Russische Männer auf TikTok: Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Bei Tiktok geht der russische Song „Sigma Boy“ viral und verbreitet ein toxisches Männlichkeitsideal: Sexismus und Gewalt.
Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine liegt auf Russland eine popkulturelle Blockade: 2022 wurde das Land vom Eurovision Song Contest ausgeschlossen, Anbieter wie Netflix und Spotify zogen sich aus dem Land zurück. Der Plattform Tiktok ist das egal, dort ist in den letzten Wochen ein Song aus Russland viral gegangen.
Die Rede ist von „Sigma Boy“ der auch in deutschen Videos Millionen Aufrufe erzielt. Der russische Song passt nicht zu den sonst sehr englisch geprägten Tanzclips auf der Social-Media-Plattform. Aber er funktioniert trotzdem, allein schon wegen des Ohrwurmpotentials.
Worüber singen die gerade einmal elf und zwölf Jahre alten Russinnen Betsy und Marija Jankowskaja? Leider über „Sigma-Männer“. Nach dem Alphamännchen ist diese Idee in den sozialen Medien bekannt geworden: Ein Sigma Boy interessiert sich nicht für Machtgehabe, er steht über sozialen Normen, erscheint unnahbar. Dieses toxische Männlichkeitsbild wird mit einer Hackordnung von Tieren, vor allem Wölfen verglichen und soll gesellschaftliche Hierarchien natürlich erscheinen lassen. Das Ding ist nur: Diese Art von Verhalten wird bei Wölfen nur in Gefangenschaft, mit wenig Platz und Ressourcen beobachtet.
Dass gerade ein Song, der letztlich von gequälten Tieren handelt, sich aus Putins Russland herausgeschlichen hat, ist besorgniserregend. Denn es ist zu befürchten, dass er vor allem jungen Menschen als Vorbild dienen könnte. Wir brauchen zwar Vorbilder, keine Frage, aber so ein Song hätte keine positiven Folgen. Er glorifiziert Sexismus und Gewaltausbrüche.
Es bleibt zu hoffen, dass im Zuge des russischen Angriffskriegs in Zukunft andere Songs hinter Tiktok-Videos gelegt werden. Zum Beispiel, das Lied „Maria & Teresa“ der ukrainischen Musikerin Alyona Alyona, in dem sie über weibliche Selbstermächtigung in schweren Krisenzeiten rappt – das wäre doch mal etwas, mit dem sich Männerrudel beschäftigen könnten.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Macrons Krisengipfel
Und Trump lacht sich eins
Frieden in der Ukraine
Europa ist falsch aufgestellt
Maßnahmenkatalog vor der Bundestagswahl
Grünen-Spitze will „Bildungswende“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA und Russland besetzen ihre Botschaften wieder regulär
Krisentreffen nach Sicherheitskonferenz
Macron sortiert seine Truppen
Gentrifizierung in Großstädten
Meckern auf hohem Niveau