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Sahra Wagenknecht und die LinksparteiAn ihrer Seite

Sahra Wagenknecht spielt mit dem Gedanken, eine eigene Partei zu gründen. Was halten ihre AnhängerInnen davon?

Es ist kompliziert: Wagenknecht-Anhänger bei einer Demo in Halle/Saale Foto: Heiko Rebsch/dpa/picture alliance

Dieses Jahr wird sich entscheiden, ob die Linkspartei sich spaltet, weiter ausfranst oder sich doch noch mal erholt. Letzteres wäre ein Wunder, an das niemand glaubt. Im Februar und Mai wird in Berlin und Bremen gewählt – in beiden Städten regiert die Linkspartei mit. Die Bilanz in den Regierungen ist vorzeigbar. Aber der Trend im Bund zeigt nach unten, mit Umfragewerten bei der 5-Prozent-Marke. Im Herbst steht die Wahl in Hessen an. Es ist das letzte westdeutsche Flächenland, in dem die GenossInnen im Parlament vertreten sind. 2022 war schlimm für die Linkspartei, 2023 kann schlimmer werden.

Alle Versuche der Parteispitze, Sahra Wagenknecht halbwegs auf Linie zu bringen, sind ergebnislos versandet. Nachdem die Polemikerin im September den „beispiellosen Wirtschaftskrieg“ des Westens gegen Russlands geißelte, gaben fast 1.000 GenossInnen ihr Parteibuch zurück.

Was denken AnhängerInnen von Wagenknecht? Alexander King (53) ist für die Linkspartei im Berliner Abgeordnetenhaus. Er lobt den rot-grün-roten Senat, der „keine schlechte Politik gemacht und mit dem Nachtragshaushalt vielen Leuten konkret geholfen hat“. King ist einer der wenigen Wagenknecht-Fans in der Berliner Linkspartei. „Wenn ich in Marienfelde Flugblätter verteile, dann sagen die Leute: Ich wähle euch nur, wenn Sahra Wagenknecht in der Linken bleibt“, sagt er.

King ist in Tübingen in einem bürgerlichen Haushalt aufgewachsen, hat Geografie studiert und zwölf Jahre als Referent in der Linksfraktion gearbeitet. Eine Spaltung der Partei lehnt er ab. Aber er hofft auf „Aufstehen“, die 2018 von Wagenknecht begründete Bewegung, die nach ein paar Wochen in Streit und Unsichtbarkeit verschwand. „‚Aufstehen‘ ist keine Leiche.

Kühne Träume

‚Aufstehen‘ wächst wieder“, sagt King. In Berlin gebe es an die 100 AktivistInnen. Die ähnlich gelagerte Bewegung „Heizung, Frieden, Brot“ mobilisierte im Herbst bei Protesten gegen die Gasumlage ein paar Hundert, die vor die grüne Parteizentrale zogen. Wächst da, unbemerkt von den Medien, eine Graswurzelbewegung heran, auf die eine neue Partei bauen könnte?

Es gibt Umfragen, die kühne Träume befeuern. Laut dem Meinungsforschungsinstitut Insa würden 10 Prozent deutschland­weit eine Wagenknecht-Partei wählen, 30 Prozent könnten es sich vorstellen. Laut einer anderen Umfrage kann sich die Hälfte der WählerInnen im Osten vorstellen, bei Wagenknecht ihr Kreuz zu machen.

Diese Klientel ist gegen zu strikte Coronamaßnahmen, für Umverteilung und mehr Sozialstaat, skeptisch beim Gendern und bei Migration und für Frieden mit Putin: potenzielle Wählerschaft einer populistischen Partei, mit einem Querdenker-Mix aus ein paar linken Quellen und vielen rechtsnationalen, die in Konkurrenz zur AfD stünde.

Jede Partei braucht Fußtruppen, die in windigen Einkaufsstraßen Wahlkampf machen und Flyer verteilen. Wer wäre die Basis einer Wagenknecht-Partei? Samstagmittag, Dezember, U-Bahnhof Tierpark in Berlin-Lichtenberg. Man wolle „nicht nur das organisierte, hoch politisierte linke Milieu erreichen, sondern auch die Stadtteile“, sagt King. Ungefähr 50 DemonstrantInnen sind gekommen.

Harri Grünberg (71), früher im Parteivorstand der Linkspartei, nun bei „Aufstehen“, bezeichnet die Verträge von Minsk als einen Trick des Westens, um Zeit zu gewinnen, „die Ukraine bis an die Zähne aufzurüsten“. Etwas abseits von den RednerInnen liegen ein paar Transparente auf dem Boden. „Hände weg von Russland“ ist auf einem zu lesen.

Ein kalter Wind fegt über den kleinen Platz. Zwei große DKP-Fahnen werden geschwenkt. Nancy Larenas (78), Vorsitzende der Chile-Freundschaftsgesellschaft Salvador Allende und Exil-Chilenin, beklagt die „Annexion der DDR durch die BRD“. Sie schreit ins Mikro: „Das volkseigene Vermögen wurde ausgeplündert.“ Und fordert: „Raus aus der Nato.“

Das Volk, das hier agitiert werden soll, ist indes robust desinteressiert an dem Mix aus DDR-Nostalgie, Friedensrhetorik und Steinzeit-Antiimperialismus. Es strömt an den Parolen vorbei Richtung Einkaufszen­trum, mit KiK und Mäc-Geiz, und isst Mettbrötchen bei Rewe. „Sollen die doch Putin wählen“, sagt eine ältere Frau an der Fleischtheke im Supermarkt. Zwischen Umfragen und Wirklichkeit, den hochfliegenden Träumen, das Volk zu vertreten, und der linkssektiererischen Tristesse am U-Bahnhof Tierpark klafft ein Loch, groß wie der Mond.

Doch manche halten Wagenknecht für die Rettung. „Ohne Sahra wird die Linke nicht mehr in den Bundestag kommen“, sagt Sabine Zimmermann (62). Die Arbeitsmarktexpertin war 16 Jahre lang bis 2021 für die Linkspartei im Bundestag. Seit mehr als 20 Jahren ist sie DGB-Vorsitzende in der Region Zwickau-Vogtland. Zimmermann ist fest überzeugt, dass eine linke Partei nur mit Wagenknechts Positionen Zukunft hat.

„Das Wagenknecht-Lager ist nicht klein, es ist groß“, sagt sie. Bei der Parteibasis im Osten sei es „auf keinen Fall die Minderheit“. Am Wahlkampfstand hätten sie oft die Klage gehört: „Was macht ihr mit Sahra Wagenknecht?“ Doch anstatt der populären Frontfrau zu folgen, habe sich die Partei mit der Forderung nach offenen Grenzen und dem Gendern von der Lebenswirklichkeit im Osten und der Unterschicht entfernt.

Für die GenossInnen in Berlin hat Zimmermann nur Spott übrig: „Die Parteispitze merkt schon lange nicht mehr, wie die Basis tickt.“ In der Linkspartei gebe es zu viele, die sich „moralisch überlegen fühlen und jeden AfD-Wähler gleich zum Neonazi stempeln.“

Als die Parteispitze um Janine Wissler und Martin Schirdewan im Dezember in Leipzig mal wieder versuchte, die Scherben der Linkspartei zusammenzukleben, polterte Zimmermann, dass „Teile der Funktionärsclique außen- und friedenspolitisch linke Ideale verraten“. Das bedeutet übersetzt: Deutschland soll der Ukraine nicht nur keine Waffen liefern, das ist die offizielle Linie der Partei, sondern auch alle Sanktionen – im Wagenknecht-Sound „Wirtschaftskrieg“ – gegen Russland aufheben und wieder russisches Gas kaufen. „Vor Leipzig stand die Linke am Abgrund, heute ist sie schon einen Schritt weiter“, sagt Zimmermann.

Wenn ich in Marienfelde Flug­blätter verteile, dann sagen die Leute: Ich wähle euch nur, wenn Wagenknecht in der Linken bleibt

Alexander King, Linke Berlin

Die Distanz, mit der die Gewerkschafterin auf die Partei schaut, hat auch damit zu tun, dass sie 2021 nach 16 Jahren nicht mehr für den Bundestag aufgestellt wurde. Die sächsischen GenossInnen gaben Clara Bünger, einer jungen Aktivistin der Seebrücke, den Vorzug. Bünger nannte Wagenknechts Rede zum Ukraine-Krieg „ekelhAFD“.

Zimmermanns Verdruss ist aber nicht nur aus Verletzung geboren – die Sympathie für Wagenknecht ist in der Partei weiter verbreitet, als es oft scheint. Falls sich die Linkspartei spalte, so Schätzungen von Wagenknecht-Gegnern, würde im Osten ein Drittel bis zur Hälfte der GenossInnen die Linkspartei verlassen – und auch die Fraktionen in den ostdeutschen Landtagen. Im Osten gibt es neue Fronten.

Michael Brie, früher mal ein theoretischer Kopf der Ostreformer, hat kürzlich im Neuen Deutschland einen Text veröffentlicht, der stark nach Wagenknecht klang. Anstatt sich um Lohnabhängige und Frieden zu kümmern, sei die Linkspartei für offene Grenzen, bei der Coronapolitik auf Regierungslinie gewesen und übersehe, dass der Westen die Ukraine benutze, um „Russland als geopolitische Kraft auszuschalten“. Die USA als imperialer Feind, Russland als Opfer. Teile der Gründergeneration der PDS scheint in der Existenzkrise der Losung „Vorwärts in die Vergangenheit“ zu folgen.

Wagenknecht katalysiert die Konflikte – aber der erbitterte Streit würde auch weitergehen, wenn sie sich morgen ins Privatleben zurückziehen würde. Viele sogenannte Linkskonservative bringt die „Wokeness-Fraktion“ und die Fokussierung auf Minderheiten in Rage. „Die identitätspolitischen Themen dominieren. Das ist nicht mehr die Partei, die ich vor 17 Jahren mitgegründet habe“, sagt Carolin Butterwegge (47). Die Kölnerin war Spitzenkandidatin der Linkspartei bei der NRW-Wahl 2021, die mit 2,1 Prozent kläglich verloren ging.

wochentaz

Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.

Die ganze Ausweglosigkeit der Partei ist nirgends so deutlich wie in NRW – dem mitgliederstärksten Landesverband der Partei und einer der am stärksten ideologisierten. Die Mixtur aus realpolitischer Einflusslosigkeit und gesinnungsfestem Kampf um die richtige Linie wirkt toxisch. Butterwegge hat sich, wie der halbe Landesvorstand und die frühere Parteiführung, aus Frust zurückgezogen – ein ziemlich einmaliger Vorgang in der jüngeren deutschen Parteiengeschichte. Beim letzten Parteitag gelang es nur mit Ach und Krach, überhaupt eine neue Spitze zu wählen. Konstruktive Politik sei „wegen der Aufrufe, Wagenknecht aus der Partei zu werfen und ihr Redeverbote zu erteilen, fast unmöglich“, meint Butterwegge.

Butterwegge ist keine kritiklose Anhängerin von Wagenknecht. Die Grünen zur gefährlichsten Partei zu erklären, wie Wagenknecht es tat, findet sie „hanebüchen“. Und „eine Anti-Identitätspolitik, die Leute verletzt, die sich diskriminiert fühlen“, passe auch nicht zu einer linken Partei. Aber: „Wenn die Linke sich weiter auf identitätspolitische Abwege begibt, ihre letzten friedenspolitischen Positionen aufweicht, auf Kuschelkurs mit der Außenpolitik der Bundesregierung geht, dann ist eine Spaltung schwer zu vermeiden“, meint sie.

Also doch Spaltung? Niemand in der Linkspartei will daran schuld sein, alle ringen um den Status, Opfer einer Intrige der anderen bösen Fraktion zu sein. Falls Wagenknecht mit ein paar Getreuen die Fraktion verlässt, sind rechtlich gesehen alle auf hoher See. Wie und wann aus einer Fraktion zwei arbeitsfähige Gruppen entstehen könnten, ist unklar.

Einer der wenigen, der derzeit aktiv eine neue Partei forciert, ist Diether Dehm (72), bis 2021 Linkspartei-MdB. Gegen ihn läuft ein Parteiausschlussverfahren, weil er bei der Europawahl 2024 eine mögliche Konkurrenz zur Linkspartei unterstützen will. Diese Liste, glaubt Dehm, „könnte bei der Europawahl ein zweistelliges Ergebnis einfahren“. Doch der Noch-Linke wirkt auch im schillernden Spektrum der Wagenknecht-Unterstützer reichlich abgedreht. Er postet Fotos mit dem Verschwörungsanhänger Ken Jebsen, poltert gegen den „Nato-Faschismus in der Ukraine“ und klingt wie ein Echo der russischen Kriegspropaganda.

Und nun? Es gibt vier Szenarien. Eins: Wagenknecht & Co. sprengen die Fraktion. Das ist, weil sie dann den Spalter-Malus hätten, nicht wahrscheinlich. Zwei: Wagenknecht unterstützt eine offene Liste zur Europawahl 2024 und riskiert damit wie Dehm den Rauswurf aus der Partei. Allerdings gibt es auch da Probleme: 2019 konnten auch Kleinparteien mühelos einziehen, 2024 wird wohl eine 3,5-Prozent-Hürde gelten. Zudem kann eine offene Liste mit politischen Irrlichtern wie Diether Dehm und Ken Jebsen schnell im Chaos versinken. Drei: Der Hagel von Wahlniederlagen wird so schlimm, dass die GenossInnen Wagenknecht als Retterin holen. Allerdings ist ein Parteitag, der pro Wagenknecht stimmt, schwer vorstellbar.

Und dann gibt es noch eine vierte Möglichkeit, die typisch für die strukturkonservative Partei wäre. Die Parteiführung bastelt weiter interne Formelkompromisse, eine Disziplin, in der die GenossInnen Weltniveau haben. Sahra Wagenknecht schießt weiter von der Seite und spielt ihre Paraderolle: Sie erklärt den GenossInnen, was alles falsch läuft.

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29 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Wagenknecht ist in vielerlei Hinsicht überschätzt, intellektuell und politisch - und genießt unverhältnismäßig viel tv-präsenz. sie ist eben eine person, die das deutsche ordnungsbewusstsein anspricht. das gefällt eben auch vielen rechtsextremen

  • Als nun definitiv ehemaliger Stammwähler der Linkspartei hoffe ich mittlerweile, dass die Partei bei den nächsten Bundestagswahlen unter einem Prozent Stimmenanteil landet. Das politische Signal wünsche ich mir deshalb so klar und unmissverständlich, damit vor allem eines klar wird: Das Abstimmungsverhalten von DIE LINKE nach dem Angriff Putins auf die Ukraine hat sie ebenso politisch-ethisch diskreditiert wie die zahlreichen unsäglichen und gewundenen Beiträge aus ihren Reihen, warum es vermeintlich die USA gewesen seien, die letztlich für den Krieg verantwortlich seien oder dass es ein vermeintlicher Stellvertreterkrieg der globalen Kapitalfraktion sei. Dieser politischen Organisation täte nur noch eines ethisch gut: ihr Scheitern.

  • @Ajuga (leider funzt die Antwortfunktion auf meinem elektronischen Endgerät seit kurzem nicht mehr), ich kann Ihnen hier uneingeschränkt zustimmen.



    Zur Ergänzung: mit der SPD ist es nun wirklich ein Trauerspiel (was mir persönlich besonders weh tut) … da stellt sich ein Lars Klingbeil - der sich selbst wohl für einen besonders schlauen Fuchs hält - hin und verkündet, der Unterschied in der Klimapolitik seiner Mitkoalitionaere bestehe darin, dass die FDP halt für mehr Autobahnen stehe, die Grünen für den Ausbau des Schienennetzes. Die Aufgabe der SPD hingegen sei es, beides zu verbinden. Angesichts einer solchen mit Überzeugung vorgetragenen programmatischen Konturlosigkeit der einst stolzen Arbeiterpartei muss man sich über deren Niedergang nicht wundern.



    Was die CDU betrifft: mir ist vollkommen klar, dass die Maske irgendwann fällt und auf eine Mitte-Rechts-Koalition mit AfD und FDP hingearbeitet wird … Merz hat da keine Skrupel. Ist für mich persönlich aber uninteressant, wie Spitz&Spitz in den Mitternachtsspitzen zu sagen pflegen, weil diese Partei für mich never ever eine Option wäre … auch zu Zeiten der Geißlers, Blüms und Polenz war sie es definitiv nicht.

  • @Jim Hawkins, @Ingo Bernable, ich kannte Raul Zelik bisher nicht, scheint aber ein guter Mann zu sein, mit analytischem Sachverstand (auch wenn ich nicht in allen Punkten zustimme). So was fehlt heute bei den Linken.



    Besonders hat mir im Zusammenhang mit der Kritik an Wagenknecht der Verweis auf Melenchon gefallen … das macht den Unterschied zwischen linkskonservativ-populistischen und emanzipatorischen linken Positionen noch einmal so richtig deutlich. Hoffentlich lesen möglichst viele den Beitrag aus analyse&kritik. Danke für den Hinweis.

  • Es bliebe zu hoffen, dass dann AFD auf 4,9, Linke 4,9 und Sahra/rotbraun 4,9 % erreichen.

    • @Ulrich Haussmann:

      Etwas merkwürdiges Demokratieverständnis, oder? Die maximal nicht-repräsentative Demokratie.

      Mal abgesehen davon, dass Verfassungsfeinde wie die AfD mit 4,9% immer noch ganz kräftig von der Parteienfinanzierung profitieren würden, was ich ihnen ausdrücklich nicht wünsche!

      • @Eric Manneschmidt:

        Ach und der Linkspartei - Sympathisantin der völkisch-imperialen faschistenmacht russland- wünschen sie die parteienfinanzierung. ich wollte nur ausdrücken, dass antidemokratische parteien dann nicht in den bundestag gelangen sollten. das haben sie sehr wohl verstanden.

        • @Ulrich Haussmann:

          Halten Sie die LINKE (dann ohne Wagenknecht) für anti-demokratisch? Ich gehöre nicht zu ihren Stammwählern, finde diesen Vorwurf aber ziemlich abseitig.

          Ich freue mich auch jedes mal, wenn die FDP irgendwo rausfliegt, aber eigentlich ist das keine gute Lösung.



          Denn eigentlich gehört die 5%-Hürde abgeschafft, so dass die Leute die Parteien wählen können, von denen sie sich vertreten lassen wollen, ohne Angst vor der "verlorenen Stimme".

  • Raul Zelik, der sechs Jahre im Vorstand der Partei Die Linke war, analysiert die Lage der Partei in analyse & kritik unter anderem so:

    "Ich halte die Gefahr einer echten Spaltung für eher gering. Sahra Wagenknecht ist eben nicht Jean-Luc Mélenchon, der in Frankreich Klassenpolitik, Antirassismus, Ökologie und souveränistische Positionen miteinander verbunden hat. Auch Mélenchon ist in vielerlei Hinsicht schillernd, aber seine populistische Zuspitzung orientiert sich nicht am kurzfristigen Zuspruch: Er verteidigt militante Arbeitskämpfe, widerspricht Rassist*innen, greift radikalökologische Forderungen auf. Wagenknecht hingegen hat keine Verbindungen zu realen sozialen Kämpfen. Ihre rechtsoffene Rhetorik funktioniert als diffuse Abgrenzung gegen »die da oben« und »skurrile Minderheiten«, aber würde als programmatisches Angebot nur wenige Linke erreichen. Genau deshalb hat sich ihre Sammlungsbewegung »Aufstehen« innerhalb kürzester Zeit zerlegt."

    Ein sehr lesenswerter Text.

  • Nun, logisch, dass ich Sahra wählen würde.

    Außenpolitisch teile ich nicht alles was sie sagt, z. B. ihre Putin-Einlassungen lehne ich ab.

    Innenpolitisch dagegen teile ich ihre Analyse der Bundesrepublik der letzten Jahrzehnte, so auch ihre Programmvorschläge wie sie es in ihrem hervorragenden Buch "Die Selbstgerechten" dargestellt hat.

    Und es gab nicht eine Rezension des Buches, die ihr auch nur einem Punkt ernsthaft widersprechen konnte.

    Es wird Zeit für diese Partei, bei dieser jetzigen Linken kann sich eine intelligente Frau wie Sahra einfach nicht wohlfühlen.

    Tatsächlich wird sie jedoch ein sehr starkes Team brauchen. Die Gründung einer Partei ist ein brutaler Job.

    Wenn sie das gut hinkriegen, gebe ich der Partei locker aus dem Stand 40 Prozent in den nächsten Wahlen.

    Es gibt in Deutschland ein riesiges Vakuum dafür her.

    Volle Solidarität und liebe Grüße!

    • @shantivanille:

      Aus dem Stand 40%. Sahra wird gottgleich.

  • Oh Sahra …

  • Ich könnte mich dazu durchringen eine Wagenknecht-Partei zu wählen, wenn sie nicht diese hirnverbrannte Russlandhaltung hätte. DDR Nostalgie und Verschwörubngsgeschwurbel al la Dieter Dehm der mit Ken Jebsen posiert geht halt gar nicht. Wirklich (!) soziale Politik ist mMn obligatorisches Kernthema einer linken Partei und da finde ich Wagenknecht gut. Die Russlandhaltung macht sie aber eben leider unwählbar.

  • .... ist indes robust desinteressiert an dem Mix aus DDR-Nostalgie, Friedensrhetorik und Steinzeit-Antiimperialismus.....



    Ich mag die Robusten am TP-Friedrichsfelde!

  • Ich hoffe immer noch darauf, dass die LINKE sich infolge ihres Mitgliederentscheides für ein Bedingungsloses Grundeinkommen aufrappelt und sich zur ersten Bundestagspartei mausert, die wirkliche und wirksame Schritte zur Überwindung (nicht bloss Verwaltung) von Armut und Elend durchsetzt.



    Die Wagenknechts und Butterwegges müssen dann Farbe bekennen, ob sie sich für so ein Ziel einsetzen mögen oder doch lieber weiterhin irgendwelche wirr-populistischen Sprüche klopfen.

  • Eine linke Partei ohne den "woken" Ballast, mit kämpferischer Politik für eine Mehrheit der Abgehängten und Benachteiligten in der Bevölkerung. Aber auch ohne Corona-, Russland- und Putin-Schwurbeleien. Das wär's doch. Klingt jedoch zu schön, um wahr zu sein.

    • @Trigger:

      nicht-weiße Menschen und queere Menschen sind die Abgehängten in der Bevölkerung. Sie sind von allen ökonomischen Ungleichheiten IMMER am härtesten betroffen. Ihr nationalen Sozialisten seid einfach nur ignorant und seid ausschließlich bestrebt eure eigenen Interessen durchzusetzen. Einen wirklichen Blick für die Abgehängten wollt ihr doch gar nicht entwickeln.

      • @LesMankov:

        1. Lassen Sie Ihre Strohmänner gerne stecken.

        2. Es geht keinesfalls darum, die Rechte von Queeren und PoC unter den Tisch fallen zu lassen, sondern um eine den Mehrheitsverhältnissen angemessene Priorisierung. Eine Partei, die eine breitere Wählerschicht anspricht, kann Ihre Ziele auch besser durchsetzen.

  • Linkspartei sollte Sahra Wagenknechts These, Deutschland führe im Nato Verband durch Sanktionen Wirtschaftskrieg gegen Russland seit dessen Krim Annexion 2014, mit Argumenten begegnen, statt sich durch Empörung wie andere Bundestagsparteien auszupowern, denn die Wagenknecht These ist schon deshalb nicht haltbar, weil Moskau selber andere Länder sanktioniert und sei es durch lange wirtschaftlich auszehrend asymmetrische Kriege wie in Tschetschenien 1994-96 unter Boris Jelzins, 1999-2009 unter Wladimir Putins Kommando, seit 24.2.2022 in der Ukraine. Sanktionsregime im deeskalierenden Fall aus der Not geboren, nicht Kriegspartei sein zu wollen, sind aber ungeachtet dessen vor allem stets regelhaft als Versuche zu deuten, mit diesen Anerkennung, Stärkung internationales Rechtswesens, Gerichtsbarkeit wie 1997 gegründet Internatuionalen Strafgerichtshofs Den Haag zu torpedieren, internationale, innenpolitische Forderungen nach Beitritt der USA, Russlands, Ukraine, Chinas, Taiwans, Great Britains, Saudi Arabiens, Ägyptens, Iran, Israels u. a. sich der Anerkennung verweigernder Länder unter der Wasserkante zu halten. Die Nato sollte in ihre Grundsätze obligatorischen Grundsatz aufnehmen, nur solche Länder auf Antrag aufzunehmen, die Internationalen Strafgerichtshof Den Haag anerkennen und das nicht nur in Friedenszeiten, wie Bundesrepublik Deutschland, sondern auch, anders als beim gescheiterten Afghanistaneinsatz 2001 nach Nine Eleven bis 2021, bei regional, weltweit gemeinsam militärischen Interventionen mit UNO Mandat. Soldaten*nnen schützt untereinander die Anerkennung Srafgerichtshof Den Haag vor falschem Korpsgeist, Kriegsverbrechen zu decken

    Linkspartei sollte allein schon inneren Zusammenhalt zu fördern, Spaltungstendenzen einzuhegen, Mitgliederzustrom zu befördern, proaktiv im Bundestag Debatte anstoßen, dass Deutschland nur noch Export von Waffensystemen, Rüstungsgütern in solche Länder genehmigt, die Internationalen Strafgerichtshof Den Haag anerkennen

    • @Joachim Petrick:

      Sie scheinen nicht registriert oder vergessen zu haben, dass die Bezeichnung "Wirtschaftskrieg" für die gegen Russland verhängten Sanktionen ursprünglich (30.03.22) von Herrn Haböck stammt.



      www.zdf.de/nachric...-russland-100.html

      Und: Eine Bundestags-Debatte mit dem Ziel "dass Deutschland nur noch Export von Waffensystemen, Rüstungsgütern in solche Länder genehmigt, die Internationalen Strafgerichtshof Den Haag anerkennen" wäre zwar interessant, ginge aber mit Pauken und Trompeten nach hinten los. So weigern sich u.a. ja auch die USA den Gerichtshof von Den Haag anzuerkennen.



      www.deutschlandfun...htshof-in-100.html

      • @LittleRedRooster:

        Bevor angestossen parlamentarische Debatten, unterstützt durch Kampagnen im öffentlichen Raum, im Bundestag Mehrheiten erlangen, geht es vor allem darum, mit diesen Debatten argumentativ unterfüttert gerüstet in eigener Partei, Fraktion Zusammenhalt mit Leben zu füllen, statt in parlamentarischer Duldungstarre gegenüber Regierungsparteien im innerparteilichen Zwist und Selbstinszenierungsgerangel Zustimmungswerte für eigene Partei in Bund, Ländern demoskopisch als dienstbare Geister unter die Wasserkante zu drücken

  • Wie wäre es mit Fünftens: In einem Moment unerwarteter geistiger Klarheit besinnen sich beide Lager darauf, dass es ja eigentlich ursprünglich mal nicht um die Partei, sondern um linke Politik ging und darum etwas zu bewege. Und weil sie sich, ehrlich eingestehen müssen, dass sie genau das ganz offensichtlich seit Jahren eben nicht gebacken kriegen beschließen sie die Selbstauflösung der Partei um Anderen Platz zu machen die es können und wollen. Zugegebenermaßen wohl eher unrealistisch, aber immerhin böte es die Chance auf einen einigermaßen würdevollen Abgang und Möglichkeit doch nochmal Größe zu zeigen indem man dem eigenen Siechtum ein selbstbestimmtes Ende setzt.

  • Falls allerdings die Linken mit dem Gedanken spielen, Wagenknecht aus der Partei zu werfen, wäre der geeignete Zeitpunkt JETZT. Warum? Weil eine undogmatische, an die Klimabewegung angebundene Linke wahrscheinlich viele von den Grünen enttäuschte Wähler einsammeln könnte.



    Andererseits könnte eine linkskonservative Wagenknecht-Partei gerade im Osten erfolgreich im Terrain der AfD wildern … ich fände beides nicht schlecht.



    Die Rechnung muss aber nicht aufgehen und ich bin auch nur ein Hobby-Stratege. Viel zu verlieren haben die Linken dabei aber ohnehin nicht.

    • @Abdurchdiemitte:

      Fast uneingeschränkte Zustimmung - "fast", weil das alles fruchtlos wenn nicht kontraproduktiv ist, wenn keine Mehrheit links der Mitte zusammenkommt.

      Die Trennlinien des existierenden Parteienangebots spiegeln nicht die klimapolitischen Vorstellungen der Bevölkerung wieder, sondern tradierten Klientelismus. Insofern ist eine Regierungskonstellatioin, die klimapolitisch etwas reißen könnte, auch nicht ohne Veränderung auf diesem Gebiet erreichbar.

      Bei der Linkspartei haben wir einen ideologischen, bei den Grünen einen Generationenkonflikt. Die SPD agiert opportunistisch zwischen der erkannten Notwendigkeit der Veränderung, und dem etablierten rheinischkapitalistischen Klientel. Die Rechtsparteien kann man komplett in der Pfeife rauchen - in der FDP haben die wenigen Vernünftigen kein klimapolitisches Profil, sondern ein innenpolitisches oä, und bei CDU/CSU tobt sich auf den vorderen Rängen mittlerweile umfassende Realitätsverweigerung aus; das Händchen voll Luzide in der Union sind Niemands (außer vielleicht Polenz, aber der ist zu alt um noch mal hochzukommen) die von der Blackrockianer-Clique noch nicht mal in Spuckweite der Parlamente gelassen werden.

  • Szenario 4 halte ich persönlich für das wahrscheinlichste … und warum auch nicht? Entweder disziplinieren sich alle Beteiligten und erkennen, dass sie ohne einander nicht (erfolgreich sein) können … oder es gibt weiter Rosenkrieg in dieser Konstellation. Dann freilich wäre Spaltung besser.