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Spahns MaskenaffäreErfolgreich versenkt

Anna Lehmann
Kommentar von Anna Lehmann

Der SPD fehlt es an Mumm, um Ermittlungen gegen Jens Spahns Maskenbestellungen einzuleiten. Das wirft ein schlechtes Licht auf die Sozialdemokraten.

Blockiert von Union und SPD: Ermittlungen gegen Jens Spahns milliardenschwere Maskenbestellungen Foto: Daniel Bockwoldt/dpa

D er lange als „Verschlusssache“ eingestufte Bericht zur Maskenbeschaffung von Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn ist öffentlich. Aber ist die Öffentlichkeit jetzt schlauer? Wohl kaum. Denn ganze Seiten des Berichts sind geschwärzt, genauso wie Quellenverweise und Namen.

Außerdem steht weiter im Raum, ob Spahn rein aus grandioser Selbstüberschätzung heraus handelte oder auch Parteifreunde bedachte. Ob er sich gar selbst bereicherte, als er in den ersten acht Pandemiewochen Steuergelder in Höhe von fast 6 Milliarden Euro für Masken verpulverte. Für Milliarden Masken, von denen letztendlich nur ein Drittel verteilt wurde.

Die Hintergründe werden wohl nie aufgeklärt werden. Dazu müsste der Bericht ungeschwärzt vorliegen. Zudem müsste das Parlament dafür einen Untersuchungsausschuss einrichten. Doch das scheint angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Bundestag unwahrscheinlich. Die Regierungsparteien Union und SPD werden es blockieren.

Die linksgrüne Opposition ist zu klein und kommt nicht auf die nötigen 25 Prozent der Stimmen, die für das Einleiten solcher Untersuchungen nötig wären. Es ginge nur mit Beteiligung der AfD, die dann aber ihr eigenes Süppchen aus der Affäre kochen würde. Die schwarz-rote Koalition hat sich derweil auf eine Enquete-Kommission zur Aufarbeitung von Corona geeinigt. Klingt gewichtig, ist aber vor allem Verschleierungstaktik.

Enquete-Kommissionen ermitteln nicht strafrechtlich

Eine Enquete-Kommission reflektiert vorhandenes Wissen, um Lehren für die Zukunft zu ziehen. Sie ermittelt aber nicht und befragt keine Zeugen – wie es ein Untersuchungsausschuss tun würde. Spahns Maskenkäufe dürften dort eine marginale Rolle einnehmen. Es wird um „große“ Fragen gehen, wie die Folgen der Schulschließungen oder die Debatte um die Impfpflicht.

Das Thema „Masken“ wird von Union und SPD gerade erfolgreich versenkt. Spahn kann also weiter ruhig schlafen. Und im Verbund mit seiner Fraktion und CDU-Gesundheitsministerin Nina Warken munter gegen Sonderermittlerin Margaretha Sudhof wettern, die den Bericht verfasste. Der Bericht sei politisch motiviert, wirft man ihr vor.

Die SPD schaut schweigend zu und verhält sich nicht nur unterwürfig, sondern auch empörend unsolidarisch. Sudhof ist eine Verwaltungsjuristin mit SPD-Parteibuch und jahrelanger Erfahrung im Justiz- und Verteidigungsministerium. Der damalige SPD-Gesundheitsminister Karl Lauterbach beauftragte sie 2024 damit, die Beschaffungspraxis zu Beginn der Pandemie zu untersuchen. Weil rund 100 Lieferanten auf ihrer Ware sitzen geblieben waren und nun mit Erfolg gegen den Bund klagen. Und, nicht wie die Union behauptet, um Wahlkampfmunition zu sammeln.

Für den 3,5-Milliarden-Euro-Schaden, der wohl noch bezahlt werden muss, werden die Steu­er­zah­le­r:in­nen aufkommen. Wenn die Sozialdemokraten aus Koalitionsdisziplin schon nicht den Mumm haben, Untersuchungen zuzustimmen, sollten sie wenigstens den Anstand haben, sich vor eine Frau zu stellen, die einfach ihren Job gemacht hat. Vor allem, wenn sich die SPD als „Partei für gute Arbeit“ neu aufstellen will.

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Anna Lehmann
Leiterin Parlamentsbüro
Schwerpunkte SPD und Kanzleramt sowie Innenpolitik und Bildung. Leitete bis Februar 2022 gemeinschaftlich das Inlandsressort der taz und kümmerte sich um die Linkspartei. "Zur Elite bitte hier entlang: Kaderschmieden und Eliteschulen von heute" erschien 2016.
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26 Kommentare

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  • Wen es doch nur Spahn wäre.



    Dazu kommt noch



    - Pfizergate (von der Leyen, CDU)



    - Berater-Affäre Bundeswehr (von der Leyen, CDU)



    - Die ganzen Maskendeals (Nüßlein, Tandler, Löbel, Sauter, etc. alles CDU/CSU),



    - Augustus-Itelligence-Affäre (Amthor, CDU)



    - Aserbaidschan-Affäre (Hauptmann, CDU)



    - Maut-Affäre (Dobrindt, Scheuer CSU)



    - bekennender Rechtbruch durch Zurückweisung an Grenzen (Dobrindt , CSU)



    und das sind nur die Skandale aus den neusten Zeit. Ältere wären:



    - Spendenaffäre (Kohl, CDU)



    - Amigo-Affäre (Streibl, CSU)



    - weiter bei "Die Anstalt" Folge 59

    Dummheit, Selbstüberschätzung, Selbstbereicherung.



    Natürlich gibt es auch Verfehlungen anderer Parteien, aber nicht so konzentriert und durch die ganze Partei:



    - Cum-Ex Scholz (SPD)



    - Nordstream (Schwesig SPD)

    Den bekanntesten ist nichts passiert und sie sind eher noch aufgestiegen. Stattdessen hackt man auf Flüchtlingen, Bürgergeldempfängern und den Grünen rum.



    Wie dumm ist der Wähler?



    Mit der AfD würde es auch eher schlimmer.

  • Wenn noch nicht mal die Opposition einen Untersuchungsausschuss hinbekommt, braucht man die Mitregierungsparrei nicht anzugreifen. Grünen und Linke steht es frei, eine entsprechenden Antrag einzubringen.

  • Wozu genau braucht es die SPD noch - ausser zur Mehrheitsbeschaffung für die CDU? In der Maskenaffäre keinen Mut zur Aufklärung, ebenso stumm blieb gestern der famose Umweltminister, als sich die Bauernlobby den Freibrief zum unbegrenzten Güllen des Grundwassers holte. Was kommt noch?

  • Man kann versuchen, Jens Spahn mit der Maskenaffäre zu stürzen. Vielleicht gelingt es auch, aber wer glaubt denn wirklich, dass Jens Spahn in einer Regierung Merkel die ganze Sache ohne OK der Kanzlerin gemacht hat?



    Hoffentlich niemand.



    In der Corona-Pandemie herrschte große Angst in Politik und Bevölkerung.



    Insofern mag die Maskenaffäre nachträglich viel Geld kosten, aber dadurch sind auch Leben gerettet worden.



    Jens Spahn war zu der Zeit Gesundheitsminister von Merkels Gnaden.



    Nicht mehr.

  • Habe ich das richtig verstanden? Grüne und Linke wollen einen Untersuchungsausschuss, haben aber nicht genug Stimmen. Mit der AFD wollen sie nicht. Selber schuld.

  • Die SPD ist in großen Zeilen nur noch ein opportunistischer Haufen von Karrieristen. Die meisten sind in der CDU/FDP besser aufgehoben.

    Traurig aber wahr: Die SPD ist so sozial wie die CDU christlich ist.

  • Ein erneuter Erfolg der Brandmauerpolitik für SPD und CDU also. Hätte uns doch nur Jemand gewarnt, nein, doch, oh!

  • Was die SPD dagegen haben kann, wenn Fehler benannt werden und daraus gelernt wird, wenn evtl. ein Möchtegern-Rechtsaußen-Opportunist der Union dabei verdient über die Klippe geht ...?



    Koalitionsdisziplin hat auch ihre Grenzen. Für das allgemeine Klima ist das Thema auch besser diskutiert und abgeräumt, dass auch die diskurs-erlahmten "Querdenker" keinen zweiten Atem erhalten.

  • Danke, Frau Lehmann. So werden die etablierten Parteien kein Vertrauen auf die Demokratie aufbauen. Und bei der nächsten Wahl sind SPD und CDU wieder (unglaubwürdig) überrascht, wenn die Stimmen noch stärker an den rechten und linken Rand verschoben werden.

    Gestern noch kritisiert die CDU Frau Bas für ihren Vorschlag zur Stabilisierung der Rente als zu teuer. Gleichzeitig läßt man den mutmaßlichen Verantwortlichen für einen 3,5-Milliarden-Euro-Schaden weiterhin an zentraler politischer Stelle, und weigert sich gar, offenzulegen, ob sich Herr Spahn oder sein Lebensgefährte direkt oder indirekt an den 3,5 Mrd bereichert haben. Eine solche Heuchelei führt wohl kaum zu Vertrauen in den Staat und seine politische Führung.

  • "Es ginge nur mit Beteiligung der AfD, die dann aber ihr eigenes Süppchen aus der Affäre kochen würde."



    Wieso würde die AfD ein anderes "Süppchen kochen", wenn die SPD sich an der Einleitung eines U-Ausschusses beteiligen würde? Es wäre doch derselbe U-Ausschuss.

  • Bin gespannt, wie die SPD sich in der "Habeck Affäre" positioniert.

  • Das "schlechte Licht" auf die "Sozial"Demokraten macht nichts. Es kann keinen Schatten werfen, denn wo nix ist...

  • Der SPD hat es schon (fast) immer an Mumm gefehlt. Ausnahmen waren u.a. Willy Brandt, Schmidt und vor allem Gerhard Schröder. Schröder war es, der den USA kurz mal die kalte Schulter zeigte. Das war mutig und das war richtig so.

  • Sehr guter Kommentar.

  • So eine gute Gelegenheit, den Bundesmaskenmann mit der vom Ehrgeiz zerfressenen Aura für ein paar Jahre in den Gefrierschrank zu stecken, und die SPD kneift wieder. Typisch.

  • Die SPD ist schon vor langer Zeit gestorben. Was wir in den letzten Jahren erleben ist nur noch die Zombiehülle der Sozialdemokratie. Rein vegetativ, ohne eigene Ideen oder Lebensmut. Das wird nicht mehr. Vorbei.

  • Warum sollte sie auch? Die SPD hat dabei doch mitgemacht und war damals genauso an in der Regierung wie heute, und überhaupt wie fast immer seit fast 30 Jahren.

  • Hier mal Spahn fragen(+andere auch) ! :



    www.abgeordnetenwa...riod=All&party=All

  • eigentlich keine überraschung bei einer partei, die aufgrund der erinnerungslücken ihres kanzlers wenig zur aufklärung im cum-ex-skandal beitragen konnte. sind halt spezialdemokraten...

  • "Das Thema „Masken“ wird von Union und SPD erfolgreich versenkt."



    ===



    Die von der Regierung geplante Enquete-Kommission beschäftigt sich unter anderem neben der fundierten Aufarbeitung der Pandemie mit dem staatlichen und gesellschaftlichen Handeln.

    Zur Aufschlüsselung des staatlichen Handelns gehört der Maskeneiertanz von Spahn. Damit hat der linke Teilnehmer in der Enquete-Kommission oder Teilnehmerin und die Grünen die Gelegenheit, Spahns eigenmächtiges und schädigendes Handeln entsprechend aufzudecken und zu rügen.

    2.. Der Antrag für einen Untersuchungsausschuss stammt von den



    151 Faschisten im Bundestag.

    Warum nun Anna Lehmann die Sozialdemokraten verpflichten möchte mit den Faschisten zu stimmen erschliesst sich nich - von der Partei der Linken und den Grünen existiert kein Atrag.



    (Grüne & Linke zusammen == 149 Abgeordnete)

    siehe www.bundestag.de/d...farbeitung-1094374

    • @zartbitter:

      Du musst den Artikel nochmal lesen, der ist nicht falsch geschrieben.



      Es braucht enstprechend Art. 44 I GG "ein Viertel seiner Mitglieder" um den Bundestag gegen die Regierungsmehrheit zu verpflichten einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, das sind mit 630 Mitgliedern aktuell 158, weil es keine halben Menschen gibt.

      Ergo könnten 9 SPD Mitglieder mit der Opposition zusammen stimmen wenn die Linken und Grünen einen Antrag einbrächten,true enough, aber wer sollte da ein Kandidat für sein der mehr Parlamentarier als Karrierist ist in der Partei? Jan Dieren,wer noch?

      Wollte man es denn also wirklich, müsste die Linken und Grünen halt endlich sich den Stock aus dem Arsch ziehen und erkennen dass "once you're elected, you're supposed to work with the people on the other side". Heißt nicht dass du mit denen zusammen für irgendwas menschenverachtendes stimmen solltest aber doch für Sachen in denen ihr übereinstimmt,sonst kannste auch gleich dein Mandat zurückgeben!



      Es ist so unglaublich nervig über Selbstverständlichkeiten diskutieren zu müssen heutzutage,ich könnte mich genau so aufregen wie Heidi darüber im Jahr 2025 über Abtreibung streiten zu müssen in jener Rede,ist doch Wahnsinn!

  • Wann wurde denn jemals eine Aufklärung mit Konsequenzen betrieben?



    Ob Maut, Wehrbeschaffung oder Masken, Wirecard, Nordstream oder Postenbesetzung im engsten Familienkreis.



    Wer sollte und könnte da wem einen Vorwurf machen ohne sich selbst zu gefährden?



    Es liegt sicher nicht allein an der SPD.



    Sie ist letztlich nur ein Teil des Systems.

  • In den Krankenhäusern gab es damals keine FFP 2 Masken, medizinisches Personal erkrankte lebensgefährlich, es gab auch Todesfälle mangels Masken.



    Alle regulären Wege zum Bezug versagten, in China standen Leute mit Alukoffern voller Geld an Fabriken und Flughäfen und leiteten die verfügbaren FFP Masken um.



    Spahn hat trotzdem irgendwie so schnell wie möglich Masken beschafft, und auch genug. Es gibt keinen einzigen Hinweis auf persönliche Vorteilsnahme.



    Das scheint aber denen, die Spahn schon immer abschießen wollten, egal zu sein.

    • @Der andere Robert:

      Wenn der Spahn der Held der Geschichte ist, *ACHTUNG,richtige Benutzung eines Klisches folgt*



      was haben er und die Union dann zu verbergen?

      Man will hier ja nicht in seine Privatssphäre sondern in sein Regierungshandeln eindringen.



      "They're public officials, we're private citizens. We should know everything about them, but they should know nothing about aus"



      - Ed Snowden

  • Klingbeil&Co. habe ich noch nie vertraut. Fühle mich wieder mal bestätigt.

    • @Minion68:

      "Mehr für dich, besser für Deutschland"

      Hätte nichts anderes von dieser möchtegernpopulistischen Partei erwartet. Die sind inzwischen Steigbügelhalter für potentiell fast alles.