Sozialprotest vor FDP-Zentrale in Berlin: „Lindner Rücktritt – ein Übergewinn“
Rund 200 Menschen haben vor der FDP-Zentrale für gerechtere Krisenpolitik demonstriert. Aufgerufen hatte das Bündnis „Wer hat, der gibt“.
Auf Pappschilder waren viele Gründe zu lesen, warum gerade diese Partei und ihr Vorsitzender Christian Lindner in den Fokus der Proteste geriet. „Porsche-Freund ist unser Feind“ war dort zu lesen oder „Lindner Rücktritt – ein Übergewinn“. „Finanziert durch Porsche“ war auch auf einen Plakat mit Lindners Konterfei zu lesen.
In kurzen Redebeiträgen wurde dem FDP-Vorsitzenden vorgeworfen, für das Auslaufen des 9-Euro-Tickets ebenso verantwortlich zu sein wie für die Förderung des Dienstwagenprivilegs und anderer Vergünstigungen für AutobesitzerInnen. „Lindners Ablehnung einer Übergewinnsteuer wie sie in vielen EU-Staaten bereits existiert, hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Da haben wir gedacht, jetzt protestieren wir vor der FDP-Zentrale“, berichtete ein junger Aktivist über die recht kurzfristige Mobilisierung zu der Kundgebung.
Aufgerufen hat das sozialpolitische Bündnis „Wer hat, der gibt“, das sich im Herbst 2020 gegründet hat. Es forderte während der Corona-Pandemie, dass die Reichen zur Kasse gebeten werden sollen. Umverteilungsforderungen dominierten auch die zahlreichen kurzen Redebeiträge am Mittwochabend. „Wir fangen mit der FDP an, aber auch die anderen Regierungspartei verdienen unsere Kritik“, betonte eine Rednerin.
„Noch viel zu wenige“
Selbstkritische Töne kamen von einer Vertreterin der anarchistischen Gruppe Perspektive Selbstverwaltung. „Wir sind noch viel zu wenige und auch schon sehr spät dran mit unseren Protesten“, gab sie zu bedenken. Insgesamt aber dominierte Aufbruchstimmung. VertreterInnen verschiedener Antifagruppen waren ebenso vertreten wie die globalisierungskritische Organisation Attac.
Auch mehrere Mitglieder der Linkspartei hatten sich hinter einen großen Banner versammelt. Der Linken-Bundestagsabgeordnete Pascal Meiser schrieb von einem „kleinem Vorgeschmack“ was auf die Ampel zukomme, „wenn sie nicht umgehend für ein echtes Entlastungspaket für kleine und mittlere Einkommen sorgt.“
Nach einer knappen Stunde war der Protest vorbei. Einige junge AktivistInnen wollten im Anschluss noch eine Spontandemonstration anmelden. Doch da hatten sich die meisten schon in den heißen Sommerabend zerstreut. „Das war erst der Anfang, wir kommen wieder“, verabschiedete sich ein Sprecher am Mikrofon. Man hatte den Eindruck, dass es ernst gemeint ist.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen