. Aber wo wurde die Temperatur gemessen? Draußen, im Schlafzimmer oder im Bett? Und wann wurde gemessen, zu Mittag, beim Schlafengehen oder um Mitternacht? Womit haben sich die Versuchspersonen zugedeckt? Genauso wichtig wie die Schlafdauer ist die Schlafqualität. Die wurde nur im Untertitel angesprochen, nicht aber im Beitrag!



    Genauso verwundert, dass die für das Weltklima schädlichen Klimaanlagen fast schon empfohlen werden!

    • @Pfanni:

      "...die für das Weltklima schädlichen Klimaanlagen..."



      Klimaanlagen lassen sich problemlos mit Solarstrom betreiben; Stromangebot und -bedarf sind deckungsgleich.

      • @sollndas:

        Ein Großteil der Klimaanlagen dieser Welt werden eben nicht mit EE betrieben, sondern sehr wahrscheinlich mit Kohlestrom. Zudem beinhalten viele der älteren Geräte äußerst klimaschädliche Treibhausgase, die nicht immer vorschriftsmäßig entsorgt werden.

        Die billigste & cleverste Kühlung ist deshalb die Wasserkühlung. Egal ob größere Pflanzen, nasse Betttücher oder ein Zimmerspringbrunnen mit Lüfter (6W) - die Verdunstungskälte von 1L Wasser beträgt ~ 0,68KWh und kostet somit ~ 0,2 €-cent.



        Zuhause kühle ich mein Büro mit dem eingehenden Brauchwasser(ca. 100L/Tag), das auch im Sommer ~ 16-17°C kalt ist. Bis zum abend erreicht es an sehr heißen Tagen(35°C) eine Temperatur von ~28°C, was ich an diesen Tagen als optimale Duschtemp.



        empfinde.

        Was passieren würde, wenn man/frau die ganze Welt mit höheren Verdunstungsraten kühlt - lesen Sie hier: climate-protecion-...ware.webnode.page/

        • @Matthias Schürle:

          "...sondern sehr wahrscheinlich mit Kohlestrom."



          Was sich bei Klimaanlagen technisch problemlos mit ein paar Solarmodulen ändern lässt.



          Nicht technisch problemlos ändern lässt sich das bei Heizungswärmepumpen. Die werden vorwiegend zu einer Jahreszeit betrieben, zu der es kaum Solarstrom gibt und Ökostrom daher knapp bleiben wird.



          Woraus nach taz-Logik messerscharf folgt:



          * Klimaanlagen sind böse. [ taz.de/!s=Klimaanlage/ ]



          * Wärmepumpen sind guuut! [ taz.de/!s=W%25C3%25A4rmepumpe/ ]

  • Es müssen erst immer die Engsten der Umgebung abkratzen, bevor manche? Menschen ihr Verhalten ändern. Prost! 🍻👻

  • Interessante Grafik. Bei 30 grad schläft man 10 min weniger als bei 0 grad. Da die meisten eher so bei um die 20 grad schlafen, beträgt der schlafverlust so ca 4-5 Minuten bei 30 Grad. Das soll signifikant sein und bei 7-8 Stunden Schlaf ein großes Problem sein? Und wo gab es die Leute die bei -20 grad geschlafen haben?



    Da wird wohl eine Aufschlüsselung sinnvoll sein um zu erklären, wieso ältere 50% Schlafverlust haben.



    Abgesehen davon, dass die Armbänder hoffentlich besser funktioniert haben, als so manche tracker die auf dem Markt sind. Die zeigen Schlaf häufig nicht richtig an.

    • @fly:

      Ich stimme Deiner Bewertung aus folgenden Gründen nicht zu:

      - die Beeinflussbarkeit der Schlafqualität unterscheidet sich zwischen Menschen, einige sind sehr robust, andere sehr empfindlich. Ein Durchschnitt von sieben Minuten bedeutet also für die, die empfindlich sind, viel mehr.

      - besonders stark wird der Schlaf derjenigen beeinträchtigt, die bereits mehr Schlafdefizite haben, Menschen in hohem Alter, Menschen mit Krankheiten. Viele von ihnen haben bereits zu wenig Schlaf, jeder weitere Beeeinträchtigung gefährdet ihre körperliche und seelische Gesundheit in besonders hohem Maß.

      - Personen der Mittelschicht und Oberschicht verfügen wesentlich öfter über Klimaanlagen und Ventilation (die allerdings klimaschädlich sind). Personen mit Klimaanlagen sollten gar nicht beeinträchtigt werden in ihrer Schlafqualität, was das Ausmaß für die ohne Klimaanlagen weiterhin verschärft, weil diese Personen sind ja auch im Mittelwert enthalten.

      Unter Berücksichtigung dieser Aspekte finde ich die Ergebnisse beunruhigend, aber leider nicht überraschend.