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Sexueller MissbrauchSie schweigen, er weint

Eine schwierige Geschichte für die Grünen. Ein ehemaliger Büroleiter, Hans-Bernd K., soll Minderjährige missbraucht haben, auch im Wahlkreisbüro.

Mit Handschellen im Gerichtssaal: Hans-Bernd K. Bild: dpa

GIESSEN taz | Die Liebigstraße in Gießen liegt in einem ruhigen Wohnviertel mit vielen Villen aus der Jahrhundertwende. Hier, im Hochparterre des Hauses mit der Nummer 83, hat der grüne Bundestagsabgeordnete Tom Koenigs sein Wahlkreisbüro. Eine geschwungene Treppe mit sieben Stufen führt hinauf zur Eingangstür, die dieser Tage für Journalisten meistens verschlossen ist. Zumindest dann, wenn man sich nach Hans-Bernd K. erkundigen möchte, der dieses Büro jahrelang geleitet hat.

Auch am Telefon möchte sich von den Grünen niemand zu Hans-Bernd K. äußern, sein Name ist aus allen Verzeichnissen getilgt. Dabei hatte K. bei den Grünen viele politische Funktionen inne. Er war stellvertretendes Mitglied im Parteirat der hessischen Grünen, gehörte zum Kreisvorstand der Grünen in Gießen, war in der Sportkommission ebenso tätig wie im Seniorenbeirat des Landkreises. Alle Erinnerung an den ehemaligen Kollegen sind inzwischen einer sorgfältigen „damnatio memoriae“ unterzogen worden.

Es ist, als habe es bei den Grünen nie einen Hans-Bernd K. gegeben, der früher auf der Internet-Seite der Partei zu seinem politischen Engagement schrieb: „Ich mache Politik für die Grünen, da sie sich am stärksten für den Schutz von Minderheiten und die Wahrung der Menschenrechte einsetzen.“ Heute steht da nur: „Tut uns leid“, und: „Leider konnten wir die gewünschte Seite nicht finden. Entschuldigen Sie bitte die Umstände.“

Wer diese Umstände aufklären möchte, wird aus Gießen nach Berlin verwiesen, wo sich Tom Koenigs meistens aufhält, wenn er nicht in der Welt unterwegs ist. Der 70-Jährige hat für die Vereinten Nationen gearbeitet, UN-Friedensmissionen in Lateinamerika geleitet, die Menschenrechtspolitik des Auswärtigen Amtes verantwortet und sitzt seit 2008 im Vorstand des UN-Kinderhilfswerks Unicef.

Der Brief an Tom Koenigs

Am 2. Oktober 2013, die neue Fraktionsspitze der Grünen war gerade gewählt worden, bekam Koenigs persönlich Post aus Gießen. Ein anonymer Brief, in dem sein dortiger Büroleiter Hans-Bernd K. des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen beschuldigt wurde. Koenigs reagierte umgehend, übergab den Brief an die Polizei und veröffentlichte kurz darauf eine Stellungnahme: „Ich war von den Vorwürfen schockiert und völlig überrascht (…). Zu den Vorwürfen selbst kann ich nichts sagen. Die Ermittlungen liegen in der Hand der Staatsanwaltschaft und der Polizei, die ich bei der Ermittlungsarbeit unterstütze.“

Zu diesem Zeitpunkt war Hans-Bernd K. bereits festgenommen, seine Wohnung von der Polizei durchsucht worden. Oberstaatsanwältin Ute Sehlbach-Schellenberg legte K. zur Last, seit 2007 bis unmittelbar vor seiner Entdeckung sexuellen Missbrauch an mehreren Kindern verübt zu haben. In mehreren Fällen soll der Mann drei Mädchen und einen Jungen sexuell missbraucht haben. Die Kinder waren zum Zeitpunkt der mutmaßlichen Taten zwischen sechs und zwölf Jahre alt.

Seit Ende März muss sich K. nun vor Gericht verantworten. Am heutigen Donnerstag ist der letzte Verhandlungstag. Das Urteil wird am 14. Juli erwartet.

K. wird auch die direkte und unerlaubte Weitergabe von Drogen an Minderjährige vorgeworfen. Ferner soll er kinderpornografisches Material besessen, das den Kindern gezeigt sowie an sich selbst sexuelle Handlungen vorgenommen haben. In seiner Wohnung soll überdies Reizwäsche beschlagnahmt worden sein – in Kindergröße.

Büro durchsucht

Zeitgleich war auch das Büro in der Liebigstraße durchsucht worden, weil mindestens eine der Taten in deren Räumlichkeiten begangen worden sein soll. Entsprechend „fassungslos und entsetzt“ reagierten auch Kreisvorstand und Kreistagsfraktion der Grünen: „Angesichts der schweren Vorwürfe fordern wir ihn auf, eng mit Polizei und Staatsanwaltschaft zusammenzuarbeiten und alles nur Mögliche zu tun, um zur Aufklärung der Vorwürfe beizutragen. Wir erwarten von ihm, dass er alle Ämter und Mandate umgehend niederlegt. Missbrauch von Kindern und Jugendlichen ist immer ein Verbrechen, das besonders schwer wiegt. Für uns Grüne sind die erhobenen Vorwürfe kaum zu ertragen.“

Unerträglich nicht nur wegen der Ungeheuerlichkeit der Anschuldigungen. Sondern auch, weil der Fall sich für die Grünen als politisches Torpedo erweisen könnte. Dabei war es im Herbst 2013 in der öffentliche Debatte um das skandalöse Verhältnis vieler „früher“ Grüner zur Pädophilie gerade erst wieder ein wenig leiser geworden. Und nun das.

Anton Hofreiter gab damals zu Protokoll: „Die widerwärtigen Verbrechen, die ein Mitglied unserer Partei begangen hat, sollte man nicht vermischen mit schrecklichen Debatten, auch wenn manches zusammenhängen mag.“ Vermutlich erklärt sich daraus auch das Schweigen der Grünen. Auf allen Ebenen herrscht Ruhe, sobald man sich nach dem Fall erkundigt, und selbst Tom Koenigs verweist lediglich auf seine damalige Pressemitteilung.

Dabei herrscht ein begründetes Interesse an der Frage, inwiefern das „widerwärtige Verbrechen“ tatsächlich mit den „schrecklichen Debatten“ zusammenhängt, die in der Frühphase der Partei geführt worden sind. Hat Hans-Bernd K. sich absichtlich bei den Grünen eingenistet, auf deren Verständnis für seine Neigungen spekulierend? Ist er am Ende gar ein Gespenst aus der Vergangenheit? Ein Überzeugungstäter also? Jedenfalls verhält sich Hans-Bernd K. vor Gericht wie seine ehemaligen Kollegen, die ihn längst aller Ämter enthoben und aus der Partei ausgeschlossen haben. Er schweigt.

Das übliche Gerede

In der Nachbarschaft gibt es das übliche Gerede. Seine Frau sei sehr nett und tagsüber immer „auf Arbeit“ gewesen, erzählt eine Nachbarin, die auch den Prozess verfolgt. Man könne aber in die „Leute nicht reinschauen“, und außerdem habe er „die Sachen“ nie „im Garten gemacht“. Wenn er sie denn gemacht habe, die Sachen.

Am Montag dieser Woche auf dem Weg in den Gerichtssaal, noch in Handschellen, gibt sich Hans-Bernd K. erstaunlich leutselig und grüßt seine Nichte, die später für ihn aussagen wird. Der 61-Jährige mit den weißen Haaren trägt eine graue Strickjacke über einem blaukarierten Hemd. Wenn man ihm zu lange in die Augen schaut, zwinkert er einem von der Anklagebank zu.

Unbewegt nimmt er auch die Aussagen einer Zeugin entgegen, einer 13-Jährigen, die mit ihrem Vater gekommen ist. Sie sei „ein paar Mal“ mit den anderen Kindern – alle aus überforderten Familien, die zunächst noch „dankbar“ für die Zuwendungen des Politikers waren – zu Hans-Bernd K. in die Wohnung gegangen. Dort habe der Angeklagte mit den Kindern „Cola getrunken“ und ihnen Süßigkeiten gegeben, und dann habe man „Fliegen“ gespielt, wobei K. die Kinder aufs Bett warf: „Die anderen fanden das Spiel voll lustig und meinten, ich soll das machen.“

Weil sie dabei aber „zwischen den Beinen und am Bauch“ berührt worden sei, folgte die Zeugin ihrem „komischen Gefühl“ und hielt sich seitdem von K. fern. Weil das Kind jetzt zu „sexuellen Handlungen“ befragt werden soll, schließt der Vorsitzende Richter die Öffentlichkeit aus. Die entsprechende Befragung dauert fast anderthalb Stunden.

Auch mal zotige Witze

Eine frühere Mitarbeiterin aus dem Wahlkreisbüro ist ebenfalls geladen. Sie weiß mehr über ihren ehemaligen Chef zu berichten, den sie täglich in der Liebigstraße erlebte. Ihre Aussage erhellte ein wenig den ernüchternden Alltag der Parteiarbeit. Hin und wieder habe K. Kinder mitgebracht und eines der Mädchen stolz als seine „Patentochter“ vorgestellt, die ihn „zum Mittagessen“ abgeholt habe. Auch habe er von Nachbarskindern erzählt, die bei ihm „ein und aus“ gehen würden. Sie habe K. als Mann eingeschätzt, der „auch mal zotige Witze reißt“, mit seiner häufig abwesenden Frau aber ein „eingespieltes Team“ gebildet habe.

Auf einer Fahrt mit drei weiteren Frauen zu einer Tagung nach Frankfurt habe er sich im Auto „wie ein Hahn im Korb“ gefühlt und auch entsprechend benommen. Dieses Verhalten und seine Offenheit, was seine Bekanntschaft mit den Kindern anging, hätten bei ihr keinen Verdacht aufkommen lassen. Der Umgang sei „ganz normal gewesen“, betonte die Zeugin: „Und ich bin in dieser Hinsicht sehr sensibilisiert!“

Aufgefallen sei ihr auch der Schreibtisch des Chefs, „ein einziges Chaos“, und dass er „nur das Nötigste“ erledigt habe – was auch von der Zentrale „aus Berlin“ beanstandet worden sei. Öffentlich sei Hans-Bernd K. gern „damit hausieren gegangen“, für Tom Koenigs zu arbeiten: „Er saß gerne im Kreistag.“ Intern allerdings soll er Klage darüber geführt haben, von dem schmalen Gehalt nicht leben zu können. So habe er nur Veranstaltungen besucht, „auf denen es etwas zu essen gab, das war ihm wichtig“. Vom Richter direkt zum politischen Weltbild des Angeklagten befragt, erklärte die Zeugin, K. habe „fachlich nichts beitragen“ können, „nicht genügend Wissen und Können“ und im Grunde „auch kein Interesse an Politik gehabt.“ Alle hätten das gewusst, sie sei davor sogar von Parteifreunden gewarnt worden.

Zum Büro in der Liebigstraße hätten 15 Personen einen Schlüssel gehabt, es sei „ein ständiges Kommen und Gehen gewesen, zu jeder Tages- und Nachtzeit“. Und weil man nach Aufschließen der Tür „sofort im Büro“ stand, so die Zeugin auf Nachfrage, habe man sich dort auch nie unbeobachtet fühlen können. Überall? Nein, da habe es einen „oberen Raum“ gegeben, etwa zwölf Meter vom Eingang entfernt, in den man nur durch mehrere andere Zimmer gelangen könne.

Als es um seine Zeit bei den Grünen geht, nimmt Hans-Bernd K. einmal seine Brille ab. Es sieht aus, als wollte er sie putzen. Er weint.

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14 Kommentare

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  • Im Zwischenbericht den das Team des Parteienforschers Franz Walter vorgelegt hat, wird als ein begünstigender Faktor die Offenheit der Grünen für unkonventionelle Einstellungen aller Art angegeben. Dies im Zusammenwirken mit anderen Faktoren hat dazu beigetragen, dass Pädolobbyisten die Grünen instrumentalisieren konnten, um ihre Interessenvertreter an Schaltstellen zu platzieren. Eine Zeitlang jedenfalls. Auch bei den Liberalen ist ihnen das gelungen. Und zwar über die Jungdemokraten.

    Im Grunde hat jede Partei ihre spezielle Vulnerabilität, was Pädokriminalität angeht. Siehe nur die C-Parteien mit ihren engen Verbindungen zur Katholischen Kirche. Ebenfalls eine Organisation, deren Grundstruktur Tätern Vorschub leistete. Sexueller Missbrauch ist nicht irgendein Verbrechen. Sondern eng mit anderen Arten von Übertretungen verknüpft, die wir eigentlich innerhalb unserer Gesellschaft nicht dulden sollten.

     

    Angelika Oetken, Berlin-Köpenick, eine von 9 Millionen Erwachsenen in Deutschland, die in ihrer Kindheit und/oder Jugend Opfer schweren sexuellen Missbrauchs wurden

  • "Vom Richter direkt zum politischen Weltbild des Angeklagten befragt, erklärte die Zeugin, K. habe 'fachlich nichts beitragen' können, 'nicht genügend Wissen und Können' und im Grunde 'auch kein Interesse an Politik gehabt.' Alle hätten das gewusst, sie sei davor sogar von Parteifreunden gewarnt worden."

     

    Interessant schon, wie auch DIE GRÜNEN unsere Steuergelder einsetzen, um als Mitarbeiter in ihren Abgeordnetenbüros irgendwelche Menschen ohne Qualifikationen einzusetzen, damit sie offenbar aus Gefälligkeit versorgt werden.

    Wenn ich so anfange zu arbeiten, ohne auf irgendwelche fachlichen Qualifikationen zu achten, dann darf ich mich auch nicht wundern, wenn ich dann unfähig bin, menschliche Qualifikationen nicht beachten zu können.

  • @Janek:

     

    Im November 2013 wurde ein NPD-Wahlkampfhelfer wegen sexuellen Missbrauchs einer 13-Jährigen zu 32 Monaten Haft verurteilt. Der damals 24-Jährige soll im Frühjahr 2010 mit einem damals 13-jährigen Mädchen ein Kind gezeugt zu haben.

     

    Und nicht zu vergessen der SPD-Politiker und ehemalige Vorsitzende des Innenausschusses, ehemalige Mitglied des Rechtsausschusses und ehemalige Leiter des NSU-Untersuchungsausschuss, Sebastian Edathy, gegen den wegen Erwerbs und Besitzes (und Nachfrage!) von so genanntem „kinderpornographischem“ Material ermittelt wird.

     

    Und das sind sicherlich nicht die Einzigen...

  • @Janek:

     

    Ein Ex-Vorstandsmitglied eines Potsdamer CDU-Bezirksverbands soll über Jahre hinweg seine Nichte ab dem Vorschulalter sexuell missbraucht und sie zu Geschlechtsverkehr gezwungen haben - immer dann, wenn er zu Besuch bei der Familie seiner Schwester war.

     

    Gegen den CDU-Kommunalpolitiker Marco Schulz aus Vorpommern-Greifswald wird wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs im familiären Umfeld ermittelt. Der Mann ist Verwaltungsbeamter in der Kriminalpolizeiinspektion Anklam und soll in der Vergangenheit seine heute 18-jährige Stieftochter sexuell missbraucht haben.

     

    Der Kreisvorsitzende der Stuttgarter CDU (bis 2011), außerdem Kuratoriumsmitglied des evangelikalen Vereins ProChrist, Michael Föll, wurde im Zusammenhang mit dem Verfahren gegen den Eiskunstlauftrainer Karel Fajfr, der 1995 der Misshandlung einer Schutzbefohlenen, des sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen in elf Fällen sowie der Körperverletzung in zwei Fällen schuldig gesprochen wurde, wegen Beihilfe zur Misshandlung Schutzbefohlener verurteilt.

  • @Janek: Das, was Sie fordern, nennt man Gesinnungsjournalismus. Meinen Sie das wirklich im Ernst?

     

    Aber keine Sorge, Täter gibt es überall:

     

    2004 fiel der CDU-Politiker und ehrenamtliche Bürgermeister der Gemeinde Harsefeld bei Stade Hans-Hinrich Meibohm (67) auf, weil er vier minderjährige Mädchen auf seiner Ponyweide sexuell missbraucht haben soll. „Offenbar hat der Beschuldigte schon seit Jahren Kinder auf seine Wiese zum Reiten eingeladen“, sagt Johann Schlichtmann, Sprecher der Stader Polizei. Dabei sei es offenbar bereits mehrfach zu sexuellen Übergriffen seitens des Bürgermeisters gekommen.

     

    2009 wurde gegen den damals 37 Jahre alten SPD-Fraktionsvorsitzenden im Rat von Salzgitter und Diplom-Verwaltungswirt Daniel Hiemer wegen Kinderpornografie ermittelt.

    • @Lilly Maier:

      irrtum!

      das, was janek fordert, ist: kein gesinnungsjournalismus!

      ich mich dem anschließe mich.

      denn beim lesen dieses artikels schüttelte sich mir der kopf. und ich fragte mich: das soll prozessberichterstattung sein?

  • Liebe TAZ-Redaktion, habt Ihr nicht genug Abos verloren, nachdem Ihr Euch eine Woche vor der Bundestagswahl der CSU als Schlammschleuder angeboten habt? Was soll dieser Mist jetzt 10 Tage vor der EP-Wahl? Was ist der Neuigkeitswert? Dass die Grünen keine Lust haben, laufende Verfahren zu kommentieren? Dass sie nicht glücklich darüber sind, dass ein ehemaliger Mitarbeiter solcher Schweinereien verdächtigt wird. Vielleicht besinnt Ihr Euch mal auf guten Journalismus. Konservativen Gefälligkeitsjournalismus gibt es Axel Springer sei dank in diesem Land genug. beste Grüße

    Jan

    • @Janek:

      Fordern Sie tatsächlich, dass eine Zeitung bei Ihrer Berichterstattung parteipolitische Interessen berücksichtigt, und das auch noch ausgerechnet von der taz??

      Nebenbei, ie taz ist auch nicht die Parteizeitung der Grünen.

  • Am Schlimmsten wirkt sich hier das aus, was die GRÜNEN jetzt wieder an den Tag legen (was aber auch bei der Katholischen Kirche, in der Odenwaldschule, anderen Parteien, Internaten, Schulen usw. zu beobachten ist): So tun, als handele es sich hierbei um Einzelfälle, um ein vorübergehendes Phänomen, etwas, das in irgendwelchen Sonderzirkeln abgearbeitet und dann zur Tagesordnung übergegangen werden kann.

     

    Nein, es handelt sich um ein tief mit ALLEN gesellschaftlichen Strukturen und Institutionen zusammenhängendes Thema und das muss endlich offengelegt werden. Es handelt sich ganz konkret um zehntausende (!) Kinder und Erwachsene, die dieser noch immer weit verbreiteten gesellschaftlichen Ignoranz gegenüber den tatsächlichen Zusammenhängen und Hintergründen bis heute tagtäglich zum Opfer fallen. Und niemand - auch nicht die GRÜNEN - kann mehr sagen, das habe man nicht gewusst.

  • Wenn allerdings vor Gericht die Täter weinen, spricht niemand davon, dass sich hier ein Täter in die „Opferrolle“ einrichtet. Es wird nicht erkannt, dass der Täter um sich selbst weint, weil es ihm peinlich ist, dass er nun als „Kinderficker“ dasteht. Das kratzt am männlichen Selbstverständnis und DESHALB weinen diese Täter! Nicht, weil es ihnen um die Kinder leid täte. Wenn der (mutmaßliche) Täter jetzt als „Normalo“ beschrieben wird, als jemand, der „auch mal zotige Witze reißt“, ein bisschen faul und eigentlich politisch uninteressiert ist, dann zeigt das zunächst erst einmal wieder, wie viel Aufmerksamkeit dem Täter und seiner Geschichte zukommt. Die „häufig abwesende Frau“ muss auch noch zur Begründung herhalten – der „sexuelle Notstand“ leuchtet im Hintergrund schon neonfarben auf!

     

    Wann endlich bekommen einmal die kindlichen Opfer und ihre Lebensgeschichten soviel Raum?? Wann endlich wird das Wissen über das, was da tatsächlich passiert, wenn die Floskel „sexueller Kindesmissbrauch“ fällt, und was das in seiner gesamten Konsequenz für die Betroffenen bedeutet, soweit Allgemeinwissen, dass endlich ein informierter und sachgerechter Umgang mit diesen Fällen, den Betroffenen und den Sexualstraftätern erfolgt? Wir wachen zwar langsam auf, aber noch immer wirken alte Paradigmen in der Einschätzung dieser Straftaten und beeinflussen den Umgang damit.

    • @Lilly Maier:

      Ein wirklich sachgerechter Umgang mit den Betroffenen sexueller Gewalt in der Kindheit würde diese und alle anderen Gesellschaften zumindest finanziell funktionsunfähig machen. Diese Idee ist reizvoll, wenn auch unrealistisch.

      Es bleibt daher nur der Selbsthilferaum für heutige Erwachsene und das konsequente Einfordern von sachgerechten Einrichtungen und Projekten für Kinder.

  • Die Reaktion der GRÜNEN unterscheidet sich um Nichts von der üblichen Reaktion des Umfelds: (Tot)Schweigen, Verleugnen, Ausblenden. Das machen die Mütter so, das machen die Bischöfe so, das machen die Schulleiter und Lehrerkollegen so, das machen alles so. Dass die GRÜNEN das aber auch nach der kritischen Aufdeckung ihrer Geschichte noch so machen, zeigt, was von ihrer angeblichen Aufarbeitung zu halten ist: nämlich nichts. Sie haben das Problem an ein Forschungsinstitut ausgelagert, innerhalb der Partei herrscht business as usual. Auseinandersetzung mit und fundiertes Wissen über die Thematik, über die Zusammenhänge, Hintergründe und Strukturen von sexueller Gewalt gegen Kinder und ihrer Täter/innen sowie den richtigen Umgang damit? Offensichtlich Fehlanzeige. Wir erleben wieder nur die übliche Selbstschutztaktik und das übliche Selbstmitleid.

     

    Der (mutmaßliche) Täter „weint“. Ja, das geht zu Herzen. Ein erwachsener Mann, der weint. Dass die kindlichen Opfer wesentlich mehr Gründe hätten, zu weinen, dieses aber erstens niemand gesehen hat bzw. zweitens vielleicht aufgrund der trauma-typischen Folgen der an ihnen verübten Sexualstraftaten oftmals gar nicht können (oder wenn, dann wird es nicht verstanden), wird erstens vergessen und zweitens oftmals als fehlender Schaden missinterpretiert. „Kinder vergessen sowas“ – ein teurer Irrtum, wie man inzwischen weiß. Denn solche Erfahrungen graben sich tief in Körper und Seele ein, und wenn diese Zeitbomben dann irgendwann im Erwachsenenalter beispielsweise als Depression, Angststörung oder Krebs platzen, dann werden sie mit den Taten nicht mehr in Verbindung gebracht. Stattdessen werden sie auf Kosten der Allgemeinheit behandelt oder den Betroffenen vorgehalten, sie würden sich in einer „Opferrolle“ einrichten.

  • Einerseits wundert man sich, dass im Jahr vier nach Canisius und im Jahr x nach der „GRÜNEN Pädophilie-Debatte“ noch so mit der Thematik umgegangen wird – andererseits ist es für Betroffene nix Neues: Alle (vermeintlich) Außenstehenden sind immer fassungslos und „betroffen“ – während die TATSÄCHLICH Betroffenen (die kindlichen Opfer) aus dem Blick geraten.

     

    Zitat: „Für uns Grüne sind die erhobenen Vorwürfe kaum zu ertragen.“ Für Erwachsene also sind allein die VORWÜRFE nicht zu ertragen – wie muss es dann erst für die Kinder mit den TATEN sein??? Und sind wir doch mal ehrlich: Für die GRÜNEN ist doch nicht der sexuelle Übergriff auf die Kinder „nicht zu ertragen“. Für sie ist die Verknüpfung von sexueller Gewalt an Kindern mit ihrer Partei schwer zu ertragen, was sich in den Worten Hofreiters klar niederschlägt (Zitat): „Die widerwärtigen Verbrechen, die ein Mitglied unserer Partei begangen hat, sollte man nicht vermischen mit schrecklichen Debatten, auch wenn manches zusammenhängen mag.“ Es geht um IHR Image, es herrscht die Angst, dass diese Wählerstimmen kostende Debatte wieder aufkommt – und das hätte schließlich reale Folgen für den einen oder anderen, der mit Parteiarbeit seinen Lebensunterhalt erzielt. Mal ganz abgesehen davon, dass man seit dieser „leidigen Sache“ nicht mehr automatisch per Parteibuch zu den „Guten“ gehört. Das ist für manchen schwer erträglich.

  • Bei Fällen von Pädophilie in der katholischen Kirche waren die Grünen wortreich empört.und haben aktive Mitarbeit bei der Aufklärung gefordert. Jetzt schweigen sie vielsagend. Überrascht mich aber nicht wirklich.