Resolution gegen Antisemitismus: Nicht komplex genug
Natürlich ist es gut, wenn die Ampel und die Union jüdisches Leben schützen wollen. Doch ihr endlich fertiger Resolutionstext dazu übersieht einiges.
R und 13 Monate sind vergangen, seit die Hamas über tausend Menschen ermordete. 13 Monate, in denen sich der Antisemitismus Bahn gebrochen hat. Und volle 13 Monate haben die Ampelfraktionen und die Union auch gebraucht, um eine gemeinsame Resolution gegen Antisemitismus aufzusetzen. Ärgerlich genug, dass es so lange gedauert hat. Hat sich das Warten wenigstens gelohnt? Na ja.
Die Stoßrichtung des Entwurfs stimmt: Bund, Länder und Kommunen sollten dringend mehr dafür tun, Juden*Jüdinnen zu schützen. Dafür müssen sie scharf gegen Antisemit*innen vorgehen, auch mit härteren Strafen. Und natürlich sollten öffentliche Gelder auf keinen Fall an antisemitische Organisationen und Projekte gehen. Doch es drohen gesellschaftlichen Nebenwirkungen, wenn man dabei nicht überlegt vorgeht.
Die strenge IHRA-Definition von Antisemitismus, die im Papier explizit bekräftigt wird, hat ihre Berechtigung: Hinter sogenannter „Israelkritik“ verbirgt sich oft Judenhass. Doch sollte allein auf Grundlage dieser durchaus umstrittenen Definition entschieden werden, ob Künstler*innen und Wissenschaftler*innen staatliche Förderungen erhalten? Es besteht die Gefahr, dass auch denen die Gelder entzogen werden, die sich nur im Entferntesten kritisch mit Israels Politik auseinandersetzen. Das könnte ungewollt austrocknen, was für die Sicherheit der Juden*Jüdinnen in Deutschland eben auch wichtig ist: die kritische Zivilgesellschaft.
Die wird dringend gebraucht, um im Auge zu behalten, was der Resolutionstext mit seinem Fokus auf migrantischen und israelbezogenen Antisemitismus vernachlässigt. Es sind ja nicht nur Hamas-Unterstützer*innen und verirrte Linke, die Judenhass in Deutschland befeuern. Da sind ja noch die Höckes, die rechtsextremen Polizist*innen und die Bürger*innen, von denen in Umfragen teils über die Hälfte judenfeindlichen Positionen zustimmt. Antisemitismus ist komplex. Der Resolutionsentwurf wird dem nicht gerecht.
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