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Streit über einen IndustriestrompreisKönnte teuer werden

Hannes Koch
Kommentar von Hannes Koch

Soll der Staat die Stromkosten der Industrie übernehmen, zumindest teil- und zeitweise? Eine Überlegung ist es wert.

Umspannwerk, hier in Pulverdingen Foto: dpa

E s geht munter hin und her in der Regierungskoalition. Auch bei der Frage, ob der Staat Unternehmen vorübergehend die Stromkosten subventionieren solle. So ist etwa Niedersachsens SPD-Ministerpräsident Stephan Weil dafür, SPD-Kanzler Olaf Scholz aber dagegen. Der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck ist dafür, FDP-Finanzminister Christian Lindner wiederum dagegen. Das kann man nun natürlich wieder als nutzlosen Streit abtun, als das ewige Ampel-Gezerre.

Tatsächlich aber ist es eine nötige, öffentliche Auseinandersetzung über eine wichtige Frage.

Die Befürworter bekommen gerade Unterstützung von einem Bündnis aus Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften. Der Verband der Chemischen Industrie, der Deutsche Gewerkschaftsbund und weitere Organisationen machen sich für einen „Brückenstrompreis“ stark.

Der würde bedeuten, dass der Staat den Firmen einige Jahre einen niedrigen Preis von beispielsweise 6 Cent pro Kilowattstunde garantiert und die Differenz zum höheren Marktpreis aus Steuermitteln übernimmt. Die Hoffnung: Die Firmen bleiben hier, wandern nicht in die USA ab, sichern ihre Industriearbeitsplätze und investieren vielleicht auch noch in klimaneutrale Zukunftstechnologien.

Für den Staat könnte das allerdings teuer werden. Das zeigt ein Rückblick auf die „besondere Ausgleichsregelung“, die aus ähnlichem Grund früher im Erneuerbare-Energien-Gesetz stand. Gut 2.000 Unternehmen kamen damals in den Genuss der Stromkostensubvention. Heute könnte das rund 5 Milliarden Euro pro Jahr kosten. Daher wäre es sinnvoll, den Kreis der begünstigten Firmen zu beschränken. Das allerdings besorgt wiederum den Verband der Familienunternehmer.

Grundsätzlich ist die Maßnahme aber richtig. Denn der von der Politik gewollte Umbau der Industrie erfordert hohe Investitionen in kurzer Zeit, während gleichzeitig die Gas- und Strompreise stark gestiegen sind. Die Subvention mag den Übergang abfedern. Das kann schiefgehen oder funktionieren. Der Erfolg dürfte wohl leider erst in 10 oder 20 Jahren zu sehen sein.

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Hannes Koch
Freier Autor
Geboren 1961, ist selbstständiger Wirtschaftskorrespondent in Berlin. Er schreibt über nationale und internationale Wirtschafts- und Finanzpolitik. 2020 veröffentlichte er zusammen mit KollegInnen das illustrierte Lexikon „101 x Wirtschaft. Alles was wichtig ist“. 2007 erschien sein Buch „Soziale Kapitalisten“, das sich mit der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen beschäftigt. Bis 2007 arbeitete Hannes Koch unter anderem als Parlamentskorrespondent bei der taz.
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14 Kommentare

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  • Eine Strompreissubvention für bestimmte Industrien widerspricht dem Marktmechanismus. Es sollte ja gerade gewollt sein, dass Unternehmen, um die Kosten zu senken, Energie sparen oder in sauberere Energie investieren. Wenn es dazu wegen der derzeit hohen Preise an Liquidität mangelt, wäre es vernünftig, die Liquidität durch zinsgünstige Darlehen herzustellen und/oder nur den investierenden Unternehmen (statt allen Unternehmen einer bestimmten Branche) die Umstellung zu subventionieren.



    Flankiert werden muss das von mehr Mitteln der öffentlichen Hand für Grundlagen- wie Anwendungsforschung und einer verstärkten Förderung von Ausgründungen, damit die neuen Technologien, für die man angeblich so offen ist, auch wirklich ihren Beitrag leisten können.



    Schließlich gilt es, der Schwäche der Binnennachfrage zu begegnen, indem die Verbraucher sowohl niedrigere Energiekosten zu tragen haben als auch in die Lage versetzt werden, in energiesparende Maßnahmen und die haushaltsnahe Energieproduktion einzusteigen. Eine wirksame Energiepreisbremse und mehr Förderung bei der Wärmewende würden erheblich zur Beruhigung der Durchschnittsverbraucher beitragen und wahrscheinlich auch die AgD in den Umfragen schwächen.



    Die vom Wirtschaftsministerium vorgeschlagenen Maßnahmen sind der typische neoliberale Quatsch-Ansatz, die Verbraucher:innen den rohen Marktkräften auszusetzen, weil sie knallhart aufs Geld achteten, und den Unternehmen Wohltaten zu verordnen, weil ihr Verhalten nur psychologisch zu verstehen sei. Andersrum wird ein Schuh draus: Kaufleute handeln kaufmännisch, Verbraucher aus dem Bauch heraus.

    • @Zangler:

      ja richtig, es gibt nur einen Haken, wenn durch die plötzliche Preissteigerung diese Industrien verschwinden, ist hinterher keine Firma mehr da, die Strom sparen kann. Das klingt vielleicht anfänglich gut (jedenfalls für manche) wird doch dann noch mehr Strom eingespart. Aber eben nur bei uns, die Produktion geht ja im Ausland weiter und da haben wir keinen Einfluß und können keine Anreize setzen, dass dort Strom gespart wird....



      Von den verlorenen Arbeitsplätzen und der Schwächung des Landes in wirtschaftlicher Hinsicht ganz zu schweigen...



      Veränderungen müssen kommen, aber nicht Hauruck, dann geht mehr kaputt als gewonnen wird.

      • @nutzer:

        Da zeigt sich doch, dass die Politik Angst vor der eigenen Kurage, hier CO2 -Besteuerung, hat.



        Sie hatte doch gerade auf "Lenkungskräfte" gesetzt, denen sie die Durchschnittsbevölkerung ungeniert aussetzt.



        Nun sollen gerade die Hochverbraucher durch Steuergelder des kleinen Mannes wiederum ausgeschlossen werden? Es war mir bei Einführung bereits klar, das das kommen würde, weil



        Energiewende zu überambitioniert ist, so nicht funktioniert und Schieflagen verursacht!



        Meistens sind sogar dank Lindner-FDP auch noch die Ärmsten und die Mieter ohne Eigentum am schlimmsten ausgeliefert, ohne irgendwelche Ausgleichs- oder Energiegelder zu erhalten.



        Hier offenbart sich, dass die flächig ausgerollte CO2-Besteuerung, die die konkreten Verbraucher und Einsparmöglichkeiten außer Acht lässt, nicht das adäquate Mittel ist.



        Insgesamt eine zutiefst unsoziale Politik.

  • Antwort auf Chris12:



    Den Vorschlag: "Die Firmen können ja einfach aufhören zu produzieren und gut ist`s. " würde in großem Stil Arbeitsplätze hier vernichten, die in den vielen LÄndern mit niedrigeren Energiepreisen entstehen würden. Das würde weder der Umwelt helfen noch unsere Demokratie aushalten. Ein Millionenheer an Arbeitslosen war schon einmal der Haupttotengräber der Demokratie in Deutschland.



    Ich plädiere für eine weitgehende Subvention der Energie, z. B. wie angedacht 80 % günstigen Strom und der Rest "normale" Energiekosten. Dann rechnen sich Investitionen in Einsparungen und eine Verlagerung von Produktion ins Ausland wird sich wohl nicht so einfach für Unternehmen rechnen.



    Das Ganze könnte man noch irgendwie degressiv in Bezug auf Subvention ausgestalten.

    • @Fridolin:

      Man könnte allerdings auch einfach sagen, daß es Erpressung ist, was die Unternehmen hier versuchen.



      Und nüchtern betrachtet sollte man keine Firmen subventionieren, welche durch sich veränderte äußere Bedingungen dem Konkurs geweit sind. Da wäre das subventionierte Geld besser in die Entwicklung neuer Firmen investiert.



      Und Firmen welchen kein Konkurs droht, die hoffen durch solche finanziellen Geschenke schlichtweg ihre Rendite zu erhöhen.

      • @Mopsfidel:

        Und gerade die mittelständischen Firmen, die die meisten Ausbildungsplätze und Arbeitsplätze stellen, und gerade die ärmeren Bürger und Mieter werden diesen vermeintlichen CO2-"Lenkungskräften" ausgesetzt, die großen Firmen und Grundeigentümer aber nicht?



        Eine sehr fragwürdige Politik!



        Es war doch bei Beschluss der CO2-Besteuerung klar, dass dies wieder so kommen würde, da die Industrie bei den Energiepreisen ja schon immer von dem Kleinen Mann subventioniert wurde.

        Ich Frage mich, wem damit geholfen ist, wenn Deutschland und die EU sich brutalen, aus der Luft gegriffen, unfundierten und pauschalisieren Einsparzielen aussetzt, diese umsetzt und dann verwundert schaut, was es mit der Gesellschaft und Wirtschaft macht.



        Diese pauschalisieren Zielsetzungen gleichen einer Repression von oben, sinnvoller wäre es doch diese von unten her zu entwickeln, und zu schauen, welche Einsparziele sind in den einzelnen Bereichen, z.B. Bau und Verkehr, mit welchem Aufwand möglich und bei dieser Kosten-Nutzen Abwägung überhaupt sinnvoll ist.



        Dass ansonsten Schieflagen entstehen, die ggf. unsere Demokratie und unsere Wirtschaft zerstören, war doch absehbar.



        Wen retten wir, wenn diese überambitionierten Ziele bis 2045 evtl. erreicht sind, aber unser Land zerstört ist, die Firmen und Arbeitskräfte in andere Länder abgewandert sind.



        Das Klima wäre doch damit trotzdem nicht gerettet. Dies strotzt doch vor Dummheit!



        Man kann doch nicht hingehen und Vorgaben so berechnen, dass man z.B. als Zielsetzung 1.000 Tonnen CO2 einsparen will, 10 Ressorts hat und daher schlussfolgert, dass jedes Ressort 100 Tonnen einsparen muss. Dies ohne zu berücksichtigen, dass im Immobiliensektor, wie das Wort schon sagt, Änderungen an Gebäuden nicht so einfach, schnell und kostengünstig durchgeführt werden können, wie es z.B. in anderen Sektoren mit kurzlebigeren Produkten unkomplizierter möglich wäre.

        Warum werden große schwere Fahrzeuge mit irgendwelchen E-Antrieb subventioniert, aber nicht kleine?

      • @Mopsfidel:

        beim Industriestrompreis ist es aber nicht die Rendite um die es geht, es geht darum, ob diese Industrien jetzt in einer Hochphase der Preise abwandern und nie wiederkommen. Auf Dauer kann man nicht subventionieren, das ist klar, aber der Strompreis wird wieder fallen, nicht billig werden, das war er vorher auch nicht, aber wiede rbilliger. Und obwohl der Strompreis auch vorhe rschon hoch war, konnt in D produziert werden.



        Die Frage ist nicht, ob da Zombies am Leben erhalten werden, die Frage ist, sollen viele Arbeitsplätze vernichtet werden, wenn absehbar ist, dass es eine Phase ist, kein auf immer und ewig.



        Und ja, der Strompreis muß sinken, auch für Verbraucher und zwar unter das vorherige Niveau. Die Energiewende krankt daran, dass der Umstieg auf erneuerbare Energien, von Gas auf Strom, keinen finanziellen Vorteil bringt. Deshalb muß der Umstieg verordnet werden, deshalb die Aufregung ums Heizungsgesetz und deshalb geht es nur so schleppend voran. Mit günstigem Strom, wäre die Energiewende ein Selbstläufer. Die Technik ist so weit, es kann billig produziert werden, nur muß das auch umgesetzt werden. Ein Börsenpreis für Strom, wird das nie schaffen, da geht es immer um Profit, wer glaubt bei steigender Nachfrage durch E-Autos und Wärmepumpen würden die Preise an der Börse sinken, versteht den Markt nicht...

  • Das Geld, was in die Stromsubvention fliesst, fehlt z.B. bei der Kindergrundsicherung.

    Statt langfristige, verbindliche und verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen, z.B. Staffelpreise für Energie, wird erst das Angebot verknappt (Abschaltung der KKW). Dann wundert man sich über die Konsequenzen und versuchr, mit Subventionen zu reparieren. Das dumme ist nur, dass die Staatsknete nicht einfach so da ist, sondern, dass man sie vorher jemand wegnehmen muss, oder ggf. nachher und erst einmal Schulden macht. Das schränkt dann später die Gestaltungsspielräume ein.



    War da mal nicht was mit Nachhaltigkeit?

    • @Carsten S.:

      Ich kann allerdings nachvollziehen, dass keine Finanzmittel mehr in die teure Energie der AKWs gesteckt wird. Dieses Geld wäre unter langfristigen Gesichtspunkten verpulvert. Das können wir uns bei begrenzten Finanzmitteln nicht leisten. Zudem wäre der Nutzen bzw. der Anteil des AKW-Stroms marginal.



      Dann muss man aber auch die Erneuerbaren wirklich massiv durchsetzen (Bau von Stromtrassen, Erleichterungen bei der Gewinnung von Solarenergie, Änderung des Einspeisegesetz etc..



      Was ist überhaupt mit Wasserspeicherkraftwerken, unser Land war doch mal technologischer Vorreiter, warum errichtet man diese nicht, um eine Grundlastfähigkeit zu erreichen, wenn die AKWs wegfallen, so wie es Norwegen mach?

  • Die Regierung will die Energiewende.



    Die neue Art der Energieerzeugung ist aber nicht mit einem Kostenvorteil verbunden, die Kosten für die neue Infrastruktur und Erzeugung sind höher. Ja, die Sonne scheint umsonst, aber wer ehrlich ist, berücksichtigt auch die notwendige Ersatz- und Ausfallleistung.



    Für die Industrie, aber auch für Handel und Gewerbe, geben die ausländischen Konkurrenten, den Kostenrahmen für Energie vor.



    Das bedeutet, die Energiepreise müssen dauerhaft subventioniert werden, oder die Industrie wird abwandern und andere werden schließen.

    In der Politik kann man dem Wähler viel erzählen, vor allem wenn er es glauben will, in der Wirtschaft sollten die Zahlen am Ende des Geschäftsjahres stimmen.

  • Gewinne privatisieren und Risiken und Kosten auf die Allgemeinheit abwälzen. Das ist die Industrie in Deutschland im Jahr 2023. Und dann natürlich auch KEINE Verantwortung für sein Handeln übernehmen wollen. Hallo geht es noch.



    Dass es auch anders geht, zeigt u.a. Wolfgang Grupp (Trigema).

    • @Frank Burghart:

      Ja, wieder wer am lautesten schreit und am meisten Gewicht hat, bekommt die meiste Unterstützung, die die das nicht haben und können gehen leer aus.



      Eigentlich eine zutiefst neoliberale Politik!

  • Das Ärgerliche daran ist doch eigentlich, dass genau diese Problematik vorhergesagt wurde. Zuletzt wieder und wieder, als es um die letzten Kernkraftwerke ging. Wieso Habeck nun einen gedeckelten Strompreis möchte, kann ich nicht nachvollziehen. Die Unternehmen können ja einfach aufhören zu produzieren und gut ist's.

    Was aber daran wirklich traurig ist, ist dass Deutschland und die deutsche Energiepolitik schlichtweg ein Negativbeispiel für alle anderen Länder dieser Erde darstellt. Niemand wird sich ein Beispiel an Deutschland nehmen, niemand wird die gleichen Routen gehen. Wenn es um Treibhausgase geht, stehen wir weiterhin absolut schlecht da. Die Energiepreise sind quasi unvergleichbar hoch. Welches Land würde hier sagen "Ja, das ist ja ein super Situation. Wir schlagen die gleiche Richtung ein."

    • @Chris12:

      Deutschland bekommt das, was es verdient. Wir haben Regierungen gewählt, die die Energiepolitik auf russisches Gas ausgerichtet hat. Und das, obwohl seit dem Zerfall von Jugoslawien klar war, dass erstens Krieg in Europa kein Ding der Unmöglichkeit ist, und zweitens Russland in solchen Konflikten gerne auf der „antiwestlichen“ Seite steht. Im Übrigen würde ich mir als Unternehmer neben den Energiekosten ganz genau überlegen, ob ich in einem Land investieren will, dessen Politik je länger je mehr von Leuten geprägt wird, die ebensolche nur als Schmarotzer und Umweltzerstörer anschaut, die auch gerne mal enteignet werden sollen (Berlin…).