piwik no script img

Schiffsbergung im SuezkanalExperten melden leichten Fortschritt

Seit fünf Tagen blockiert ein riesiger Frachter den Suezkanal. Spezialisten hoffen jetzt auf Hilfe der Naturgewalten.

Ein Schlepper nimmt an den Bemühungen zur Freilegung vom Containerschiff „Ever Given“ teil Foto: dpa

Suez ap | Bei den Bergungsversuchen für das im Suezkanal auf Grund gelaufene Containerschiff hat es offenbar leichte Fortschritte gegeben. Spezialisten seien ein wenig damit vorangekommen, das Heck der „Ever Given“ freizubekommen, teilte der Kanaldienstleister Leth Agencies am Samstag mit. Man setze auf eine Kombination aus schweren Schleppern, Saugbaggern und der Springflut, sagte der Chef der niederländischen Bergungsfirma Boskalis, Peter Berdowski. Die Flut werde am Samstag wegen des bevorstehenden Vollmonds bis zu 50 Zentimeter höher sein als normal.

Das knapp 400 Meter lange und 59 Meter breite Containerschiff war am Dienstag rund sechs Kilometer von der südlichen Zufahrt zum Kanal entfernt auf Grund gelaufen und hatte sich zwischen beiden Ufern verkeilt. Der ägyptische Ministerpräsident Mustafa Madbuli sprach von einem ganz außerordentlichen Zwischenfall. Etwa 280 Schiffe warteten am Samstag bereits vor den beiden Kanaleingängen auf eine Durchfahrt. Nach einer Analyse von Schiffsdaten durch den Datendienstleister Refinitiv waren mehr als 100 weitere auf dem Weg dorthin. Andere nahmen bereits den Umweg um den afrikanischen Kontinent in Kauf.

Reedereichef Yukito Higaki sagte am Freitagabend, es seien mindestens zehn Schlepper im Einsatz. Am Ufer und am Grund des Kanals werde zudem nahe dem Schiffsbug Sand abgegraben. Man hoffe, dass die „Ever Given“ freikomme, wenn das Wasser nach der Flut wieder sinke. Sollte das nicht funktionieren, müsse man Container abladen, damit sie leichter wird. Am Samstag sollte es mindestens zwei Versuche geben.

Der Chef der Kanalbehörde, Osama Rabei, sprach von einer komplizierten technischen Operation, für die mehrere Anläufe nötig seien. Medien wurden nicht in die Nähe des Frachters gelassen. Für Samstag war eine Pressekonferenz in Suez angekündigt.

Ein Umweg wie er größer nicht sein könnte

Berdowski sagte, die „Ever Given“ stecke mit dem Bug im lehmigen Sand des Ufers fest. Am Heck sei es nicht ganz so schlimm. „Das ist positiv, weil Sie das hintere Ende benutzen können, um es freizuziehen“, erklärte er in der niederländischen Fernsehsendung Nieuwsuur. Zwei zusätzliche große Schlepper seien auf dem Weg in den Kanal. „Wir hoffen, dass die Kombination aus den Schleppern, die wir dort haben werden, mehr weggebaggertem Grund und der Flut ausreichen wird, um das Schiff irgendwann Anfang nächster Woche freizubekommen“, sagte Berdowski.

Falls das nicht reiche, müssten Hunderte Container abgeladen werden, fügt er hinzu. Ein Kran dafür sei bereits unterwegs.

Das für die Technik auf der „Ever Given“ verantwortliche Unternehmen Bernhard Schulte Shipmanagement erklärte, nach Fehlversuchen am Freitag wolle man Ballastwasser aus dem Schiff pumpen, damit es leichter wird.

Der Suezkanal verkürzt die Fahrstrecke für Handelsschiffe zwischen Asien und Europa um mehrere Tausend Kilometer. Durch die künstliche Wasserstraße zwischen Mittelmeer und Rotem Meer laufen zehn Prozent des Welthandels. Weil das Ende der Havarie noch nicht absehbar war, haben Reedereien begonnen, ihre Frachter um das Kap der Guten Hoffnung an der Südspitze Afrikas herum fahren zu lassen, wie Satellitenbilder zeigen. Unter ihnen ist auch das Schwesterschiff der „Ever Given“, die „Ever Greet“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

12 Kommentare

 / 
  • IMMER GRÖSSER...



    wächst die gier, immer grösser der profit. 400 m lang und 59m breit mit 12.000 containern, gestapelt auf eine höhe von 70 m bei sandstürmen mit 8 bf auf die breitseite - und das schiff kann sich in der schmalen fahrrinne des kanals nicht mehr mit der nase in den wind stellen - dann hilft kein steuern mehr. der panama-kanal ist in seinen modernen schleusen auf schiffe mit 300 m länge und 49 m breite angelegt. grössere schiffe sollten auch im suez-kanal von der passage ausgeschlossen werden.

    • @hanuman:

      Naja mein erster Gedanke war auch, was Leute sich gedacht haben solche großen Schiffe zu bauen und zu betreiben. Allerdings muss das nicht notwendigerweise etwas mit Gier zu tun haben, sondern kann auch einfach mit Megalomanie erklärt werden.

      Der Vorteil von kleineren Schiffen wäre, dass sie noch irgendwie handhabbar sind mit Schleppern. Alles ist so groß, das es eigentlich nicht mehr direkt handhabbar ist. Die Container sind ein bisschen zu schwer, um mit Helikoptern gehoben werden zu können. Das Schiff ist so lang, dass beim Querstellen kein anderes mehr vorbeifahren kann, usw.

    • @hanuman:

      Ihr Vorschlag ist aber nur eine graduelle Verbesserung oder sehe ich das falsch?

      Hätten sich die kürzeren Schiffe nicht ebenfalls quergestellt?

      Das Problem ist doch wohl eher, das man bei starkem Querwind den großen Schiffen die Passage nicht verwehrt.

  • Hoffnungsvolles baggern, schleppen, Ballastwaser abpumpen und auf die Flut warten.



    Und wenn alles nicht hilft entladen!



    "Falls das nicht reiche, müssten Hunderte Container abgeladen werden, fügt er hinzu. Ein Kran dafür sei bereits unterwegs." Wie wärs mit Lasthelikoptern?



    www.combatreform.o...nookhelicopter.jpg



    www.aircraftcompar...nerjpg-960x640.jpg

    • @BlackHeroe:

      Ein 40 Fuss Container wiegt bis zu 30 Tonnen, der potenteste Hubschrauber, der nicht als Einzelstück im Museum steht dürfte der Mi-26 sein - der schafft 20 Tonnen.

  • Mit der Springflut kann das wohl gelingen. Die stärksten Schlepper können ansonsten hier allein nicht allzu viel bewirken. Entweder drückt man das Schiff damit nur noch tiefer in den Sand, oder man zerreißt es sogar in zwei Teile. Es zeigt sich, dass der Trend zu immer größeren Pötten schon jetzt hoch problematisch geworden ist.

  • Ich finde es ein total gutes Bild...



    Unsere Handelsadern sind verstopft mit zu vielen Gütern.



    Hoffentlich kommt mein Marmor-Kugelschreiber pünktlich!

    Würde mich interessieren, was auf dem Schiff transportiert wird.



    Hat jemand Hinweise?



    Smartphones oder wichtige Dinge?

    • @Rühl Oliver:

      Also bitte, Smartphones _sind_ wichtige Dinge! ;-)



      Meine ich aber durchaus ernst, ich habe keinen PC, kein Notebook oder Tablet...nur ein jetzt bereits fünfeinhalb Jahre altes relativ großes Smartphone (funktioniert immer noch mit dem ersten Akku einwandfrei!)

    • @Rühl Oliver:

      Lieber Oliver

      Ich war lange Kapitän auf Containerschiffen. Auf diesen Schiffen wird so ziemlich alles an Kosumgütern transportiert, was sie in ihrem Lebensalltag benutzen.

      Und auch alles was im Moment in Krankenhäusern sehr nötig und in,grossen Mengen gebraucht wird. Daher ist das wirklich ein ernstes Problem.

      Ja, es wird zu viel transportiert das stimmt, daher sind diese Mega-Schiffe nur entwickelt worden und wie immer viel zu schnell und mit zu wenig Umsicht. Diese Dinger gehören nicht in den Suez-Kanal zumindest nicht ohne Schlepper Assistenz auf der ganzen Durchfahrt.

    • @Rühl Oliver:

      Alles.



      Von Rohstoffen bis zu HighTech.



      In 20.000 Containern eine bunte Mischung und für alle was dabei.



      Normalerweise dürfte kaum jemand ausser dem Absender und Empfänger wissen was drin ist.



      An Bord hat man nur die Deklaration für Kühlcontainer und Gefahrgut. Bei Gefahrgut auch nur das was nötig und vorgeschrieben ist. Der Zoll hat sicher noch ein paar andere Informationen.



      Aber insgesamt dürfte es unglaublich schwierig werden eine genaue Auflistung zu kriegen.



      Darum gibt es ja schon seit Jahren Sorgen der Versicherer was bei einem Totalverlust eines solchen Schiffes ansteht. Weil teilweise allein in einem einzelnen Container Waren von etlichen Parteien liegen.

      • @DerMattes:

        Selbstverständlich ist der Inhalt der Container genau aufgelistet.



        Insbesondere alle Arten von Gefahrgütern.

        Richtig ist, dass mit Containern wirklich ALLES transportiert wird, was geometrisch da 'reinpasst.



        Z.b. auch alle Arten von radioaktiven Stoffen wie Uranhexafluorid, Uranerzkonzentrat ("Yellow Cake") oder auch fertige Brennstäbe für AKW.

  • Der Fachbegriff ist Springtide....



    mit dem Begriff Springflut verbinden viele Normalos ....extremes Hochwasser wie zB bei der Hamburg Katastrophe