Neue VW-Betriebsratschefin Cavallo: Mächtige Frau in Wolfsburg

Daniela Cavallo wird die neue VW-Betriebsratschefin. Damit ist sie eine der mächtigsten Personen im Riesenreich von Volkswagen.

Daniela Cavallo sitzt an einem Schreibtisch

Daniela Cavallo wird die Nachfolgerin des VW-Betriebsratschefs und Aufsichtsrat Bernd Osterloh Foto: Kevin Nobs/dpa

BERLIN taz/rtr | Sie wird „nur“ neue Betriebsratschefin – aber das heißt in Wolfsburg, dass Daniela Cavallo bald sehr viel Macht bekommt. Die 46-Jährige wird die erste Frau an der Spitze des VW-Konzernbetriebsrats. Das teilte der Betriebsrat am Freitag mit. Die Tochter eines italienischen Gastarbeiters werde auch das Mandat des noch amtierenden Betriebsratschefs Bernd Osterloh im Aufsichtsrat und in dessen engerem Führungszirkel, dem Präsidium von Volkswagen, übernehmen.

Hintergrund ist, dass der langjährige Betriebsratschef Osterloh auf die Unternehmensseite wechselt und Personalvorstand bei der Volkswagen-Nutzfahrzeugtochter Traton wird – nach 16 Jahren im Amt übergibt der 64-Jährige seinen Posten an seine bisherige Stellvertreterin Cavallo.

Cavallo, die erst seit Anfang 2019 Osterlohs Stellvertreterin ist, wird damit Chefin der wohl mächtigsten Arbeitnehmervertretung der Welt. Die gelernte Bürokauffrau und studierte Betriebswirtin ist bereits seit 2002 Betriebsrätin, zunächst in der Auto 5000 GmbH, in der damals vor allem Arbeitslose und von Arbeitslosigkeit bedrohte Personen zu Bedingungen unterhalb des Haustarifs (5.000 DM brutto) beschäftigt wurden.

Der Betriebsrat bei Volkswagen hat aufgrund der Geschichte des derzeit der weltweit zweitgrößten Autobauers eine besondere Stellung. Gegen die Arbeitnehmervertretung und das mit 20 Prozent an dem Autobauer beteiligte Land Niedersachsen kann so gut wie keine wichtige Unternehmensentscheidung durchgesetzt werden.

Ende einer Ära

Das heißt, dass Einschnitte bei den Mitarbeitenden extrem selten sind. So vermied der Konzern 1994 die Entlassung von etwa 30.000 MitarbeiterInnen durch die Einführung der 4-Tage-Woche. Die Macht der VW-Arbeitnehmervertreter hat schon mehrfach zu Konflikten geführt. Investoren kritisieren seit langem eine mangelnde Transparenz und werfen VW schlechte Unternehmensführung vor. Osterlohs Wechsel zu Traton dürfte diese Kritik nicht verstummen lassen.

Der Wechsel gilt nicht nur als das Ende einer Ära, in der der Betriebsratschef Osterloh als „Co-Manager“ wichtige Fäden in dem Konzern mit weltweit rund 660.000 Mitarbeitern in den Händen hielt. Damit könnten sich auch die Machtverhältnisse zugunsten des Managements verschieben, meinen Branchenexperten. „Der schärfste Widersacher von VW-Chef Herbert Diess ist aus dem Weg geräumt und man kann sagen, dass dies die Möglichkeit schafft, VW rationaler zu führen“, ordnete Arndt Ellinghorst von Bernstein Research die Nachricht ein.

Mehr als 90 Prozent der VWler sind bei der IG Metall organisiert. Es lohnt sich: Das zeigt sich nicht nur am ungewöhnlich üppigen Haustarif, sondern auch daran, dass Arbeitnehmervertreter ohne Probleme auf höchste Chefposten im Konzern wechseln. So wurde 2019 Gunnar Kilian, enger Vertrauter von Osterloh, Personalchef von VW.

In der Spitze bis zu 750.000 Euro verdient

Osterloh hatte 2005 infolge des Skandals um Boni, Schmiergelder und Lustreisen auf Firmenkosten den wichtigen Betriebsratsposten übernommen. Er hatte 2017 erklärt, in der Spitze bis zu 750.000 Euro im Jahr verdient zu haben. Sein Gehalt werde vom Unternehmen festgelegt und entspreche dem Betriebsverfassungesetz.

Der Wechsel dürfte zumindest den Stil in Wolfsburg ändern: Während Osterloh als Polterer bekannt ist, gilt Cavallo als ruhiger – aber nicht minder durchsetzungsstark. „Sie lässt sich vom Management nicht die Butter vom Brot nehmen“, heißt es in Betriebsratskreisen.

Zwischen 2004 und 2008 unterbrach die zweifache Mutter als damals erste Betriebsrätin im Konzern ihren Job für eine Elternzeit. Abends studierte sie nebenbei BWL, seit 2013 ist sie Mitglied des Gesamtbetriebsrates – und hier vor allem mit Personalfragen befasst. Als Cavallos Verdienst gilt die Einrichtung eines konzernübergreifenden internen Online-Arbeitsmarktes – zuvor hingen die Stellenausschreibungen im VW-Werk in Wolfsburg am Schwarzen Brett.

Die Konzernspitze von Volkswagen würdigte Osterlohs langjährigen Einsatz für den Konzern. Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch erklärte: „Er hat wichtige strategische Schritte zur Weiterentwicklung des Konzerns und bei der Transformation mitgetragen und mit vorangetrieben.“

Die Familien Porsche und Piech, die über die Holding Porsche SE die Mehrheit an Volkswagen halten, erklärten, man sei nicht immer einer Meinung gewesen. Es stehe aber außer Frage, dass Osterloh aufgrund seines unternehmerischen Geschicks und seiner hohen fachlichen Kompetenz für die Vorstandsposition bei Traton qualifiziert sei. „Wir erwarten deshalb von ihm, dass er einen entscheidenden Beitrag bei der laufenden Restrukturierung im Traton-Konzern leisten wird.“

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