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Russische Justiz lenkt einPawel Ustinow kommt frei

Eine breite Protestwelle nach dem harten Urteil gegen den Schauspieler Pawel Ustinow zeigt offenbar Wirkung: Er wird aus der Haft entlassen.

„Wir sind das ganze Land“ steht auf dem Plakat der russischen Oppositionellen Ljubow Sobol Foto: reuters

Moskau taz | Das Moskauer Stadtgericht hat dem Antrag der Verteidigung auf vorläufige Freilassung des Schauspielers Pawel Ustinow am Freitag stattgegeben. Er war wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt zu dreieinhalb Jahren Lagerhaft verurteilt worden.

Noch sei das am vergangenen Montag gefällte Urteil nicht in Kraft getreten, meinte Ustinows Anwalt Anatoli Kutscherena. Er hatte vom Gericht gefordert, den 22-Jährigen gegen eine schriftliche Verpflichtung, sich dem Verfahren nicht zu entziehen, aus der Haft zu entlassen.

Unterdessen wird sich das Appellationsgericht nächste Woche erneut mit dem Fall befassen. Anlass ist die Intervention der Generalstaatsanwaltschaft, die verlangte, gegen Ustinow keine Haftstrafe zu verhängen.

Es gab ungewöhnliche Solidaritätsbekundungen für den Schauspieler. Mehr als 100 orthodoxe Priester klagten in einem offenen Brief über die Kriminalisierung eines Mitbürgers. Bekannte Vertreter der Medien und Kreml-Anhänger nannten das Urteil „ungerecht“ – so auch die Chefin des Propagandasenders RT, Margarita Simonjan. Rund 1.000 Lehrer meldeten sich in einem offenen Brief zu Wort. Selbst der Generalsekretär der Kreml-Partei, Turtschak, sprach von einer „himmelschreienden Ungerechtigkeit“ gegenüber dem Verurteilten.

Russlands Machthaber fürchten sich vor Journalisten oder Schauspielern als gut organisierten Gruppen mit schlagkräftiger Mobilisierungsfähigkeit. Grundsätzlich werde das jedoch am repressiven Charakter des Systems nichts ändern, meint der Moskauer Politologe Andrei Kolesnikow.

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2 Kommentare

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  • Tut ja nicht weh... Putin wird in seiner geführten Demokratie die Hand der Bürger bei der Wahl schon aufs richtige Feld lenken.

  • Da die taz bisher nicht über diesen Fall berichtet hatte, wäre es hilfreich gewesen, etwas mehr Informationen über die Vorgeschichte der Verurteilung im Artikel zu verstecken.