Russlands Reaktionen im Fall Skripal: Giftige Höflichkeit aus Moskau
Nach der Ausweisung von 23 Diplomaten plant die russische Regierung Vergeltung gegen die Briten. Die will sie aber erst London selbst mitteilen.
Russland legt Wert auf tadellose Haltung und die Wahrung juristischen und diplomatischen Regelwerks nach außen. Wann immer sich Moskau an die Öffentlichkeit wendet, versucht es den Eindruck zu erwecken, sich als moralische Instanz über andere erheben zu dürfen. Auch gestern gab sich der Außenamtschef in Moskau als Sachwalter der Vernunft betont ruhig. Die hohe Schule der Diplomatie wird von Maria Sacharowa, der Sprecherin des Außenministeriums, indes unterlaufen. Die Arbeitsteilung scheint kein Zufall zu sein. Sacharowa kommentierte auf einem regulären Briefing die Äußerungen Theresa Mays vor dem britischen Parlament. Es seien „völlig verrückte Anschuldigungen gegen die Russische Föderation, unser ganzes Land und unser ganzes Volk“ vorgebracht worden, sagte die Sprecherin in giftigem Ton.
Die britische Regierung verdächtigt Russland, für den Nervengiftanschlag auf den früheren Doppelagenten Sergei Skripal und seine Tochter im englischen Salisbury am 4. März verantwortlich gewesen zu sein, und kündigte am Mittwoch Strafmaßnahmen gegen Russland an. Zweifelsohne plane Russland, symmetrische Schritte gegen Großbritannien zu unternehmen. Noch werde daran gearbeitet, sagte Sacharowa dazu. Derartige Maßnahmen werden jedoch nicht vom Außenministerium, sondern von Präsident Wladimir Putin entschieden.
Wegen des Vorwurfs der Wahlbeeinflussung und Cyber-Angriffen haben die USA die weitreichendsten Maßnahmen gegen Russland seit der Amtsübernahme von Präsident Donald Trump eingeleitet. Die US-Regierung verhängte am Donnerstag Sanktionen gegen 19 Russen und fünf russische Organisationen. Erstmals beschuldigten die USA zudem Russland öffentlich des Versuchs, das amerikanische Energienetz angegriffen zu haben. "Die Regierung geht gegen russische Cyber-Aktivitäten vor, was versuchte Einmischung in die US-Wahlen, schädliche Cyber-Attacken und Eindringen in kritische Infrastrukturen einschließt", teilte Finanzminister Steve Mnuchin mit.
Russland bedauere es sehr, dass Großbritannien keine Fakten zu dem Vorfall zur Verfügung stelle, so die Sprecherin weiter. Vor allem wäre Moskau daran gelegen, Proben von der Substanz zu erhalten, die am Ort des Verbrechens gefunden worden seien – dagegen würde sich London jedoch verwahren. „Großbritannien hat Russland weder Informationen noch Details zur Verfügung gestellt, die etwas Licht in die Situation bringen könnten“, so die Sprecherin.
So kann leicht der Eindruck entstehen, das Opfer hätte etwas zu verbergen und stünde tatsächlich selbst hinter dem Angriff. Die Regierungszeitung Iswestija sieht denn in dem Anschlag auch eine „Provokation vor den Wahlen“.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Treffen in Riad
Russland und USA beschnuppern sich vorsichtig