Russlands Zündelei in Transnistrien: Eskalation mit Ansage
Durch Anschläge im russlandfreundlichen Transnistrien will Moskau die Republik Moldau destabilisieren. Europa sollte vorbereitet sein.
W ährend in einigen EU-Staaten die erhitzten Debatten über Waffenlieferungen an Kiew kein Ende nehmen wollen, werden im Ukraine-Krieg neue Fakten geschaffen, nach dem Motto: Nächster Halt Transnistrien. In dem von der Republik Moldau abtrünnigen und von Russland kontrollierten Landstrich am linken Dnjestr-Ufer herrscht seit einer Serie von Explosionen in dieser Woche die Terrorwarnstufe „Rot“.
Diese Eskalation, die ein Ausgreifen des russischen Vernichtungskrieges auf ein weiteres Land in Europa ankündigen könnte, ist eine mit Ansage, und zwar aus Moskau. Unlängst umriss ein russischer General kurz und knapp die nächste Phase der „Spezialoperation“: Nach dem gesamten Donbass ist die Südukraine an der Reihe und schließlich Transnistrien. Schließlich müsse auch dort die bedrohte russischsprachige Bevölkerung geschützt werden. Das Moskauer Außenministerium ließ verlauten, es gelte ein Szenario zu verhindern, das Russland dazu zwinge, zu intervenieren.
Noch Fragen? Eben. Da ist es wieder, das Gespenst des angeblichen Genozids an den „Rus*innen im nahen Ausland“, in dessen Namen zehntausende Zivilist*innen in der Ukraine gequält, entführt oder einfach abgeschlachtet werden.
Warum Moskau jetzt auch Transnistrien ins grausame Spiel bringt, liegt auf der Hand. Immerhin sind dort rund 2.000 russische Soldaten stationiert, die in dem aktuellen verlustreichen Ukraine-Feldzug als Kanonenfutter höchst willkommen sind. Doch mindestens genauso wichtig ist eine politische Destabilisierung der Republik Moldau, die, ob einer dezidiert westlich ausgerichteten Führung, dem Kreml immer mehr zu entgleiten droht. Ohnehin ist das ärmste Land Europas, das mit der Aufnahme tausender ukrainischer Geflüchteter Unglaubliches geleistet hat, schon jetzt in einer prekären Position. Warum nicht also auch unter der bislang Russland freundlich gesinnten Bevölkerung zündeln, wenn es denn der Wahrheitsfindung über den wirklichen Aggressor in diesem Krieg dient?
Empfohlener externer Inhalt
Um es gleich vorwegzunehmen: Sollte der Ernstfall eintreten, hat Chisinau Russland militärisch nicht das Geringste entgegenzusetzen. Ergo: Europa sollte vorbereitet sein. Doch dafür werden blumige Soldaritätsbekundungen und das Prinzip Hoffnung wohl kaum reichen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht macht BND für Irrtum verantwortlich
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Kretschmer als MP von Linkes Gnaden
Neuwahlen hätten der Demokratie weniger geschadet
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?
Studie zum Tempolimit
Es könnte so einfach sein