Strafgerichtshof zu Nahostkonflikt: Großer Fortschritt für Palästina
Wer die Entscheidung des Internationalen Strafgerichtshofs als einseitig gegen Israel verurteilt, hat sie nicht gelesen oder verbreitet Unwahrheiten.

D er Internationale Strafgerichtshof (IStGH) hat nach über sechsjährigen Beratungen endlich entschieden, Verfahren wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in den seit 1967 von Israel besetzten palästinensischen Gebieten zu eröffnen. Das ist ein großer Fortschritt. Denn die Menschenrechtsnormen, die nach 1945 vor dem Erfahrungshintergrund von Schoah, Faschismus und Zweitem Weltkrieg vereinbart wurden, gelten universell und ausnahmslos für alle BewohnerInnen dieser Erde.
Dasselbe sollte auch für die Strafbarkeit besonders gravierender Verstöße gegen diese Normen gelten. Die auch von der Bundesregierung vorgetragenen Einwände gegen eine territoriale Zuständigkeit des IStGH für die besetzten Gebiete liefen auf eine fortgesetzte Straflosigkeit für weitere Jahre oder Jahrzehnte hinaus – bis zu einer politischen Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts.
Wer die Entscheidung des IStGH als einseitig gegen Israel gerichtet kritisiert, hat sie entweder nicht gelesen oder verbreitet bewusst die Unwahrheit. Es geht bei den jetzt ermöglichten Ermittlungen des Gerichts ausdrücklich um vergangene, derzeitige und künftige mutmaßliche Verbrechen ausnahmslos sämtlicher an dem Konflikt beteiligter Akteure.
Das gilt völlig unbeschadet der Tatsache, dass die bislang erfolgten Untersuchungen der UNO zu den Gaza-Kriegen der Jahre 2009 und 2014 wie zu den Gaza-Protesten von 2018 eine zum Teil deutlich höhere Zahl mutmaßlicher Verbrechen durch israelische Behörden und Streitkräfte dokumentiert haben als durch die Hamas, die Autonomiebehörde (PA) oder bewaffnete palästinensische Gruppen.
Dass mutmaßliche Verbrechen palästinensischer Akteure in diesen drei Untersuchungsberichten möglicherweise nicht vollständig oder nicht mit den für ein Strafverfahren wünschenswerten Details und Belegen aufgeführt sind, liegt allerdings auch daran, dass die israelische Regierung jegliche Kooperation mit dem IStGH verweigert.
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