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Stimme für Australiens UreinwohnerMehr Einfluss für Aboriginals

In Australien wollen Regierung und Parlament sich künftig von Indigenen beraten lassen, sofern die Bevölkerung per Verfassungsreferendum zustimmt.

Premierminister Anthony Albanese (rechts) mit den Mitgliedern der Arbeitsgruppe für das Referendum Foto: aap/reuters

Canberra taz | Premierminister Anthony Albanese und VertreterInnen der indigenen Völker mussten Tränen unterdrücken, als der austraische Regierungschef am Donnerstag nach monatelangen Verhandlungen den Text für ein historisches Referendum verkündete: „Ein vorgeschlagenes Gesetz zur Änderung der Verfassung zur Anerkennung der ersten Völker Australiens durch die Schaffung einer Stimme der Aborigines und der Torres-Strait-Insulaner. Stimmen Sie dieser vorgeschlagenen Änderung zu?“

Per Verfassungsänderung sollen die Urbewohner künftig eine Stimme erhalten, mit der sie Regierung und Parlament in Fragen beraten, die für die ersten Bewohner des Kontinents besonders wichtig sind. „Viele warten schon sehr lange auf diesen Moment“, sagte Albanese mit stockender Stimme.

Es geht zum Beispiel um schlechte Gesundheitsversorgung der Aboriginals, um Ausbildungsdefizite oder Rassismus. Die 900.000 Aboriginals und Bewohner der Torres-Straße zwischen Australien und Papua-Neuguinea gehören zu den am stärksten benachteiligten Gruppen der Gesellschaft. Indigene Aus­tra­lie­r*in­nen sterben im Schnitt zehn Jahre früher als nicht indigene.

Die Mitglieder der Beratergruppe sollen von den verschiedenen indigenen Völkern selbst bestimmt werden. Wie die Auswahl der Delegierten erfolgt, soll nach dem Referendum entschieden werden. Diese und andere Fragen wurden in den letzten Monaten von Kritikern vor allem aus dem konservativen Lager als Gründe genannt, die Vorlage abzulehnen. Der nun vorgelegte Text ist ein Kompromiss langer Verhandlungen.

Von größter symbolischer Bedeutung ist, dass die Urbewohner im Falle der Annahme des Referendums erstmals im Grundgesetz erwähnt werden. Die Verfassung war 1901 in Kraft getreten, 113 Jahre nach Beginn der weißen Besiedlung des Kontinents. Rassistische Vorstellungen gegenüber den Indigenen dominierten damals.

Die Aboriginals, die seit mindestens 65.000 Jahren auf dem Kontinent lebten, wurden verfolgt, verdrängt, diskriminiert. Erst 1967 bekamen sie Bürgerrechte und erst 1992 stellte ein Gericht fest, Australien sei schon vor der Ankunft der Weißen bewohnt gewesen. Vorher galt der Mythos von Terra nullius – einem Niemandsland.

Noch heute klagen viele Indigene über Rassismus ihnen gegenüber von Teilen der Bevölkerung und Behörden. In vielen Gefängnissen bilden Indigene den Großteil der Inhaftierten, obwohl Aboriginal nur 3 Prozent der Bevölkerung ausmachen.

Albanese sagte, es gehe beim Referendum auch darum, „wie unsere Nation sich selbst sieht und darum, ob wir das Selbstvertrauen haben, unsere Geschichte anzuerkennen.“ Es sei eine Chance für Aus­tra­lie­r*in­nen, ihr Land gerechter zu gestalten.

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9 Kommentare

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  • Die Einsicht für getanes Unrecht kam den (Neu-)Australieren sehr spät, aber immerhin... Es ist sicher eine gute Sache, wenigstens zu versuchen, etwas wieder gut zu machen.

    Die Urbewohner sind übrigens längst im Parlament vertreten, in etwa gemäß ihrem Bevölkerungsanteil. Das australische Wahlsystem ist ziemlich smart. Da könnte Deutschland etwas lernen.

  • Diese Menschen heißen Aborigines, nur mal als Hinweis. Bitte ändern.

    • @Wurstfinger Joe:

      Na ja, "heißen" is ein weiter Begriff. Die Leut selbst ham sich diese NeoLATEINISCHE Bezeichnung sicher nicht ausgedacht - das is mal wieder good ol' kolonialscheiß Europe: Wie bei den Wörtchen 'Asien', 'Amerika, 'West Indies', 'Indochina', ...



      'aboriginal' is im Englischen das Adjektiv: Aboriginal Australians.



      en.wiktionary.org/wiki/Aboriginal



      en.wikipedia.org/w...iginal_Australians

      • @lesnmachtdumm:

        Selbst der Name "Australien" ist ursprünglich lateinisch. Die erste Kolonialmacht war eben das Römische Reich. Die haben ihre Fremdbezeichnungen allen okkupierten indigenen Völkern und Stämmen übergestülpt. Das Wort "Germanen" ist ebenfalls ein der Begriff der römischen Kolonialmacht.

        Eigentlich sind wir ja "Almans" hier in Deutschland - das weiß doch jedes Kind, ... obwohl die "Alemannen" ja wiederum auch nur ein Stamm von vielen waren.

  • 8G
    80410 (Profil gelöscht)

    Herzlichen Glückwunsch. Ein erster Schritt in die richtige Richtung.

  • Ich finde, in einer Demokratie muss jeder Bürger, egal welcher Abstammung, gleich sein. Niemand darf wegen seiner Abstammung benachteiligt, aber auch nicht bevorzugt werden. Deswegen würde ich, wäre ich Bürger Australiens, gegen diese Verfassungsänderung stimmen.

    • @Stefan Schaaf:

      Es geht nicht um ein Stimmrecht, sondern um ein Beratungsrecht.



      Die echten Australier, nämlich die Aborigines, werden seit Ewigkeiten von den Einwanderern und deren Nachkommen diskriminiert.



      Ich bin öfters mal in Australien und es ist erschreckend, was da so passiert.

      • @Grummelpummel:

        Es gibt nicht "die" Aborigines. Australien wurde seit etwa 50.000 BC in einer ganzen Reihe von Einwanderungswellen besiedelt. Die verschiedenen Gruppen lassen sich genetisch durchaus gut voneinander differenzieren. Es kam auch zur Verdrängung früherer Siedler durch spätere Einwanderer. Falls Sie Wikipedia nicht verschmähen, könnten Sie sich hier

        de.wikipedia.org/wiki/Aborigines

        schon einmal informieren. Der Artikel liefert auch eine große Menge an weiterführender Literatur.

    • 8G
      80410 (Profil gelöscht)
      @Stefan Schaaf:

      Sie meinen die Aborigines würden bevorzugt, weil man sie als Berater anhört, nachdem man die Existenz ihrer Kultur praktisch geleugnet hat, sie bis in 70er zwangsumsiedelte und ihre Kinder stahl (vgl. "stolen generation"), um durch Assimilation den "aboriginalen Genanteil" aus der Gesellschaft zu entfernen?