Solidarität mit Wikileaks-Gründer: Gegen die Auslieferung Assanges
Wie kann die Überstellung Assanges an die USA verhindert werden? Die Anwälte des Wikileaks-Gründers stellen ihre Strategie vor.
Sollte Assange an die USA ausgeliefert und dort verurteilt werden, könne sich niemand in den Medien mehr sicher fühlen, egal wo. Das war am Mittwoch eine der zentralen Aussagen sowohl von Hrafnsonn als auch von Nils Melzer – auch der UN-Sonderberichterstatter über Folter nahm an der Veranstaltung zur Unterstützung Assanges teil.
Assange gehe es derzeit besser, berichtete Hrafnsonn. Er befände sich zwar immer noch in einem Hochsicherheitsgefängnis, jedoch nicht mehr unter Bedingungen vollständiger Isolationshaft, sondern mit einem Mindestmaß an sozialem Kontakt. Möglich sei dies nur „durch den vereinten Druck der Anwälte, der Öffentlichkeit und letztendlich mehrerer Gesuche seiner Mithäftlinge gewesen“, so Hrafnsonn.
Die Anklagepunkte, die aus den USA aufgrund der Anti-Spionage-Gesetze vorgebracht werden, sind im Laufe der Zeit immer umfangreicher geworden. Assange droht eine Verurteilung zu 175 Jahren Haft.
Nicht mit fairen Mitteln gespielt
Assanges Anwältin Jean Robinson empörte sich. Das Material, mit dem Assange Menschenrechtsverletzungen aufdeckte, werde inzwischen am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und am Internationalen Gerichtshof als Beweismaterial benutzt – aber in der Anklage werde er als Agent feindlicher Geheimdienste bezeichnet und seine Veröffentlichungen als Gefährdung von Menschenleben diskreditiert.
Auch in London werde nicht mit fairen Mitteln gespielt. „Wir wissen inzwischen, dass Absprachen unsererseits mitgehört wurden, trotz des Anwaltsgeheimnisses“, sagte Robinson weiter. „Für eine angemessene Verteidigung mangelt es sowohl an Kontakt mit Assange als auch an einem Computerzugang für ihn.“
Der ebenfalls anwesende Schatten-Schatzkanzler der Labour-Partei John McDonnell gab an, er versuche, Zugang zu Assange auch auf parlamentarischem Weg zu schaffen.
Zu einer veränderten öffentlichen Wahrnehmung des Falls Assange hat vor allem Nils Melzer beigetragen. Der UN-Sonderberichterstatter über Folter hatte schon nach Besuchen bei Assange von klaren Anzeichen gesprochen, dass Assange der Psychofolter unterliege. Vor wenigen Tagen legte er in einem Interview mit der Schweizer Republik nach. Darin weist Melzer nach, wie der Fall mittels hanebüchener Rechtsbrüche kreiert und die Öffentlichkeit manipuliert wurde.
Hauptsache Haftbefehl
Zunächst hatte die schwedische Staatsanwaltschaft 2010 einen Vergewaltigungsvorwurf gegen Assange konstruiert, obwohl es vonseiten der betroffenen Frauen keinen gab, und gleichzeitig die Boulevardmedien informiert. Dann zeigte sie jahrelang weder an einer Anklageerhebung noch einer Einvernehmung Assanges irgendein Interesse – wohl aber am Aufrechterhalten des Haftbefehls, nachdem Assange Schweden verlassen hatte. Erst als Melzer sich im vergangenen Jahr mit einem umfassenden Fragenkatalog an die schwedische Regierung wandte und die Rechtmäßigkeit ihres Vorgehens anzweifelte, wurde das Verfahren plötzlich eingestellt.
Für Melzer ist das ein von vorne bis hinten abgekartetes Spiel, bei dem es von Anfang an – und das heißt, spätestens seit der Veröffentlichung der Afghanistan-Dokumente durch Wikileaks im Juli 2010 – nur darum ging, Assange mit Strafverfahren zu überziehen, seine Glaubwürdigkeit zu zerstören und ihn als Menschen zu vernichten.
Die Umstände, wie die neue ecuadorianische Regierung Assanges Asyl in der Londoner Botschaft aufhob und die Tatsache, dass er wegen eines normalerweise mit Bußgeld geahndeten Verstoßes gegen seine Kautionsbestimmungen zu 50 Wochen Hochsicherheitsgefängnis verurteilt wurde, sind für Melzer klare Zeichen.
Schon jetzt hat die Anklage gegen Assange Nachahmer in anderen Weltteilen gefunden: Vor zehn Tagen wurde in Brasilien der Journalist Glenn Greenwald angeklagt. Greenwald, der durch seine Zusammenarbeit mit NSA-Whistleblower Edward Snowden bekannt geworden war, hatte in der brasilianischen Version des von ihm geführten Portals Intercept eine Reihe geleakter E-Mails veröffentlicht, die den brasilianischen Behörden Korruption und Manipulation bei der Verurteilung des Ex-Präsidenten Lula da Silva nachwiesen.
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