Streit um Amazonasabholzung in Brasilien: Bolsonaro entzweit Berlin
Im Amazonas wird verstärkt gerodet. SPD-Ministerin Schulze will deshalb Gelder einfrieren. Brasiliens Präsident Bolsonaro lässt das kalt.
Dass der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro dem Schutz des Regenwaldes keine Priorität einräumt, ist nicht neu. Zu nahe steht der Ultrarechte der Agrarlobby, die im Amazonas Weideflächen beansprucht.
Doch nun hat die deutsche Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) eine Konsequenz auf die zunehmende Abholzung angekündigt. Sie will rund 35 Millionen Euro einfrieren, die im Rahmen der Internationalen Klimaschutzinitiative (IKI) für Schutzprojekte zur Verfügung stehen sollten. „Die Politik der brasilianischen Regierung im Amazonas lässt Zweifel aufkommen, ob eine konsequente Reduzierung der Entwaldungsraten noch verfolgt wird“, hatte Schulze dem Tagesspiegel gesagt. Deshalb würden nun nur noch laufende Projekte weitergeführt.
Schulze reagierte damit auf Zahlen, die kürzlich von der brasilianischen Weltraumagentur INPE veröffentlicht wurden: Im Juni waren danach 88 Prozent, im Juli sogar 278 Prozent mehr Regenwald illegal abgeholzt worden als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Die legale Entwaldung war derweil seit 2009 von 7.460 Quadratkilometer auf 7.900 im Jahr 2018 leicht angestiegen: eine Fläche etwa halb so groß wie Schleswig-Holstein.
Bolsonaro hatte den Direktor des Instituts, Ricardo Galvao, daraufhin der Lüge bezichtigt und unterstellt, er handele im Auftrag ausländischer Aktivisten und sorge für ein schlechtes Ansehen des Landes. In der vergangenen Woche musste der 71-jährige Galvao sein Amt räumen.
Schulzes Ankündigung ließ Bolsonaro unbeeindruckt. Deutschland werde nun aufhören, das Amazonasgebiet auf Raten aufzukaufen, sagte er und empfahl, das Geld für etwas Sinnvolles auszugeben. „Brasilien braucht es nicht“, unterstrich der Präsident.
Geld ist ohnehin derzeit blockiert
Aber: Berlin streicht nicht alle Gelder für Brasilien. Neben den 35 Millionen aus der IKI, für die das Bundesumweltministerium zuständig ist, steht auch der deutsche Beitrag zum Amazonas-Fonds infrage, der aus dem Haus von Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) kommt. Der Fonds speist sich hauptsächlich aus Beiträgen von Norwegen. Von etwas mehr als 753 Millionen Euro stammen knapp 43 Millionen aus Deutschland.
Im Mai hatte Brasiliens Umweltminister Ricardo Salles angekündigt, Teile des Fonds für die Entschädigung von Grundbesitzern im Amazonasgebiet aufwenden zu wollen. Die Gelder aus der Internationalen Klimaschutzinitiative werden vor allem für den Schutz der Biodiversität eingesetzt. Der weitaus größere Betrag aus dem Amazonas-Fonds unterstützt hingegen neben Wiederaufforstung auch die Qualifizierung indigener Waldbewohner*innen.
Das Geld aus dem Fonds ist ohnehin derzeit blockiert: In diesem Jahr ist noch keines der 54 Projekte, die sich um Förderung beworben hatten, angenommen worden. Die Bewerbungen befänden sich derzeit noch in der technischen Überprüfung, meldete das Nachrichtenportal G1 am Montag.
Die Regierung Norwegens hat stets davor gewarnt, den Fonds, den Oslo als größter Geldgeber mitfinanziert hat, nicht weiterzuführen. „Es wäre ein Rückschritt, er ist Inspiration für andere waldreiche Länder“, erklärte Klima- und Umweltminister Ola Elvestuen noch im Juli. Deutschland solle sich nicht zurückziehen, sagte auch Øyvind Eggen, Generalsekretär des norwegischen Regenwaldfonds, zur taz: „Denn damit würde Deutschland zeigen, dass es Bolsonaros Behauptung akzeptiert, der Amazonas sei eine interne nationale Angelegenheit. Bei der Zusammenarbeit mit Brasilien geht es nicht um die Unterstützung Brasiliens, sondern um gemeinsame Anstrengungen zur Sicherung der Zukunft der Erde.“
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