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Streik der GDLWeselskys Ablenkungsmanöver

Pascal Beucker
Kommentar von Pascal Beucker

GDL-Chef Claus Weselsky kämpft für kürzere Arbeitszeiten – auch mit unlauteren Mitteln. Das Streikrecht einzuschränken, wäre dennoch keine gute Idee.

Dortmund, 26.01.2024: Streikteilnehmer mit Weselsky-Portrait Foto: Markus Matzel/imago

D er Auftakt zu den angekündigten „Wellenstreiks“ ist gemacht. Zunächst bis Freitag fährt nicht mehr viel auf den Schienen der Republik. Auch danach werden sich Reisende nicht darauf verlassen können, mit der Deutschen Bahn (DB) von einem Ort zum anderen zu kommen, hat die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) angekündigt. Kurzfristig angesetzte Streiks sollen jederzeit möglich sein.

Für die Bahn­kun­d:in­nen ist das ärgerlich. Dass die üblichen Verdächtigen nun wieder eine Einschränkung des Streikrechts fordern, bleibt dennoch falsch. Die Möglichkeit zu einem wirkungsvollen, also auch unbequemen Arbeitskampf ist die einzige Macht, die eine Gewerkschaft hat.

Nichtsdestotrotz fährt GDL-Chef Claus Weselsky auf einem gefährlichen Gleis. Dass er ausgerechnet über den Hauptstreitpunkt in den Tarifverhandlungen „aus Versehen“ die Unwahrheit gesagt hat, schadet seiner Sache enorm.

Dass die Moderatoren Daniel Günther und Thomas de Maizière eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit für Schicht­ar­bei­te­r:in­nen nicht nur um eine Stunde, sondern um zwei Stunden bei vollem Lohnausgleich vorgeschlagen haben, ist keine Nebensächlichkeit.

Mit seiner Falschdarstellung hat Weselsky wohl davon ablenken wollen, dass unter normalen Umständen eine Absenkung von 38 auf 36 Stunden ein riesiger Erfolg für die GDL wäre. Trotzdem hat sie den Moderatorenvorschlag brüsk abgelehnt. Warum?

Viel spricht dafür, dass Weselsky sich in eine Falle manövriert hat, aus der nur noch schwer herauszukommen ist. Denn die Vereinbarungen mit 28 kleineren Eisenbahnverkehrsunternehmen zur Arbeitszeitverkürzung auf 35 Stunden, die Weselsky wie eine Monstranz vor sich herträgt, haben zwar einerseits den Druck auf die DB erhöht.

Durch ihre Kopplung per Wettbewerbsklausel an den ausstehenden Abschluss mit der Marktführerin haben sie jedoch andererseits Weselskys Spielraum zur Kompromissfindung dramatisch eingeschränkt. Mit Tricksereien wird er dieses Problem jedoch nicht lösen können.

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Pascal Beucker
Inlandsredakteur
Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft. Sein neues Buch "Pazifismus - ein Irrweg?" ist gerade im Kohlhammer Verlag erschienen.
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37 Kommentare

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  • Dass ein Unternehmen mit mehreren Gewerkschaften für die gleiche oder auch unterschiedliche Berufsgruppen verhandeln muss, ist das eigentlich Problem. Das kann nicht gutgehen.

    • @Ahnungsloser:

      Es ist NICHT ein Unternehmen.



      Das ist hierbei nicht das Problem. Die Vielzahl möchte ich jetzt nicht zählen.

      Bitte auf der Seite prüfen:



      de.wikipedia.org/w...hmen_im_DB-Konzern

      Meines Kenntnisstands verhandelt GDL in 16 der 200 (Gesamtzahl: Behauptung) Subbetriebe.

      ---

      Und es geht auch in Betrieben "gut" in denen jeder für sich Individual-/ Einzelverträge verhandelt.

      ---

      Und: Die Struktur ist hier nicht das (Haupt-)Problem. Das liegt eher in den nicht akzeptablen Arbeitsbedingungen zu schlechten Konditionen.

      • @-Zottel-:

        Ok, eventuell falsch ausgedrückt. Die deutsche Bahn verhandelt nicht nur mit der GDL (ca. 30.000 Mitglieder), sondern auch mit der EVG (ca. 200.000 Mitglieder). Also mit 2 Gewerkschaften. Lufthansa mit 4 Gewerkschaften. Kann nicht funktionieren. Ein Unternehmen, eine Gewerkschaft. Dann gibt es auch keinen Überbietungswettbewerb

  • Inflationsraten offiziell (Destatis):



    - 2021: 3,1 %



    - 2022: 7,9 %



    - 2023: 5,9 %



    -> Gesamt: 16,0 %

    Lohnerhöhung hypothetisch, bei sofortiger Einführung, nicht über mehrere Jahre:



    -> 35 / 38 h/Woche: 8,6 %



    -> Erhöhung des Entgelts 410 €: 0,7 - 0,9 %



    -> EINMALIGE IAP: 2750 €: 4,9 bis 6 % bzw. 0 %

    => 1. Jahr 14,2 % bis 15,5 %



    => 2. Jahr 9,3 % bis 9,5 %

    Hinzu käme eine Erhöhung des Überstundenzuschlags in Höhe von 25 %, was - in Anbetracht der HOHEN Überstundenzahl - wirklich viel sein dürfte, aber ich nicht beziffern kann. Allerdings geht es hierbei um MEHRleistung ZUSÄTZLICH zu der vertraglich vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit. Hier ist das Instrument dazu da, um die Nutzung der Überstunden zu reduzieren und mehr Personal zu beschaffen.

    Es ist deutlich ersichtlich, dass die Löhne hinter der Entwicklung der Inflation zurück bleiben sollen. Und das besonders im Bezug auf das "2. Jahr" erheblich.

    Zusätzlich befinden wir uns nach wie vor in einer Phase hoher Inflation. Der Verlust würde durch die lange, von der DB geforderten Laufzeit noch viel höher.

    ---

    -> Ich stehe solidarisch an der Seite der Streikenden.

    • @-Zottel-:

      Ich auch, aber ich bin auch befangen denn mein vater ist einer der Streikenden. Ich möchte aber auch mal sagen, dass die Inflationsrate für den normalen Alltag eines Bürgers ein verzerrtes Bild wiedergibt. Wenn man sich die Entwicklung der Nahrungsmittelpreise, Energiepreise, Wasserversorgung, Miete etc anschaut- also die laufenden Kosten, das was jeder im Monat bezahlen muss, dann befinden wir uns teilweise weit über der 5.9% Inflation vom letzten Jahr. Gerade Lebensmittel haben sich teilweise massiv verteuert und auch da werden oft doppelte Preiserhöhungen (teurer und weniger drin) und versteckte Preiserhöhungen (einfach nur weniger drin) gar nicht erfasst.

  • Was mir in der ganzen Diskussion fehlt, ist der Hinweis auf die vor Frankfurter Gerichten anhängigen Verfahren gegen die GDL. Hier klagt der Bahnvorstand gegen die GDL, um deren Tariffähigkeit als Gewerkschaft zu unterbinden. Das mag man für legitim halten, darf sich aber dann nicht über die völlig verhärteten Fronten seitens der GDL wundern.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    Drei CDU-Mitglieder am Verhandlungstisch… Da braucht es KI-Unterstützung. Oder zumindest einen Taschenrechner.

  • Wenn man auf die Bahn angewiesen ist, ist man nun gekniffen. Da sitzen wieder diese vor Altersstarrsinn befallenen Menschen und wollen keine Kompromisse eingehen. Daß dafür alle Bahnreisenden und der Güterverkehr drunter keidet ist denen anscheinend egal. Wer sich nun ins Auto setzt, wer nun seine Güter per LKW transportieren läßt, kommt zwar voran aber ökologisch ist das nun nicht mehr. Danke Herr W. Danke Herr Werauchimmer, gehen Sie beide in Rente!

  • Ich habe ja seit längerem den Verdacht, dass die Bahn von der Auto- und Ölindustrie dafür gesponsort wird, dass sie nicht allzu attraktiv wird. Womöglich trifft das auch noch auf die GDL zu...

    (Äh ja, beweisen kann ich das nicht, deshalb der Verdacht)

    • @Helmut van der Buchholz:

      Es gab mal einen schönen Zusammenschnitt, wenn ich mich recht erinnere von einer der politischen Satire Shows, über die Aussagen aller Verkehrsminister in den letzten 25 Jahren oder so. Schien so als hätten die alle das gleiche Skript recycled: Wir müssen mehr in die Bahn investieren und die Strecken ausbauen. Passiert ist davon nichts. Eher das Gegenteil. Es wird immer mehr eingespart. Falls sie mal das Vergnügen haben mit dem ICE zu fahren, würde ich mich an ihrer Stelle nicht an die kleinen Kopfkissen am Sitz anlehnen, die werden nur noch alle 10 Wochen gereinigt. Meine Mutter hat jahrelang für die BRG (Bahnreinigung) gearbeitet und kann ein Lied davon singen, dass die Abstände zwischen den Reinigungen immer größer wurden. Ihrer Verdacht bezüglich der GDL muss ich aber entschieden zurück weisen. Ich weiß aus Erfahrung (mein Vater ist Lokführer und viele seiner Freunde auch- alle GDL) das sich seit Jahren die Arbeitsbedingungen verschlechtert haben. Allein die Dienstpläne mit jeden Tag anderen teils enorm unterschiedlichen Arbeitszeiten bei denen nicht mal annähernd von geregelten Schlaf gesprochen werden kann, enorm viele Überstunden, etc.! Das war allem mal anders gewesen. herr Mehdorn war vermutlich der beginn der Abwärtsspirale. Es kann nicht immer auf dem Rücken der Mitarbeiter ausgetragen werden, dass Politiker seit Jahren nicht willens waren mehr in die Bahn zu investieren und zudem nicht mehr in der Lage sind längerfristige Planungen aufzustellen die über ihre Legislaturperiode hinaus gehen. es ist auch nicht die Schuld der Mitarbeiter ,dass das Management der Bahn wenig Kompetenz zeigt aber kein Problem damit hat sich Bonuszahlungen in Millionenhöhe zu geben. Ist bei der Lufthansa auch nicht viel anders.

    • @Helmut van der Buchholz:

      Würde die GDL nicht die Arbeit attraktiver gestalten, was zufriedenere Mitarbeiter und dadurch eine höhere Leistungsqualität nach sich zöge?

      Der Rest hat durchaus Potential für eine spannende Kurzgeschichte. ;)

    • @Helmut van der Buchholz:

      Der Verdacht beschleicht mich auch immer öfter. Schon Mehdorn war ja ein Automann ...

  • Ich finde kein Dokument im Netz, dass den Einigungsvorschlag vollumfänlgich darlegt. Hat hier jemand einen Link?

    Zu den Bedingungen einer Einigung gehören neben der "Hauptforderung" von 35 h / Woche auch eine Lohnerhöhung, eine einmalige Inflationsausgleichsprämie, Vertretungsbefugnisse für weitere Mitarbeiter usw.

    Zudem wird die Gegenforderung der Bahn zu einer weiteren Arbeitszeitflexibilisierung nirgends in diesem Kontext betrachtet.

    Mir erscheint es in dieser Form der Debatte, die ich für absolut unangebracht halte, erforderlich mit vollständigen Fakten zu argumentieren.

    Auch wenn "alle" darunter leiden, Herr Weselsky handelt nicht "mit unlauteren Mitteln". Er kommt seinen Aufgaben als Vorsitzender der Gewerkschaft nach. Die Mitglieder dieser Gewerkschaft stimmten für Streik. Und nur diese Mitarbeiter können beurteilen, ob der Streik berechtigt und angemessen ist. Niemand sonst.

    Alles bewegt sich im juristisch einwandfreien Bereich.

    Der Eigentümer das Deutsche Volk, vertreten durch die Bundesregierung, macht zudem einen schwerwiegenden Fehler, wenn er denn glaubt, es gehöre zur Tarifautonomie, nicht zu intervenieren.

    Ich wüsste keinen anderen Anteilseigner einer beliebigen Firma, der sich das "tatenlos" ansieht. (Zumal Herr Wissing ja Position pro Bahn bezog.)

    • @-Zottel-:

      Zusatz zu meiner Antwort:



      Die Bahn hat laut Aussagen von Weselsky in www.tagesthemen.de den Vorschlag der Moderatoren, von 38 auf 36 Stunden zu gehen, wohl ebenfalls nicht aufgenommen. Ich weiß allerdings nicht, ob das Zurückfallen der Bahn auf 37 Stunden erst nach der Erklärung der GDL zum Scheitern der Verhandlungen erfolgte oder bereits davor. In letzterem Falle wäre es dann klüger gewesen, die Bahn das Scheitern erklären zu lassen, als es selbst zu tun

      Noch ein Hinweis: Eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich entspricht einer Lohnerhöhung von rund 7,9 %. Das muss zu den anderen Lohnerhöhungen noch dazugerechnet werden.

      Trotzdem bleibt es dabei: Kann sich die GDL mit ihren 35 Stunden nicht durchsetzen, sind die Abschlüsse bei den anderen Unternehmen "weg" - und die GDL ebenfalls! Die Mitglieder bei den 28 Unternehmen werden es sicherlich nicht "goutieren", wenn sich ihre Tariferhöhungen in Luft auflösen.

      Eine schwierige Situation und eine echte Machtprobe zwischen der GDL auf der einen Seite und dem Bahnvorstand sowie den 28 anderen Unterbehmen auf der anderen Seite.

    • @-Zottel-:

      Lieber Zottel, selbst auf der GDL-Homepage sind nur die Forderungen der GDL sowie das letzte Arbeitgeberangebot dargestellt.Damit entsteht der Eindruck einer größeren Verhandlungslücke, als sie möglicherweise durch das "Schlichtungspapier" besteht. Auf www.tp-presseagentur.de ist aber der Moderatorenvorschlag zu finden. Einfach nur unter der Suchleiste GDL eintragen, und schon findest Du den Text!

      Unabhängig davon hat Weselsky ein richtig großes Problem: Kann er die 35-SrundenWoche nicht bei der Bahn durchsetzen, so sind die sämtliche Tarifabschlüsse bei den 28 anderen Bahnunternehmen hinfällig! Aus diesem Dilemma, das die GDL sich selbst eingebrockt hat, muss sie nun herauskommen. Ob ihr das gelingt? Ich weiß es nicht.

  • Doch, es wäre dringend geboten das Streikrecht einzuschränken. Einschränkungen heißt aber natürlich nicht verbieten. Und das Einschränken kann man auch auf wenige Bereiche beschränken. Die öffentliche Personenbeförderung ist so ein Bereich. Dafür gibt es keinen vernünftigen Ersatz, darauf kann man nicht reagieren, der gesamtwirtschaftliche Schaden ist zu groß. Bei der Bahn müssen aber auch grundsätzlich ganz neue Grundsätze entwickelt werden. Es kann nicht sein, dass 10 Prozent der Mitarbeiter das ganze Unternehmen lahmlegen. Es kann auch nicht sein, dass der Staat als Eigentümer zusieht, wie sich die Vorstände die Taschen vollmachen und so die allgemeine Gier erst anfachen. Ja, Gier. Im Vergleich zu vielen Anderen geht es den Lokführern nämlich verdammt gut.

    • @Benedikt Bräutigam:

      Ja erst ist es die persönliche Personenbeförderung, dann sind es Pfleger, medizinisches Personal im allgemeinen, öffentliche Dienst (sofern keine Beamten da die ja eh nicht streiken dürfen) wird ja auch gebraucht, Kassierer dann auch nicht, Lebensmittel sind ja lebensnotwendig, alle in der Logistik auch nicht kann man ja auch schlecht ersetzen und was wenn unsere Pakete nicht mehr kommen?! Wenn man anfängt das Streikrecht einzuschränken wird das ein slippery slope...Man kann für viele Berufsgruppen einen Grund finden warum die jetzt grad nicht streiken dürfen. das Streikrecht wurde uns nicht freiwillig gegeben, dass haben andere vor uns erkämpft. Gewerkschaften ist es zu verdanken das sie einen gesetzlichen Urlaubsanspruch haben, Lohnfortzahlung bei Krankheit, Mutterschutz, Arbeitsschutz, Pausenregelung und Arbeiszeitenregelungen und und und. Meinen sie irgenein Arbeitgeber/ Politiker hätte ihnen das freiwillig gegeben? Aber bei einem gebe ich Ihnen recht, der Staat sollte nicht zusehen wie sich die Vorstände die Taschen voll hauen- aber einer Krähe hackt der naderen eben nicht die Augen aus- immerhin hofft vielleicht der ein oder andere Poltiker später auch darauf gemütlich in einem dieser Vorstände zu sitzen, wenn sie es nicht schon tun.

    • @Benedikt Bräutigam:

      Also wenn man sich Mal das Streikrecht in Deutschland anschaut und mit anderen Ländern vergleicht ist es schon sehr schwach IMHO.



      Vor allem, wenn eindeutig belegt ist, dass in diesem System (Kapitalismus) Streik eines der einzigen Mittel ist, die Arbeitgeber und die Aktionäre und die Politik irgendwie zu beeinflussen. Ich meine der Kompromiss der sozialen Marktwirtschaft (Theoretisch: Kapitalismus aber mit Menschenrechten) wird halt nur aufgehen, wenn die innere Dynamik des Kapitalismus durch strenge Kontrolle eingehegt wird. Im Anbetracht der Korruption in den Parlamenten sowie der Entscheidungen in der Vergangenheit ist es aber anscheinend schwierig diese Kontrolle aufrechtzuerhalten. Streiks sind eine der wenigen Mittel mit dem sich die große Masse der Besitzlosen und der nicht-Aktionäre Gehör verschaffen können und Handlungsmacht haben.

    • @Benedikt Bräutigam:

      Hier die richtige Antwort zu finden ist einfach:



      Entweder die Bahn ist so wichtig, dass das Streikrecht dort in irgendeiner Form eingeschränkt werden sollte.



      Dann folgt daraus absolut zwingend und unvermeidbar, dass ebenso die Freiheit der Bahn eingeschränkt werden muss, ein Mitspracherecht bei den Löhnen und Gehältern zu haben. Einstiegslohn kann dann zum Start der neuen Regeln auf 150% (Bahn war wichtig, oder?) des Durchschnittseinkommens aller Deutschen festgelegt werden, und die jährlichen Lohnerhöhungen sind einfach immer die höchste aller Erhöhungen, die es irgendwo in Deutschland in dem Jahr gegeben hat, sei es in Tarivverträgen oder in Vorstandsbezügen oder in Politikerdiäten.

      Oder das scheint zu viel Geld? Dann ist schlussfolglich die Bahn nicht so ein wichtiger Bereich, dann kann man dafür auch nicht das Streikrecht einschränken.

    • @Benedikt Bräutigam:

      So ist es. Ja, Arbeitnehmer müssen ihre Interessen vertreten können. Aber nein, dass eine relativ kleine Gruppe, inzwischen fast ganzjährig, Millionen Bürgern das Reisen unmöglich macht, ist unverhältnismäßig. Gerade die Idee der "Wellenstreiks" trifft in erster Linie die Kunden (ein gelernter DDRler wie Weselsky braucht natürlich keine Kunden, die stören bloß ...

    • @Benedikt Bräutigam:

      "Es wäre dringend geboten das Streikrecht einzuschränken. (...) Das Einschränken kann man auch auf wenige Bereiche beschränken. Die öffentliche Personenbeförderung ist so ein Bereich. "



      Tja, früher waren das Beamte, die dürfen nicht streiken. Da wollte man Geld sparen, und hat jetzt Angestellte, die streiken dürfen und es auch tun.



      Was lernen wir daraus? Einen Preis zahlt man immer.

  • Hier gilt es, zwischen dem Streikrecht und der öffentlichen Daseinsvorsorge abzuwägen. Tatsache ist: die Bahn ist nun mal kein Unternehmen wie jedes andere, sondern für das Funktionieren des ganzen Landes - nicht nur der Wirtschaft, sondern auch des Alltags vieler Menschen - essentiell. Da müssten doch wenigstens höhere Maßstäbe an die Verhältnismäßigkeit angelegt werden, als wenn z.B. bei einem Süßwarenhersteller gestreikt wird.

    Beispielsweise könnte es z.B. bei der Bahn ausgeschlossen werden, dass ohne Vorwarnung gestreikt wird.

    Das Streikrecht an sich wird davon nicht berührt, aber wenigstens müssten Menschen keine Angst haben, z.B. am Sonntag irgendwo zu stranden oder einfach nicht wissen zu können, ob sie es zu Familienfeiern oder gar Beerdigungen schaffen.

    Die Taktik, die Weselsky jetzt mit Wellenstreiks verfolgt, ist - bei allem Verständnis für die Streikenden - offenkundig nicht nur darauf angelegt, das Unternehmen unter Druck zu setzen, sondern maximalen "Terror" in der Bevölkerung zu erzeugen. Das ganze Land soll bangen und sich vor der GdL fürchten. Und das ist dann vielleicht doch irgendwann zuviel des Guten.

    P.S.: Man könnte natürlich den ganzen Konzern wieder "richtig" verstaatlichen und die Lokomotivführer verbeamten. Schluss mit Streik.

    • @Suryo:

      "Hier gilt es, zwischen dem Streikrecht und der öffentlichen Daseinsvorsorge abzuwägen. Tatsache ist: die Bahn ist nun mal kein Unternehmen wie jedes andere, sondern für das Funktionieren des ganzen Landes - nicht nur der Wirtschaft, sondern auch des Alltags vieler Menschen - essentiell. Da müssten doch wenigstens höhere Maßstäbe an die Verhältnismäßigkeit angelegt werden..."



      Das war mal die Begründung, warum es BahnBEAMTE gab. Wollte man nicht mehr. Schade eigentlich, gell?



      Aber jetzt Beamtenpflichten durch die Hintertür einzuführen, ohne den Angestellten auch entsprechende Privilegien einzuräumen, ist m. E. nicht in Ordnung.

    • @Suryo:

      Wie wäre es dann, wenn wir den Wettbewerb stärken und das Monopol der DB beenden?

      Dann würden Grundrechte nicht eingeschränkt und Sie könnten weiter Ihrem (überraschungsfreien, ) geregelten Tagesablauf nachgehen.

      • @-Zottel-:

        So wie in Großbritannien, dem Mutterland der Eisenbahn? Dort fallen ständig Züge aus und der Service ist miserabel. Dafür sind die Preise astronomisch hoch.

      • @-Zottel-:

        Ich will eigentlich nur in die 80er zurück: als Lokomotivführer Beamte waren, die Bahnen häufiger pünktlich als verspätet kamen, auch kleine Bahnhöfe in der Provinz angefahren wurden und Schneefall, Böschungsbrände oder Sturm nicht zu massiven Zugausfällen führten.

        Geben Sie mir ein einziges Beispiel dafür, dass eine Privatisierung - und darum handelt es sich doch faktisch bei der Bahn - tatsächlich langfristig zu niedrigeren Preisen und besserem Service geführt hat.

  • Ich habe ihn in den Tagesthemen so verstanden, dass eine 2h Reduzierung nie von der DB angeboten wurde.



    Was stimmt nun?

    • @So,so:

      Günther und de Maiziere haben neben anderen schlechten Vorschlägen (extrem lange Laufzeit) tatsächlich 36h im Papier vorgeschlagen.

      Das Papier hat die GDL abgelehnt.



      Weselsky berichtete über die Stundenzahl im Papier falsch.

      In den anschließenden Gesprächen kamen seitens der Bahn die 36h nicht mehr vor. Dementsprechend wurde keine Einigung gefunden.

    • @So,so:

      Er hat längst zugegeben, dass er sich "geirrt" hat. Er sprach erst von einem "Denkfehler" und dann von einem "Versprecher". Tatsächlich wurden von den Vermittlern die zwei Stunden weniger, allerdings in zwei Schritten bis 2028, vorgeschlagen und von der Bahn akzeptiert. Weselsky hat abgelehnt und das Angebot danach falsch dargestellt.

      • @Benedikt Bräutigam:

        Wirklich?

        Mir fehlt nach wie vor ein Dokument, dass ALLE Punkte des "Vorschlags" beinhaltete.

        Hier kann man nur auf die Seite A oder B vertrauen. Das ist doch keine ausgewogene Debatte.

        Was ich las, war, dass lediglich die 36 und 36,5 h ein Fehler waren. (Ohne Hinweis darauf, ob sich das um Stundenreduktion mit oder ohne Lohnausgleich handelte.)

        Wenn andere Betriebe das auch stemmen könnten, wieso die DB nicht?

  • Das Verhalten des GDL Chefs ist ein Skandal. Die Abschlüsse mit den kleineren Bahnunternehmen sind nichts wert, da diese vom Abschluss mit der DB abhängig sind. Das wissen sowohl die kleineren Bahnunternehmen also auch die GDL.

    Wenn jetzt ein Streik und unangekündigte weitere Streiks basierend auf falschen Aussagen zu einer möglichen Einigung durchgeführt werden, erweist die GDL allen Arbeitnehmervertretungen einen Bärendienst.

    Am Ende wird ein Kompromiss stehen, wenn aber die Gewerkschaft die Vorschläge des Verhandlungspartners falsch wiedergibt oder falsch versteht, dann läuft etwas richtig falsch.

    Man hat den Eindruck, Weselsky wollte es gar nicht richtig verstehen.

    • @Gnutellabrot Merz:

      Ein Skandal ist es nicht, wenn jemand seiner Arbeit als Chef der Gewerkschaft nachgeht und dabei darum bemüht ist, die Interessen der Arbeitskräfte zu vertreten.

      Dies war ein Irrtum (ob wir es nun glauben wollen, oder nicht), der sich auf ein einziges Detail eines Vorschlags bezog.

      Mir reicht das nicht, um ein derart drastisches Urteil über den Chef einer Gewerkschaft zu fällen.

  • Verdammt langsam geht mir das Popcorn zur Neige. Ich setze mich mal besser ins Auto und hole neues.

  • Könnte man bei Zugstreiks bitte in Zukunft einzig die Kontrolle der Fahrscheine einstellen? Die DB hätte einen finanzielle Verlust und trotzdem käme jeder an sein Ziel.

  • Dass der leader einer kleinen Spartengewerkschaft erneut das Land lahmlegt mit dem Hinweis, man solle sehen, dass die Bahn kein sicheres Verkehrsmittel sei - als Lokführerin hätte ich Weselsky gefragt, ob er noch alle Tassen im Schrank hat.



    Jetzt hat er einen "Denkfehler" gemacht und zieht den Streik trotzdem stumpf durch.



    Bitte, Weselsky, geh endlich in Rente.

    • @narkosedingsbums:

      Sind Sie Lokführer und in der GDL organisiert? Eben, nein.

      Kennen Sie alle Hintergründe und Inhalte des Vorschlags der Moderatoren? Eben, ich auch nicht.

      Oben habe ich bereits geschrieben: Einfach das Monopol der DB beenden. Dann kann der Betrieb weitgehend ohne Konsequenzen für die Gesellschaft vollständig lahmgelegt werden.

      ---

      Auch wenn ein Mensch einer winzigen "Minderheit" angehört, genießt dieser immer noch die selben Rechte wie alle anderen.