piwik no script img

Amazonas-Fonds für BrasilienAuch Norwegen stoppt Zahlungen

Nach Deutschland reagiert nun auch Norwegen auf die dramatische Abholzung von Regenwald. Die Skandinavier waren bislang die größten Geldgeber.

Ein Holzfäller mit Kettensäge im Regenwald des Amazonas Foto: dpa

Berlin/São Paulo epd | Nach Deutschland hat auch Norwegen als größter Förderer des Amazonas-Fonds seine Einzahlungen gestoppt. Brasilien halte die vereinbarten Regelungen zum Schutz des Regenwaldes nicht ein, sagte Norwegens Klimaminister Ola Elvestuen der Tageszeitung Dagens Næringsliv zur Begründung. Norwegen stellt mit 1,2 Milliarden US-Dollar den weitaus größten Teil des Amazonas-Fonds um Schutz des Regenwaldes. Deutschland hat bislang etwa 55 Millionen Euro an Fördergeld überwiesen. Insgesamt hat der Fonds rund 1,3 Milliarden Euro bekommen.

Im Juli war die illegale Abholzung des Amazonas-Regenwaldes fast dreimal so hoch wie im Vorjahresmonat. Brasiliens rechter Präsident Jair Bolsonaro hatte die alarmierenden Daten des brasilianischen Weltrauminstituts Inpe, das seit 30 Jahren die Abholzung des Regenwaldes via Satellit überwacht, als Lüge abgetan. Bolsonaro will Naturschutzgebiete im Amazonas für den Bergbau freigeben und dafür auch Gebiete der Ureinwohner opfern.

Brasiliens Umweltminister Ricardo Salles warf Norwegen vor, Brasilien vorzuverurteilen. Norwegen sei ein Land, das Erdöl fördert und Wale jagt, sagte Salles. Das Land habe eine „verzerrte Sicht“ auf den Klimaschutz.

Zuvor hatte auch schon die deutsche Umweltministerin Svenja Schulze angesichts der dramatisch zugenommenen Abholzung des Regenwaldes unter der Regierung Bolsonaro die Projektzusammenarbeit mit Brasilien teilweise aufgekündigt. Nach einem Bericht des Tagesspiegels soll in einem ersten Schritt ein Betrag von rund 35 Millionen Euro eingefroren werden. Die Zusammenarbeit könne nur fortgeführt werden, wenn Klarheit darüber herrsche, ob eine konsequente Reduzierung der Abholzungen verfolgt werde, sagte die SPD-Politikerin dem Blatt.

Streit über Rolle der Zivilgesellschaft

Streit zwischen den größten Geberländern Norwegen und Deutschland sowie Brasilien herrscht auch über die Zusammensetzung des Gremiums, das über die Vergabe der Mittel des Amazonas-Fonds entscheidet. Salles will Nichtregierungsorganisationen und Vertreter der Zivilgesellschaft aus dem Beirat drängen, weil sie seiner Meinung nach ineffizient arbeiteten. Dagegen wehren sich Norwegen und Deutschland, die dies auch der brasilianischen Regierung offiziell mitgeteilt haben.

Schon im Jahr 2018 wurde so viel Regenwald vernichtet wie seit einem Jahrzehnt nicht mehr. 2019 wird das Vorjahr nach Einschätzung von Experten übertreffen. Sie erwarten in diesem Jahr einen Anstieg der illegalen Abholzung um insgesamt 45 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, wie die Tageszeitung Folha de São Paulo berichtete. Derzeit verschwindet im Amazonasgebiet eine Waldfläche von bis zu drei Fußballfeldern pro Minute.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Wir brauchen effektivere Instrumente. Es kann nicht sein dass ein Staatschef alleine einfach mal eben den Amazonas abholzen læsst und damit das Klimachaos für alle womöglich schon über den Kipppunkt treibt. Offenbar ist die kurzfristige Ausbeute und sind Schmiergeldzahlungen globaler Holzfirmen an Brasiliens Regierung sehr viel hõher als der Fond. Wir brauchen internationalen Schutz und ein internationales Dauertribunal für Umwelt- und Kimazerstörer das auch globale Konzerne schnell und effektiv ausbremst und Zerstörungen sofort stoppt. Das muss natürlich für alle Lænder und mangelnde Maßnahmen zum Schutz oder aktiver Umweltzerstõrung gelten da müsste sich auch die deutsche regierung warm anziehen mit ihrer unseligen seit Jahrzehnten gewachsenen Abhængigkeit von der Autoindustrie und entsprechenden Politik Sinne der Konzerninteressen die nicht im Traum daran denken freiwillig aus dem Verbrennumgotor auszusteigen.

  • Das ist so verlogen und dazu noch kontraproduktiv. 35 Millionen sind schon mal ein völliger Witz. Man vergleiche allein die 8+ Milliarden(!), die Brasilien mittels Subventionen - direkt und indirekt - in den Holzeinschlag steckt (2016). Die lächerlich wenigen deutschen Kröten gehen vermutlich aber tatsächlich in nützliche Projekte, und werden nun auch noch gestrichen. Zugleich importieren wir - Deutschland und die EU insgesamt - Soja, Holz, Fleisch und ‚Biodiesel‘, deren Handelswert das zigfache ergeben. Und wir schließen das Mercosur-Abkommen ab, wodurch die Importe dieser Waren noch erleichtert werden. Wenn wir wirklich glaubhaft etwas gegen den Raubbau am Amazonas tun wollen, dann wäre es, die Handelsabkommen und jegliche Importe einzufrieren. Nur das würde vllt weh tun. Alles andere ist bullshit.

    • 9G
      91491 (Profil gelöscht)
      @Frieder:

      Sehr gut!!!!!!!



      100 % Zustimmung

  • 35 Mio. Euro wollen wir Brasilien vorenthalten, wenn sie nicht in unserem Sinne spuren. Gleichzeitig aber wollen unser SPD-Aussenminister und unsere CDU-Verteidigungsministerin das 1.000fache dieser Summe zusätzlich in unseren Rüstungshaushalt stecken (2% Rüstungsziel). Das passt.

    • @Jochen Faehrmann:

      Na ja, das ist eine recht einseitige Sicht der Dinge; das Geld war als Hilfe zur Umsetzung des Regenwaldschutzes gedacht und wird dafür auch freiwillig locker gemacht. Wird das Geld also stattdessen von der faschistischen Regierung genommen und trotzdem Regenwald abgeholzt, was nicht nur uns sondern der gesamten Welt schadet, könnte man kaum rechtfertigen, warum man weiter zahlt. Ich denke man sollte das Geld nun dafür verwenden, andere Länder oder gar NGOs zu unterstützen, die sich für den Schutz des Waldes einsetzen. Die Sicht in "Wir" und "Die" führt uns beim globalen Schutz der Wälder nicht weiter. Wir können da natürlich weiterhin in solchen Kategorien denken, und es möglicherweise für gerecht halten, dass jede Nation auf ihrer Fläche machen kann, was sie möchte; dann dürfte man allerdings auch den globalen Naturschutz und Klimaschutz konsequenterweise beerdigen.