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Schmähpreis des NaturschutzbundsDer Dino lebt und heißt Peter Hauk

Der Nabu verleiht dem baden-württembergischen Agrarminister Peter Hauk einen Preis für die schlechteste Umweltperformance 2025. Warum gerade ihm?

Steht am Pranger des Nabu, weil er gegen ein wichtiges Naturschutzgesetz der EU kämpft: Peter Hauk Foto: dpa

Baden-Württemberg ist um ein Fossil reicher: Dort, wo Dinosaurier schon vor Urzeiten durch die Landschaft strichen, hat der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) es ausfindig gemacht. Name: Peter Hauk, Alter: 65 Jahre. Charakteristik: politische lebende Größe, CDU, Katholik, Jäger, ehrenamtlicher Organist. Seine Entdeckung wird ihm – der studierte Forstmann ist Landesminister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz – kaum gefallen.

Die Kür zum „Dinosaurier des Jahres 2025“ ist nicht gut gemeint, im Gegenteil. Es ist ein Schmähpreis für die schlechteste Umweltperformance in diesem Jahr. Aber: Warum nicht Bundeskanzler Friedrich Merz? Hauk ist schon mehr als 30 Jahren im politischen Geschäft, bundesweit aber kaum bekannt. Anruf bei Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger.

Der CDU-Kanzler erklärte Mitte Dezember auf dem CSU-Parteitag, er sei „nicht bereit, das Thema Umwelt- und Klimaschutz so hoch aufzuhängen, dass damit ein großer Teil unseres industriellen Kerns in der Bundesrepublik Deutschland verloren geht.“ Hauk schlägt das? Und Parteikollege Jens Spahn („Wirtschaft zuerst“) oder CSU-Mann Manfred Weber? Der führt die konservative Europäische Volkspartei EVP und blockiert im Europaparlament Klima- und Naturschutz. „Hauk macht das auch, nur geschickter, an der Öffentlichkeit vorbei bisher“, sagt Krüger.

„Er hat sich als Vorsitzender der Konferenz aller deutschen Landesagrarminister an die Spitze einer Bewegung gesetzt, die das europäische Gesetz zur Wiederherstellung der Natur streichen möchten.“ Krüger weiter: „Das ist der Naturschutzteil des Green Deals, also das große neue Umweltgesetz.“ Es verpflichtet die EU-Mitgliedstaaten, Wälder aufzuforsten, Flüsse aus Betonkanälen zu befreien, für Wiesen und Äcker trocken gelegte Moore wieder zu vernässen. „Der Zustand der Natur soll wieder in Ordnung gebracht werden“, meint Krüger. Hauk aber hält es für eine Gefahr.

Er hat sich als Vorsitzender der Konferenz aller deutschen Landesagrarminister an die Spitze einer Bewegung gesetzt, die das europäische Gesetz zur Wiederherstellung der Natur streichen möchten.

Jörg-Andreas Krüger, Naturschutzbund

Mit seinen Länderkollegen von CDU und CSU hat er im Juni dieses Jahres einen Brief an die EU-Kommission verfasst. Danach haben Landwirte schon genug zu tun mit den Zöllen auf Agrarprodukte, mit europaweiten Dürren, mit der Lebensmittelversorgung. Teuer werde es auch, die Regelung könne einen Finanzbedarf von 1,7 Milliarden Euro jährlich nach sich ziehen. Am Ende steht die Bitte, die Verordnung „vollständig aufzuheben“.

Mit dem Brief soll ein Gesetz nochmal ins Wanken kommen, das im August 2024 in Kraft getreten ist, schon damals gegen großen Widerstand. Eigentlich muss Deutschland nun einen Plan entwerfen, klären, wie welche Flächen renaturiert werden sollen. Hauk, sagt Krüger, „übt sich in Arbeitsverweigerung“. Dabei sichere nur intakte Natur die „Ertragsstabilität“ der Landwirte, überhaupt der Wirtschaft, weil sie Böden säubere, Luft reinige, Wasser filtere, Kohlendioxid bunkere.

Doch für Hauk sei, so der Umweltschützer, „Landwirtschaft wie früher allein Produktion, er will einfach immer noch mehr aus dem Boden rausholen.“ Das sei Denken aus ferner Vorzeit, politisch auch nicht klug. Denn: Gingen Wälder in die Knie, gebe es nur wenig Grün in den Städten, mache sich das unmittelbar vor Ort bemerkbar. Das sorge für noch mehr Frust in Zeiten, in denen viele Menschen den Eindruck hätten, es laufe nicht in Deutschland. Da müsse gegengesteuert werden, damit das Gefühl entstehe: „Geht doch!“, es kann sich was zum Positiven drehen.

Krüger fordert, dem Lokalen mehr Bedeutung beizumessen und mehr von Erfolgen zu erzählen: In der renaturierten Unteren Havel in Brandenburg schwämmen wieder mehr Hechte. Privateigentümer bauten ihre Wälder längst klimafest um. Immer wieder zu sagen, alles werde schlimm, helfe nicht weiter.

Sind Agrar- und Wirtschaftslobby, die Umweltschutz als Wirtschaftskiller geißeln, nur näher an der Politik dran, sodass sie mehr Gehör finden? „Es verfängt die Erzählung, dass die Menschen sich um ihre Jobs, ihre Mieten, ihre Renten sorgen. Das stimmt auch, ist es aber nicht allein. Die Mehrheit will immer noch eine intakte Natur“, so Krüger.

Mit den „Wirtschaft-first“-Sprüchen sei es jedoch möglich, „an alten Konzepten festzuhalten, also an der Expansion von landwirtschaftlichen Erträgen beispielsweise. Das ist einfacher als sich auf neue Wege einzulassen.“ Gebraucht würden allerdings Leute, die die Zukunft denken und für sie werben könnten.

Hauk sei es nicht – sondern ein Urgestein des Alten. Auf die Dauer werde das teurer, denn damit lasse sich das deutsche Wohlstandsmodell nicht langfristig halten. An diesem Montag wird Hauk der Preis verliehen, es ist eine 2,6 Kilogramm schwere aus Zinn gegossene Echse. Ob er ihn selbst entgegennimmt – offen.

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5 Kommentare

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  • "an alten Konzepten festzuhalten, also an der Expansion von landwirtschaftlichen Erträgen beispielsweise."

    Biolandwirtschaft hat über die Fruchtfolge gesehen vielleicht ein Drittel der Erträge von konventionellen Landwirten. Zusätzlich sind Qualität (Pilze etc) und Erntesicherheit (wg z.B. Totalverunkrautung, Krankheit etc) nicht gegeben. Außerdem wird die Fläche hoch subventioniert. Trotzdem kosten die Waren noch mehr, können also nur von Besserverdienenden gekauft werden. Hinzu kommt, dass auch der Biolandwirt gegen die Natur und Artenvielfalt angeht, denn das Ziel ist ein verkaufbares Produkt.

    Anstatt also auf 3 Hektar Biolandwirtschaft zu betreiben, könnte man davon einen Hektar intensiv (also das alte Denken, so der NABU) und zwei Hektar zu 100% für Natur- und Artenschutz nutzen.

    Der NABU sollte seine eigene Denkweise mal evaluieren!

  • Ich finde es befremdlich, das der Nabu sich gerade einen CDU-Politiker aus BW aussucht.

    Warum nicht Hr. Özdemir, der sich als Bundesminister anbiedernd an die Seite konventionellen, rechten Landwirte gestellt hat.

    Oder wenn es schon BW sein soll, vielleicht Hr. Kretschmann, der dafür gesorgt hat, das sein Bundesland beim Ausbau der Windkraft gemeinsam mit Bayern einen der hintersten Plätze belegt.



    Obwohl gerade dort der meiste Ökostrom gebraucht würde.

    Es steht ja außer Zweifel, das gerade die Union die Umweltschändung durch den Agrarsektor besonders fördert.

    Aber es sollte dabei nicht vergessen werden, das in vielen Bundesländern "grüne" MinisterInnen auch nicht gerade für eine ambitionierte Landwirtschaft- und Umweltpolitik stehen.



    Das finde ich insofern besonders wichtig, weil es dort nicht dem Wählerwillen entspricht.



    Deshalb gehört der Finger in diese Wunde...

  • BW wird von einem Grünen geführt und der Landwirtschaftsminister aus der CDU blockiert die neuen europäischen Umweltgesetze? Was läuft da schief? Wahnsinn! Die Grünen müssen schleunigst Ihre eigentlichen Themen wieder priorisieren. Ob mit oder ohne MP. Die Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel.

  • Der Nabu punktet inhaltlich, der Minister wahrscheinlich populistisch bei den anstehenden Wahlen. Denn das ist das eigentliche derzeitige Dilemma in unserer Demokratie. Die Wahlberechtigte Mehrheit sehnt sich (zurück) nach „stabilen Verhältnissen“ und lechzt nach einer Verschnaufpause im immer dringlicher eingeforderten Veränderungsstakkato in fast allen politischen Bereichen. Es rächt sich gerade, dass die einen meinten „weiter so“ würde reichen - und manch andere jede Bereitschaft zur Neubewertung nutzen um gleich noch mehr Druck für schnellere Veränderungen im Sinn ihrer Überzeugungen zu machen. Beides ist Gift für den demokratischen Diskurs.

  • Das hat der NABU gut durchdacht: Die stillen Realitätsverweigerer an den Schaltstellen der Macht in´s Rampenlicht zu schieben. Kritik an Merz gibt es bereits genug ...