Sanierungsoffensive der Deutschen Bahn: Geld allein ist nicht das Problem
Mit einer Vollsperrung startet die Bahn in ihre Sanierungsoffensive. Die ist frustrierend – aber nach Jahrzehnten der Unterfinanzierung notwendig.
D ie Deutsche Bahn pfeift aus dem letzten Loch. Mit der Generalsanierung, die mit der Sperrung der Riedbahn zwischen Mannheim und Frankfurt eine wichtige Etappe beginnt, sind für viele Fahrgäste erhebliche Störungen verbunden. Seit vielen Monaten gibt es aufgrund von Bauarbeiten viele Sperrungen, Verspätungen und Zugausfälle.
Die haben bislang zu wenig politischem Widerhall geführt. Anders ist das jetzt mit den Erfahrungen Zehntausender Fußballfans bei der EM. Das Turnier hat dem ganzen Kontinent vor Augen geführt, wie schlecht es um den Zugverkehr in einem der reichsten Länder der Welt bestellt ist. So wird die Bahn endlich wieder zu einem bestimmenden politischen Thema.
Die Union fordert angesichts der Schmach den Rücktritt von Bahn-Chef Richard Lutz. Eine berechtigte Forderung, die Sanierung erfolgt zulasten der Kund:innen – das muss auch anders gehen. Die Bahn braucht einen personellen und politischen Neuanfang. Geld alleine, das zeigt nicht zuletzt das Milliardengrab Stuttgart 21, ist nicht das Problem.
Merz mit kreativem Vorschlag
Alarmierend dagegen ist der Vorstoß von CDU-Chef Friedrich Merz. Der Mann, der mit seinem Privatflugzeug schnell und bequem reisen kann, schlägt im ARD-Sommerinterview vor, das Angebot der Deutschen Bahn wegen der derzeitigen „Überforderung“ zu reduzieren.
Die Konsequenz wäre: weniger Verbindungen, noch überfülltere Züge, noch schlechtere Anschlüsse, das Preis-Leistung-Verhältnis würde noch schlechter, als es ohnehin schon ist. Das wäre fatal, denn es würde die Menschen von der Schiene auf die Straße oder ins Flugzeug treiben. Es wäre das Gegenteil einer Verkehrswende hin zu klimaneutraler Mobilität.
Stattdessen müssen der Bund und auch die Länder mit geballter Kraft und neuem Schwung den Wiederaufbau des Fern- und Nahverkehrs der Bahn angehen. Dazu braucht es neben Geld neue Initiativen, etwa für die Reaktivierung stillgelegter Strecken, eine Offensive zur Personalgewinnung und – vor allem deutlich mehr Fantasie, als es die jetzt Verantwortlichen offensichtlich haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Aktionismus nach Magdeburg-Terror
Besser erst mal nachdenken
Deutungskampf nach Magdeburg
„Es wird versucht, das komplett zu leugnen“
Anschlag von Magdeburg
Aus günstigem Anlass
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml