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Rüstungspaket für die UkraineDeutschland verdoppelt Waffenhilfe

Die Bundesregierung hat der Ukraine weitere Waffenhilfe im Wert von 2,7 Milliarden Euro zugesagt. Offen blieb, ob Scholz Selenski in Berlin empfangen wird.

Unter anderem 20 weitere Schützenpanzer des Typs Marder soll die Ukraine erhalten Foto: dpa

Berlin dpa | Die Bundesregierung hat der Ukraine vor einem möglichen Deutschlandbesuch des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski weitere Waffenlieferungen im Wert von 2,7 Milliarden Euro zugesagt. Unter anderem sollen 20 weitere Marder-Schützenpanzer, 30 Leopard-1-Panzer und 4 Flugabwehrsysteme Iris-T-SLM bereitgestellt werden, wie das Verteidigungsministerium am Samstag in Berlin mitteilte.

Nach Ministeriumsangaben geht es um die Lieferung weiterer Waffen im Wert von rund 2,7 Milliarden Euro durch Deutschland. Damit würde sich die deutsche Waffenhilfe für die Ukraine seit Beginn des Krieges im Februar 2022 nahezu verdoppeln: Seit Kriegsbeginn genehmigte die Bundesregierung Waffenlieferungen im Umfang von 2,75 Milliarden Euro. Deutschland gehört damit zu den wichtigsten Unterstützern der Ukraine – sowohl militärisch, als auch finanziell.

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) erklärte zu dem neuen Waffenpaket: „Mit diesem wertvollen Beitrag an dringend benötigtem militärischen Material zeigen wir einmal mehr, dass es Deutschland mit seiner Unterstützung ernst ist.“ Alle wünschten sich ein baldiges Ende des fürchterlichen und völkerrechtswidrigen Krieges Russlands gegen das ukrainische Volk. „Abzusehen ist dies leider noch nicht. Von daher wird Deutschland jede Hilfe leisten, die es leisten kann – as long as it takes“ – so lange dies nötig sei, ergänzte Pistorius. Zuerst hatte der Spiegel über das geplante neue Waffenpaket berichtet.

Offen blieb am Samstag zunächst, ob Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Selenski am Wochenende in Berlin empfangen kann. Am Sonntagnachmittag werden Selenski und das ukrainische Volk in Aachen mit dem Karlspreis für Verdienste um die Einheit Europas geehrt. Die Laudatio wird Scholz halten – auch wenn Selenski nicht selbst dabei sein kann. Weitere Redner sind EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki.

Ukrainischer Präsident in Rom erwartet

Selenski wurde am Samstag in der italienischen Hauptstadt Rom erwartet. Offiziell bestätigt wurde zunächst nur ein Besuch bei Staatspräsident Sergio Mattarella. Es war davon auszugehen, dass der Gast aus Kiew auch Regierungschefin Giorgia Meloni in deren Amtssitz Palazzo Chigi im historischen Zentrum Roms trifft. Am Nachmittag ist eine Audienz bei Papst Franziskus geplant, wenn auch noch nicht offiziell vom Heiligen Stuhl bestätigt. Am Abend ist Selenski Gast in der TV-Show „Porta a Porta“, wie der Sender Rai mitteilte.

Laut Verteidigungsministerium folgt das neue Maßnahmenpaket den bisherigen deutschen Unterstützungsschwerpunkten. Es beinhalte unter anderem Material aus den Bereichen Artillerie, Luftverteidigung, gepanzerte Gefechtsfahrzeuge und Pionierfähigkeiten. Unter anderem umfasse es 18 Radhaubitzen, Artilleriemunition, Lenkflugkörper für Luftverteidigungssysteme, 4 IRIS-T SLM Feuereinheiten zur Flugabwehr und 12 IRIS-T SLS Startgeräte.

In dem Paket enthalten seien zudem 30 Leopard Kampfpanzer vom Typ 1A5 und 20 Marder-Schützenpanzer, mehr als 100 gepanzerte Gefechtsfahrzeuge sowie über 200 Aufklärungsdrohnen. „All dies und mehr kommt aus Industriebeständen beziehungsweise der Industrieproduktion“, teilte das Ministerium mit. Die Umsetzung der von der Bundesregierung beschlossenen Maßnahmen sei eingeleitet.

Leopard, Marder und Gepard

Bereits Ende März hatte die Ukraine 18 moderne Kampfpanzer Leopard 2A6 mit Munition aus Deutschland erhalten. Die Bundesregierung hatte am 25. Januar nach längerem innenpolitischen Ringen das Ziel ausgegeben, „rasch zwei Panzer-Bataillone mit Leopard-2-Panzern für die Ukraine zusammenzustellen“. Diese sind in der Ukraine üblicherweise mit jeweils 31 Panzern ausgestattet. Beteiligt an der Initiative sind vor allem Polen sowie Norwegen, Kanada und Spanien.

Zudem hat Deutschland bislang 40 Marder-Schützenpanzer mit Munition aus Bundeswehr- und Industriebeständen sowie 34 Flakpanzer Gepard inklusive etwa 6000 Schuss Flakpanzermunition geliefert. Hinzu kommen zwei Bergepanzer sowie zwei Minenräumpanzer Wisent.

Deutschland hat der Ukraine bisher zwei Luftverteidigungssysteme Iris-T SLM zur Verfügung gestellt. Das von dem Rüstungskonzern Diehl mit weiteren Partnern entwickelte System soll unter anderem dabei helfen, die Hauptstadt Kiew vor russischen Luftangriffen zu schützen.

Im April hatte Deutschland der Ukraine zudem das Flugabwehrsystem Patriot zur besseren Verteidigung gegen russische Luftangriffe übergeben. Die Bundeswehr hatte auch die Ausbildung von Soldaten in einem Schnellprogramm übernommen. Patriot („Phased Array Tracking Radar for Intercept on Target“) zählt zu den modernsten Flugabwehrsystemen der Welt. Damit können feindliche Flugzeuge, ballistische Raketen und Marschflugkörper bekämpft werden.

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19 Kommentare

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  • 6G
    663803 (Profil gelöscht)

    Sodelich, und jetzt sind die Geschäfte in trockenen Tüchern, entsprechend darf man nun auch erfahren, dass der Wagnerchef Putin eine 'Arschgeige' schimpft ..... ein Wortgebrauch der bei der NATO sowie Politikern und die dazugehörende schreibende Journalistenzunft bekannt ist.

  • Wer den russischen Waffen nichts entgegensetzt, akzeptiert, dass Russland in der Ukraine einen Völkermord anrichtet und ist mitschuldig an den Toten des russischen Vernichtungskrieges. Momentan helfen nur Waffen, denn Russland will nur töten, nicht verhandeln.

  • Es wäre weitaus besser, dem Bürger mit dem Geld die Wärmepumpen zu finanzieren, die die Regierung dem Bürger vorschreiben will!

  • Das ist endlich mal ein Wort.



    Schluss mit: Hier mal da eine Handvoll.



    Oder war es etwa nicht das Geld, an dem es mangelte, sondern das fehlende Material? Dann hatte Putin wovor Angst? Solange ich die Bundeswehr kenne, war das immer nur Schaulaufen.



    Allein die Ausstattung der Männer bei ihren Auslandseinsätzen, das war lächerlich. Gewiss wussten das die russischen Geheimdienste auch und war m.E. auch ein Grund, warum Putin sich so viel traute. Georgien, Tschetschenien, die Krim, die Ukraine.



    Der verweichlichte Westen wird nichts unternehmen! Die kleben an ihren Besitzständen und ihre Ausrüstung reicht nicht hinten und vorne. So Putins Meinung. Was ja richtig war, aber auch beweist, das er sich nicht in einem Krieg gegen den Westen sah und sehen konnte, sondern selbst welche vom Zaun brach und seine Nachbarn überfallen ließ.



    Er wirft dem Westen vor, gegen RU Krieg zu führen, umgeben zu sein von Nazis, bedrängt zu sein von des Westens Freiheit und seinen liberalen Werten und und und...



    Hätte, wie behauptet, der Westen RU auslöschen wollen, wäre das nach Auflösung der Sowjetunion am leichtesten gewesen. Weshalb damit warten?



    Russlands Despoten haben über die Jahrhunderte nichts weiter fertiggebracht, als ihre Völker und deren Reichtum auszubeuten, um Systeme von Korruption und Unterdrückung zu installieren. Doch lässt sich das russische Volk das gefallen, dann ist das allein ihr Problem.



    Eines sollte jedem aber klar sein. Despoten brauchen immer einen äußeren Feind, um gegen das innere Versagen bestehen zu können.



    Heute die Ukraine, morgen wir. Das hört nie auf. Einzig die Keule kann dem Einhalt gebieten. Je früher, je besser. Sind dafür von unserer Seite 25 Mrd Euro nötig, dann ist das viel Geld, doch immer noch weniger, als sich vorzustellen, wieder in einem Land zu leben wie 1939 – 1945, nämlich unter Despotie und zu guter Letzt zusammengebombt zu sein.

  • was wären schlachtfelder nur ...

    ohne bewährte deutsche kriegstechnik ?

    sandkasten-spielwiesen.

    wir haben, wir liefern.



    und unter realen bedingungen liefert uns der einsatz auch erkenntnisse über schwachstellen.

    eine win-win situation.

    die frage ist nur ...

    warum müssen der kleine mann und die kleine frau die explodierenden kosten für kriege zahlen ?

    warum nicht die finanzmärkte ?



    die erheblich an den kosten aktiver konflikte durch spekulation und vermögenstransaktionen profitieren.



    und zwar für jahrzehnte.

  • @PHILIPPO1000

    Deshalb... Vermögenssteuer!

  • Diese Unsummen machen Sorgen.



    Wer zahlt das wann und wie zurück? Entwerder ist der Staat bald völlig überschuldet und irgendwann am Rand der Klippe.



    Wo wird dann gespart? Mussman nicht lange überlegen.

    • @R.A.:

      Was kostet die Alternative? Ein Russland an den polnischen Ostgrenzen, dass ständig und massiv unsere Sicherheit bedroht? Meinen Sie, das wäre für irgendwen billig?

    • @R.A.:

      Ist völlig egal, was das kostet. Und wenn es uns alle in den Ruin treibt. Ich will nicht die Generation sein, die aus eigenem finanziellen Interesse bei der Vernichtung eines Nachbarn zugeguckt hat.

  • Danke für diesen umfassenden Bericht.



    Deutschland steht also zu seinen Versprechen. Das ist insbesondere angesichts der Diskussionen über den Haushalt bedeutend.



    Es wäre schön, wenn uns Herr Selensky, nach wichtigen Talkshows in Italien , auch mit seiner Gegenwart beehren würde.



    Den Kommentar von Kuleba, nach dem Motto:



    " es darf auch schnell gehen", ist mal wieder nah an der Unhöflichkeit . Das sollte man/frau bei derartigen Summen doch mindestens erwarten dürfen.



    Letztlich zahlt der/die SteuerzahlerIn.



    Nachdem ja gerne mit Milliarden jongliert wird, empfehlen ich den RechenkünstlerInnen mal zu erkunden, wieviel erwirtschaftet werden muss, um über die Mehrwertsteuer eine Summe von 2,75Mrd Euro Steuergeldern zur Verfügung zu haben.



    (wie viele Jahrhunderte der/ die Einzelne dafür arbeiten muss, folgt im nächsten Rätselheft...).

    • 0G
      06438 (Profil gelöscht)
      @Philippo1000:

      Sicherheit ist die Grundlage für ziviles gesellschaftliches Handeln. Ohne Sicherheit sind Investitionen in fortschrittliches Gestalten der Ausgaben nahezu sinnlos - weil durch unfreundliches Handeln eines Agressors gefährdet oder unmöglich gemacht.

      • @06438 (Profil gelöscht):

        Krieg ist das Gegenteil von Sicherheit.

  • Richtig so! Weiter so!

  • Geht der Rüstungsindustrie Champagner und Kaviar aus? Aber für die Kindergrundsicherung oder Bildung, oder oder oder ist kein Geld da. Menschen töten geht allemal vor.

    • @Jalella:

      Ich mag Kitas. Und ich finde Pflegegeld gut. Und Arbeitslosenfortbildungen.

      Aber was ich noch mehr mag: Wenn menschen nicht sterben. Und ja, sorry, da sind Waffen für die Ukraine aktuell wichtiger als Kindergrundsicherung oder Bildung.

      • @Graustufen:

        Waffen sorgen im Krieg allerdings für Tote.



        Wenn Sie dafür sind, dass "Menschen nicht sterben",



        ist Ihre Argumentation unschlüssig.

        • @Philippo1000:

          Das Sterben wird genau dann aufhören, wenn Russland keine Ukrainer mehr töten kann oder will.

          Diese Waffen – vorallem die zur Luftverteidigung - helfen dabei, Russland vom Töten abzuhalten.

        • @Philippo1000:

          Unter Russischer Besatzung wird auch gestorben, mit Waffen an die Ukraine gibt es eine Chance das das töten endet.

    • @Jalella:

      Das IRIS-T System rettet Menschenleben weil es russische Raketen abfängt, das ist der größte Kostenfaktor bei der ganzen Sache.