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Streit zwischen Chef und BetriebsratMachtkampf bei VW

Konzernchef Herbert Diess will massiv Arbeitsplätze bei Volkswagen abbauen und provoziert den Betriebsrat. Das könnte den Top-Manager den Job kosten.

Überlistet mit Aussagen zu Stellenabbau: VW-Chef Herbert Diess Foto: Matthias Rietschel/reuters

Berlin taz | Der Betriebsrat des Autobauers Volkswagen zeigt sich im Machtkampf mit Konzernchef Herbert Diess um einen möglichen massiven Stellenabbau kämpferisch. „Hier ist nicht ein Mensch zu viel an Bord“, sagte die Konzernbetriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo am Donnerstag bei einer Versammlung mit mehreren Tausend Beschäftigten in Wolfsburg.

Es war wegen der Coronakrise die erste derartige Belegschaftsveranstaltung seit fast zwei Jahren. Daran teilgenommen haben auch VW-Chef Herbert Diess und der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Niedersachsen gehört zu den Anteilseignern des Konzerns. Anders als bei den sonst üblichen Betriebsversammlungen konnten bei dieser sogenannten Betriebsinformation die Beschäftigten keine Fragen stellen. Die Veranstaltung hatte im Vorfeld für Aufsehen gesorgt. Ursprünglich hatte VW-Chef Diess nicht teilnehmen wollen – eine Brüskierung der Belegschaft und des Betriebsrats.

Ohnehin ist die Stimmung denkbar schlecht. Nach einem Bericht des Handelsblatts sollen die Ver­tre­te­r:in­nen der Beschäftigten im Aufsichtsrat Diess das Vertrauen entzogen haben, nachdem der den Abbau von 30.000 Jobs ins Spiel gebracht hatte. Das könnte dem Top-Manager gefährlich werden: Ein spezieller Ausschuss des Aufsichtsrats soll nun klären, ob oder wie es mit Diess weiter geht. Der Ausschuss wird tätig, wenn im Aufsichtsrat die nötige Zweidrittelmehrheit für Personalentscheidungen nicht zustande kommt.

Mitglieder des Ausschusses sind IG-Metall-Chef Jörg Hofmann, die VW-Betriebsratschefin Cavallo, Ministerpräsident Weil und der VW-Aufsichtsratsvorsitzende Dieter Pötsch. Hofmann, Cavallo und Weil eint, dass sie so viele Jobs wie möglich in Niedersachsen erhalten wollen. Es würden „vertrauensvolle und konstruktive Gespräche geführt“, verlautete es aus gut informierten Kreisen des Unternehmens. Aus Kreisen der Ar­beit­neh­mer­ver­tre­te­r:in­nen hieß es, man arbeite nicht an der Ablösung von Herbert Diess, aber es gebe erheblichen Gesprächsbedarf.

Diess hatte bei der Aufsichtsratssitzung im September überraschend über den Abbau der 30.000 Stellen gesprochen. Üblich bei VW ist, solche Überlegungen mit dem Betriebsrat abzustimmen, bevor sie in den Gremien behandelt werden. Im Anschluss an diese Sitzung hatte Diess die Einladung von Cavallo zu einer Betriebsversammlung ausgeschlagen.

Immer wieder Kurzarbeit

Die Unruhe in der VW-Belegschaft ist groß. Die Autobranche steht wegen der Umstellung auf E-Mobilität vor einem großen Umbruch. VW ist zwar unter den europäischen Autobauern führend im E-Bereich. Aber beim Bau von Elektroautos werden weniger Arbeitskräfte gebraucht als für die Herstellung konventioneller Fahrzeuge, weil viel weniger Teile verbaut werden. Die strukturellen Probleme werden verschärft durch die Coronakrise, durch die der Absatz von Fahrzeugen eingebrochen ist, und vor allem durch den Mangel an Halbleitern. Die Belegschaft wird immer wieder in Kurzarbeit geschickt. Obwohl VW das Kurzarbeitergeld voll aufstockt, haben die Beschäftigten finanzielle Einbußen, etwa weil Zulagen wegfallen.

Im Wolfsburger VW-Werk wird bislang noch kein E-Modell gebaut. Ab 2026 soll Modell Trinitiy dort hergestellt werden. Der Betriebsrat drängt darauf, früher in Wolfsburg mit dem Bau von E-Autos zu beginnen. Zurzeit laufen bei VW die Verhandlungen über die sogenannte Planungsrunde, einem Investitionsplan für mehr als 100 Werke. Für die Ver­tre­te­r:in­nen der Beschäftigten ist das ein wichtiges Instrument, um Einfluss auf die Stellenentwicklung zu nehmen – im Zweifelsfall können sie die Pläne blockieren.

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7 Kommentare

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  • Ganz im Gegensatz zu einigen Kommentatoren empfinde ich den massiven Abbau von Arbeitsplätzen relativ einfallslos. Veränderungen müssen auch anders möglich sein. Wenn ich mir überlege, dass ich am Anfang meines Arbeitslebens doch wesentlich andere Dinge tun musste als später, dann bin ich dem Staat als Arbeitgeber richtig dankbar, dass er mich nicht einfach raus geschmissen hat.

  • VW ist ein halbstaatlicher Tanker mit viel zu vielen unterschiedlichen Interessen. Dieses Modell hat vor der E-Mobilität gut funktioniert.

    Nun ist die Zeitenwende aber da, und Herbert Diess weiß, dass er dem Tanker eine neue Kultur und Form verpassen muss, denn sonst wird er unweigerlich irgendwann untergehen.

    Entweder schafft VW die Kehrtwende, und das zwar bald, oder es brechen schwere Zeiten über den Konzern herein. Diess hin oder her.

    Diess Problem sind einfach die Leute von gestern mit den Denkweisen von gestern, die auch in Zukunft an diesen festhalten wollen. Und das kann nur schief gehen.

  • wie die Kohlekumpel... man will nicht hören das man sich ändern muss, wählt Parteien die erzählen was man hören möchte... und dann wird man geändert. Schnell und Schmerzhaft.

    Diess versucht die Sch..... zu beseitigen die seine Vorgänger hinterlassen haben, zu retten was zu retten ist. Und seinen wir ehrlich: von allen außerhalb Chinas und abseits von Tesla: VW ist am besten aufgestellt. Die erste Generation e-Autos ist ein wenig Mittelklasse von der Technik her, ein wenig teuer, Diess spart zu sehr am hochwertigen Innenraum, aber ansonsten ist der Kram solide.

    Wenn jetzt der Betriebsrat meint man müsse Motorbau, Getriebewerke, .... retten. Sorry Leute. Ihr habt den Schuß noch nicht gehört. Wacht auf. Oder ihr werdet geändert!

  • Herbert Diess spricht als einziger mit Führungsverantwortung in der dt. Auto-Industrie vehement über die Dringlichkeit der notwendigen Veränderung.

    Was stellen sich Diess' Kritiker eigentlich vor, wer hier sonst noch rechtzeitig die nötige Veränderung umsetzen soll, wenn man ihn fallen lässt? Denn der Garant für den maximalen Verlust an Arbeitsplätzen ist es, die notwendige Veränderung nicht rechtzeitig auf den Weg gebracht zu haben. Dafür reicht es nicht, sich dazu "bereit" zu erklären, da muss man dann schon auch einen Plan für haben.

    • @patrickh:

      "Herbert Diess spricht als einziger mit Führungsverantwortung in der dt. Auto-Industrie vehement über die Dringlichkeit der notwendigen Veränderung."



      Welche "notwendige Veränderung"? M.E. wären dies z.B. kleinere, leichtere, sparsamere Autos. Von denen vermag ich bei Herrn Diess allerdings nichts zu bemerken.

      • @sollndas:

        " M.E. wären dies z.B. kleinere, leichtere, sparsamere Autos."

        Vielleicht richtig, aber was sollen die Manager machen: nicht nur sagen wir bauen jetzt andere Autos sondern auch noch sagen "übrigens, wir stellen auf Fahrzeuge um, mit denen wir weniger Gewinn machen"

        Ne, das muss von der Politik kommen. Noch haben wir Kapitalismus und freie Marktwirtschaft. Was sie hier anregen wäre wirtschaftlicher Selbstmord für ein Unternehmen wie VW. Außerdem würden andere die Lücke mit Freuden füllen

    • @patrickh:

      Das Problem ist viel weniger die Notwendigkeit der Veränderung, auch ein Wegfall eines erheblichen Anteils der Arbeitsplätze trägt der Betriebsrat mit. Die Situation kann ja selbst der hartgesottenste Linke nicht bestreiten.

      Was Diess aber macht sind unnötige Kriege und Krabenkämpfe mit Betriebsrat, Aufsichtsrat,…usw. der Mann ist ein Genie, passt aber schlecht zu VW und ist als Führungskraft zweifelhaft.