Restaurants in Berlin öffnen heute wieder: Voller Vorfreude, voller Zweifel
Vor zehn Tagen trafen wir drei Gastronomen in ihren leeren Restaurants. Nun dürfen sie wieder öffnen – aber unter welchen Umständen? Drei Protokolle.
Mario Dzeladini, 59, Inhaber des italienischen Restaurants Firenze in Pankow:
„Ich bin sehr aufgeregt. Es hat ja auch lang genug gedauert. Gott sei Dank ist unser Restaurant groß genug für die neuen Abstandsregeln. Bei schönem Wetter gibt es zusätzlich die Terrasse mit Markise, bei schlechtem die Terrasse mit Verglasung und Heizstrahlern.
Ich besetze nur jeden zweiten Tisch. So können wir einen Abstand von zwei Metern garantieren. Zusätzlich zu den vier Mitarbeitern, die ich während der ganzen Zeit wegen des Essens zum Mitnehmen behalten habe, konnte ich zwei weitere wieder zurückholen.
Ein Stammgast von uns hat für die Kellner Mundschutz genäht mit unserem Logo drauf. Das ist doch toll, oder? Die Toiletten müssen oft desinfiziert werden, und wir kontrollieren sehr oft. Überall hängen Schilder mit der Bitte, nicht so viel mit den Kellnern zu sprechen. Wir bringen das Brot nicht mehr in Körben, sondern auf Tellern. Ich habe extra ganz kleine Salz- und Pfefferstreuer bestellt, die bei jedem Gast ausgewechselt werden können.
Restaurants, Imbisse und Cafés waren seit dem 22. März geschlossen. Speisen durften aber abgeholt oder geliefert werden.
Zwischen 6.00 und 22.00 Uhr können die Gaststätten ihre Innen- und Außenbereiche aufmachen – vorausgesetzt, sie bieten selbst zubereitete Speisen an. Zwischen den Stühlen müssen sie einen Abstand von 1,5 Meter einhalten.
Eine Maskenpflicht wie in Geschäften gibt es für die Kunden nicht. Das Servicepersonal muss Mund-Nase-Bedeckungen tragen. (dpa)
In der Küche gibt es jetzt nur noch Papierhandtücher. Es gibt eine neue Spülmaschine, sodass wir auch die Gläser bei 80 Grad spülen können. Der ganze Tresen ist neu, direkt aus der Brauerei. Und der Gastraum ist frisch renoviert, wir hatten ja viel Zeit für so etwas.
Am Freitag haben wir bis jetzt 50 Reservierungen, am Samstag 20. Ich bin sehr gespannt, wie das alles gehen wird. Und ich freue mich unheimlich auf unsere Gäste! Endlich wird das Leben wieder etwas normaler!“
Arzu Bulut, 47, eine der beiden Inhaberinnen von Osmans Töchter, einem Restaurant mit zwei Filialen in Charlottenburg und Prenzlauer Berg:
„Wir werden am Freitag erst einmal nicht wiedereröffnen, sondern die Situation übers Wochenende ganz genau beobachten. Ich werde viel mit dem Rad in der Stadt unterwegs sein, auch selbst essen gehen. Wie ist die Stimmung? Sind die Menschen zögerlich? Haben sie Angst vor einer Ansteckung? Oder finanzielle Sorgen? Wer traut sich?
Am Montag müssen wir dann entscheiden, ob wir zunächst einmal das Restaurant in Prenzlauer Berg am Mittwoch öffnen wollen. Es ist gut, so eine Veränderung nicht am Wochenende zu machen. Lieber vorsichtig sein, mit weniger Gästen. Wir haben eine Liste gemacht, nach der wegen der Abstandsregeln von den etwa 70 Plätzen im Restaurant 26 bis 35 übrig bleiben.
Das ist nicht viel, und wir müssen gut rechnen, ob es sich lohnt. Die Mehrwertsteuer für Speisen wird ja erst ab dem 1. Juli auf sieben Prozent abgesenkt. Seit dem Shutdown im März bieten wir auch Essen zum Mitnehmen an. Dafür zahlt man aber ohnehin nur sieben Prozent Mehrwertsteuer.
Das Schwierigste ist die Entscheidung, wie viele Mitarbeiter man aus der Kurzarbeit holen kann und soll. Wie viele Mitarbeiter brauche ich in der Rushhour von 18 bis 20 Uhr? Wie kann ich die Karte reduzieren, sodass nicht so viele in der Küche arbeiten müssen?
Unsere Küche ist schwierig, sie ist aufwendig. Wir haben nicht wie viele Italiener nur eine Pizza und ein paar Beläge, nicht nur die fertige Pasta und ein paar Soßen. Wahrscheinlich werden wir beide, meine Geschäftspartnerin und ich, die ganze Zeit im Restaurant mitarbeiten. Die Löhne sind ein großer Posten bei uns. Ich finde, da könnte der Staat helfen und könnte zum Beispiel 20 Prozent der Lohnkosten beisteuern, das wäre günstiger für ihn als die hundertprozentige Übernahme der Kurzarbeit.“
Mengling Tang, Inhaberin des Restaurants Pekingente in der Voßstraße in Mitte
„Die Hygieneauflagen sind sehr streng. Im Innenraum haben wir den Abstand zwischen allen Tischen genau ausgemessen und gegebenenfalls etwas vergrößert oder Tische blockiert. In unserem Restaurant sind die Tische zum Glück sowieso großzügig gestellt. Bei der Gartenbestuhlung ist es leider schwieriger, da wird es deutlich dünner. Ich habe 1.500 Euro für Desinfektionsmittel ausgegeben, die kommen in der Küche, im Gastraum und in den Toiletten zum Einsatz. Wir haben alle drei Türen geöffnet und Markierungen auf den Fußboden geklebt.
Für die Gäste gibt es Zettel, die sie ausfüllen sollen, damit wir im Fall des Falles die Kontaktdaten haben. Um 22 Uhr muss der Laden aufgeräumt werden, die Gäste dürfen nicht noch ein halbes Stündchen sitzen bleiben und austrinken. Ich habe alle meine Mitarbeiter aus der Kurzarbeit geholt und bin darüber sehr glücklich. Allerdings können sie nur 20 oder 30 Prozent ihrer eigentlichen Arbeitszeit arbeiten.
Ich achte sehr darauf, dass ungefähr alle dasselbe bekommen, und alle haben dafür großes Verständnis. Sie brauchen ja auch unbedingt das Trinkgeld. Wir wissen noch nicht, wie sich unsere Gäste verhalten werden. Wie besorgt werden sie sein?
Wir wissen auch noch nicht, wie die Umsätze sein werden. Das werden wir erst in zwei oder drei Monaten sagen können. Ich hoffe, der Sommer wird ganz gut laufen. Aber viele Virologen gehen ja von einer zweiten Welle im Herbst aus. Ich rechne mit einer harten Zeit.“
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