Stickoxid-Werte in Städten: Gericht bemängelt zu schlechte Luft
Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden: Die Städte Hamburg und Ludwigsburg müssen für bessere Luft sorgen. Geklagt hatten mehrere Umweltverbände.
Geklagt hatten die Umweltverbände Deutsche Umwelthilfe (DUH) im Fall von Ludwigsburg und der Stadt Kiel und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) zu Hamburg. Stickoxide entstehen vor allem im Straßenverkehr und können der Gesundheit schaden. Darum gelten Grenzwerte für Tage und im Jahresmittel.
An bestimmten Messstationen in den Städten wurden die Grenzwerte jedoch überschritten. Von den Vorinstanzen waren die jeweiligen Bundesländer deswegen dazu verurteilt worden, die Luftqualität zu verbessern und teils Beschränkungen für Diesel-Fahrzeuge zu verhängen. Gegen die Urteile zogen die Städte und Länder vor das Bundesverwaltungsgericht.
Dieses entschied nun für jede der drei betroffenen Städte anders. Im Fall von Hamburg bestätigte es die vorherige Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts weitgehend. Demnach muss Hamburg Diesel-Beschränkungen in den Blick nehmen. Ob sie erforderlich würden, hinge von den aktuellen Prognosen ab, so das Gericht. Die bisherigen Prognosen zu Stickoxiden seien fehlerhaft, weil der Pendlerverkehr nicht ausreichend eingerechnet sei.
Zudem bestätigte das Bundesverwaltungsgericht, dass die Messwerte in anderthalb Metern Höhe entscheidend seien – nicht in vier Metern Höhe, wie die Stadt argumentierte. Eine vom Oberverwaltungsgericht geforderte zweite Planungsstufe für den Fall, dass sich die Werte schlechter entwickelten als gedacht, hielten die Leipziger Richterinnen und Richter dagegen rechtlich nicht für geboten.
Auch Fahrverbote möglich
Auch im Fall Ludwigsburg entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass die Luftqualität verbessert werden müsse. Die Vorinstanz, der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof in Mannheim, habe die Prognose der Stadt zu Recht beanstandet. Diesel-Fahrverbote hält das Bundesverwaltungsgericht hier aber für unverhältnismäßig, wenn der Grenzwert bereits im Folgejahr eingehalten werde.
Im Fall von Kiel muss das Oberverwaltungsgericht in Schleswig erneut urteilen. Es müsse dabei ein vorgelegtes Gutachten zu Luftfiltern berücksichtigen, entschied das Bundesverwaltungsgericht.
In einer ersten Reaktion teilte Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH, mit: „Das ist ein guter Tag für die saubere Luft und die Menschen in Ludwigsburg, Kiel und Hamburg.“ Anstatt saubere Luft „durch ehrliche Maßnahmen sicherzustellen“, versuchten ausgerechnet grüne Landesminister in Ludwigsburg und Kiel, Stickstoffdioxid nur direkt neben Messsensoren durch „absurde Luftstaubsauger“ zu reinigen. „Und erneut benötigten wir Gerichtsentscheidungen, um die Einhaltung von Umweltvorschriften durchzusetzen“, sagte Resch.
Währenddessen teilte das Umweltbundesamt (UBA) am Freitag mit, dass im vergangenen Jahr sechs Städte in Deutschland den zulässigen Grenzwert für Stickstoffdioxid in der Luft überschritten haben. Demnach gab es in den Städten München (54 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel), Ludwigsburg (47), Limburg (44), Stuttgart (43), Darmstadt (42) und Hamburg (41) Überschreitungen des erlaubten Luftqualitätsgrenzwerts von 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid (NO2) pro Kubikmeter Luft.
Dem Umweltbundesamt zufolge handelt es sich um eine deutliche Verbesserung der Luftqualität im Vergleich zu den Vorjahren. 2019 waren noch 25 Städte von Grenzwertüberschreitungen betroffen, 2018 waren es 57. „Die Luft in den Städten wird sauberer, die Entwicklung geht in die richtige Richtung und das ist erfreulich“, erklärte UBA-Präsident Dirk Messner am Freitag. Allerdings wies er zugleich darauf hin, dass der im Jahr 1999 beschlossene Grenzwert zum Schutz der Gesundheit bereits seit 2010 hätte eingehalten werden müssen.
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