Rettung von Geflüchteten im Mittelmeer: Rückkehr der Seenotretter
Mehrere Nichtregierungsorganisationen schicken wieder Schiffe ins Mittelmeer. Wohin sie Gerettete bringen können, ist noch nicht geklärt.
Nach monatelangen Blockaden der privaten Seenotrettungs-NGOs im Mittelmeer bereiten diese sich auf eine Rückkehr vor. Am Dienstag erreichte die unter italienischer Flagge fahrende „Mare Ionio“ die Region vor der libyschen Küste. Italienische Gruppen und die deutsche NGO Sea Watch hatten sie im September in Betrieb genommen, weil fast alle Rettungsschiffe von Behörden blockiert wurden.
Dem Regensburger Verein Sea Eye gelang es am vergangenen Freitag, eine deutsche Flagge für sein Rettungsschiff „Seefuchs“ zu erhalten. Das Schiff wurde seit Juni in Malta festgehalten. Sea Eye will die „Seefuchs“ nun mit der deutschen Flagge in Deutschland verkaufen. Für neue Hilfseinsätze habe der Verein bereits ein größeres Schiff erworben, sagte Gründer Michael Buschheuer.
Auch die „Sea Watch 3“ lag seit Juni im Hafen von Valletta auf Malta an der Kette. Die Betreiber-NGO Sea Watch sollte sich per Erklärung verpflichten, sich nicht mehr an Rettungseinsätzen zu beteiligen. Der Verein weigerte sich, im Oktober erlaubte Malta dennoch, das Schiff zur Wartung in eine spanische Werft zu bringen. „Jetzt bereiten wir uns auf neue Einsätze vor“, sagt Sea-Watch-Sprecher Ruben Neugebauer.
Auch die spanische NGO Open Arms will ihr gleichnamiges Schiff, das derzeit im Hafen von Barcelona liegt, wieder in den Einsatz schicken. Das Schiff war im April von den italienischen Behörden beschlagnahmt worden. Ebenfalls wieder in See stechen will die „Aquarius“ der NGOs SOS Méditerannée und Ärzte ohne Grenzen. Sie liegt derweil im Hafen von Marseille. Im September hatte Panama dem Schiff die Flagge entzogen. „Wir loten alle Möglichkeiten aus, die der ‚Aquarius‘ eine kontinuierliche Arbeit ermöglichen“, heißt es von SOS Méditerannée.
Aufnahmezentren in Nordafrika?
Sogar die AktivistInnen von Jugend Rettet, deren Schiff von Italien beschlagnahmt wurde und denen hohe Strafen drohen,wollen weitermachen: „Wir prüfen derzeit Optionen für eine Rückkehr in den Einsatz“, sagt Sprecherin Kira Fischer.
Offen bleibt, wohin die Geretteten kommen. Die EU-Kommission will dafür „Regionale Ausschiffungsplattformen“ genannte Aufnahmezentren in Nordafrika errichten. Sie will Schiffbrüchige künftig dorthin bringen lassen – vor allem, weil Italien seine Häfen sperrt. Bislang ist aber kein Land bereit, Standort für solche Lager zu werden.
Am Sonntag sagte Tunesiens Präsident Béji Caïd Essebsi der Deutschen Welle, auch Tunesien komme „nicht in Frage“. Sein Land habe „nicht die Kapazitäten, solche Zentren einzurichten und die Lasten an Stelle von Europa zu tragen“, so Essebsi. „Hier muss jeder seine eigene Bürde tragen.“
Die EU setzt seit 2017 vor allem darauf, dass die libysche Küstenwache Flüchtlinge aufgreift und nach Libyen zurückbringt. Am 6. November 2017, sind dabei schätzungsweise etwa 50 Menschen ertrunken. Die italienische Küstenwache hatte die „Sea Watch“ sowie die libysche Küstenwache alarmiert, nachdem die Insassen des Bootes einen Notruf abgesetzt hatten. Der Rettungseinsatz geriet außer Kontrolle.
Sea Watch und das Global Legal Action Network haben danach 17 Überlebende und Angehörige von Toten ausfindig gemacht. Diese haben nun Klage gegen Italien beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingereicht. Sie wollen feststellen lassen, dass Italien nicht die libysche Küstenwache benutzen darf, um Schutzsuchende zurückzuweisen. „Dieses Verfahren hinterfragt das Prinzip, Menschenrechtsverletzungen an dubiose Milizen outzusourcen“, sagt Sea-Watch-Sprecher Ruben Neugebauer.
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