piwik no script img

Sichere Herkunftsstaaten im BundesratEntscheidung verschoben

Noch ist unklar, ob am Freitag im Bundesrat eine Entscheidung fallen wird. Es ist von Erpressung die Rede.

Schluss mit lustig: Der grüne Ministerpräsident (li) und sein Innenminister Thomas Strobl Foto: dpa

Berlin/Stuttgart taz | Bund und Länder sind in der Frage, die Maghrebstaaten Algerien, Marokko und Tunesien zu sicheren Herkunftsländern zu erklären, weiter uneins. Am Montagabend hatte Kanzleramtsminister Peter Altmeier (CDU) die Länder gebeten, für die Bundesratsabstimmung am Freitag noch keine Festlegung zu treffen. Offenbar will der Bund auf den letzten Metern noch einen Kompromiss erreichen, dem auch die Regierungs-Grünen in den Ländern zustimmen können, die das Gesetz bislang ablehnen.

Es sei sogar denkbar, dass das Thema am Freitag überhaupt nicht im Bundesrat verhandelt wird, erklärte Thomas Strobl (CDU), Stellvertreter des grünen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann.

Zudem ist zu hören, dass die Bundesregierung die Zustimmung zu den sicheren Herkunftsländern an bereits zugesagte Geldleistungen an die Länder knüpft, die die Hauptlast bei der Unterbringung von Flüchtlingen tragen. Das wird von den Ländern offenbar als Erpressungsversuch verstanden.

Um das Gesetz durchzubringen, bräuchte Merkels Regierung die Zustimmung von mindestens drei großen von Grünen mitregierten Ländern. Ein Nein von Kretschmann wäre der letzte Stein einer grünen Blockade. Zuletzt hatte auch der realpolitisch und pragmatisch tickende Landesverband Hessen sein Veto angekündigt.

Wie ein Kompromiss zwischen dem Bund und grün-regierten Ländern aussehen könnte, skizzierte der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Dienstag vor der Presse. Entscheidend für die Zustimmung Baden-Württembergs sei, dass sogenannte „vulnerable Gruppen“ wie Homosexuelle oder Journalisten „im Asylverfahren ihr Schutzrecht wahrnehmen können“, sagte Kretschmann. Das Modell dafür könnte Baden-Württemberg liefern: Dort können Asylbewerber eine unabhängige Rechtsberatung in Anspruch nehmen. Zudem müsste das Asylverfahren bei diesen Gruppen gründlicher verlaufen als bei anderen.

Erste Zerreißprobe

Die Diskussion stellt die junge grün-schwarze Regierung in Stuttgart vor ihre erste Bewährungsprobe. Die CDU dringt auf Einhaltung des Koalitionsvertrags, in dem eine Zustimmung vorgesehen ist, wenn die strengen verfassungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind.

Kretschmanns Innenminister Strobl betonte gestern, dass er sich darauf verlasse, dass sich die Grünen an den Koalitionsvertrag halten. Gleichzeitig üben etwa Flüchtlingsverbände Druck auf die Grünen und Kretschmann aus, nicht zuzustimmen, weil die Menschenrechtslage in Nordafrika weiterhin prekär sei.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    "Schluss mit lustig: Der grüne Ministerpräsident (li) und sein Innenminister Thomas Strobl"

    Vor allem (li), doch lustig - irgendwie...