Reisewarnung vor Frauenfußballturnier: „Komisches Gefühl“

Das Finalturnier der Frauen in der Champions League findet im spanischen Corona­krisengebiet statt. Kommerziell wird der Wettbewerb bald lukrativer.

Fußballerin Harder jubelt nach ihrem Treffer

Wolfsburgs Stürmerin Pernille Harder trifft verlässlich Foto: dpa

Eigentlich war alles anders geplant: Ursprünglich hätte der Viola Park in Wien Schauplatz für das Finale der Women’s Champions League sein sollen. 12.000 Tickets hatten die österreichischen Organisatoren verkauft, ehe die Coronakrise kam. Als die Europäische Fußball-Union (Uefa) vor knapp zwei Monaten sich für die Städte San Sebastián und Bilbao als Ersatz entschied, um das „Final 8“-Turnier der Frauen (21. – 30. August) auszutragen, war die Verwunderung hinter vorgehaltener Hand im deutschen Frauenfußball groß. Zählte nicht Spanien zu den am meisten betroffenen Ländern der Pandemie?

Die damalige Skepsis wird durch die steigenden Infektionszahlen auf der Iberischen Halbinsel zwar noch genährt, doch die deutschen Vertreter müssen die offizielle Reisewarnung zum Turnierstart ausblenden, wenn die Viertelfinals angepfiffen werden, bei denen der VfL Wolfsburg auf den schottischen Außenseiter Glasgow City (Freitag 18 Uhr/Sport 1), der FC Bayern auf den französischen Titelverteidiger und Topfavoriten Olympique Lyon (Samstag 20 Uhr/Sport 1) trifft.

„Natürlich verfolgen wir die Entwicklung genau, aber wir werden von der Uefa zu dieser Thematik bestens abgeholt und gehen davon aus, dass das Turnier wie geplant durchgeführt werden kann“, sagt Ralf Kellermann, Sportlicher Leiter beim VfL Wolfsburg. Nach seinem Dafürhalten gibt „es fast keinen sichereren Ort“ als solch eine Veranstaltung, bei der beteiligte Personen getestet und die Kontakte zur Außenwelt streng kontrolliert und weitgehend minimiert werden. Bei Atlético Madrid wurden indes im Vorlauf fünf positive Coronafälle bekannt – und der Sieger des Duells Atlético gegen Barcelona würde im Halbfinale auf die „Wölfinnen“ warten. Man sei „nicht unbedingt ängstlich, aber es ist schon ein komisches Gefühl“, sagt Kapitänin Alexandra Popp.

Ralf Kellermann, VfL Wolfsburg

„Wir wollen mit dem Pokal nach Hause kommen“

Der VfL-Tross ist bereits am Mittwoch im eigenen Charter ins Baskenland gereist. Dass der Doublesieger aus der Autostadt sich in San Sebastián zu den Königinnen von Europa krönen möchte, formuliert Kellermann offensiv: „Wir wollen mit dem Champions-League-Pokal nach Hause kommen.“ Der 51-Jährige hat das Team 2013 und 2014 auf den Thron geführt, 2016 und 2018 gab es unglückliche Endspielniederlagen gegen Lyon.

Es entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie, dass nun die Münchnerinnen auf das Starensemble mit der deutschen Spielmacherin Dzsenifer Marozsan treffen, wobei die Männer mit ihrem Halbfinalsieg gegen Olympique eine schöne Blaupause lieferten. „Die Entwicklung unserer Frauenfußball-Abteilung ist seit vielen Jahren extrem erfreulich“, findet Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge, „inzwischen zählen wir auch in der Champions League zum Kreis der Etablierten“. Im Finale aber standen die FCB-Fußballerinnen noch nie.

Neuzugänge schon dabei

Alle Teilnehmer durften sechs neue Spielerinnen auf der Kaderliste aufnehmen. Wolfsburg hat im Sommer die deutschen Nationalspielerinnen Lena Oberdorf (SGS Essen), Pauline Bremer (Manchester City) oder Kathrin Hendrich (FC Bayern) verpflichtet, der FC Bayern Lea Schüller und Marina Hegering (beide Essen) sowie die noch im Aufbautraining befindliche Klara Bühl (SC Freiburg). Im Gegensatz zu den Männern ist es bei den Frauen jetzt erlaubt, auch die Neuzugänge einzusetzen. Ansonsten sind zu viele Quervergleiche nicht dienlich. Gerade wirtschaftlich klaffen Welten zwischen den Formaten.

Bis einschließlich zum Halbfinale halten die Frauenteams derzeit sogar noch die Rechte an den Fernsehübertragungen in eigener Hand. Nur das Endspiel wird von der Uefa zentral vermarktet, sodass die Sendedetails abhängig von der Finalpaarung erst kurzfristig bestimmt werden.

Bald soll aber alles besser und größer werden: 2021/2022 wird eine Gruppenphase eingeführt. Drei Frauen-Bundesligisten können sich dann für den einzigen europäischen Frauen-Wettbewerb qualifizieren. „Diesen Schritt befürworten wir seit langer Zeit. Das ist genau der richtige Weg“, sagt VfL-Sportdirektor Kellermann.

Bianca Rech, Sportliche Leiterin beim FC Bayern, spricht von einem Quantensprung, „weil das derzeitige Format der K.-o.-Runden einfach nicht mehr zeitgemäß ist“. Ziel der Uefa ist es, über die Zentralvermarktung die Zuschauerzahlen und den kommerziellen Wert in fünf Jahren zu verdoppeln. Die Kluft zwischen den Klubs würde sich weiter vergrößern.

Schon jetzt sind die ressourcenstarken Großvereine aus dem Männerfußball tonangebend. Fünf Viertelfinalisten standen auch bei den Männern in der Runde der letzten acht. Diese Entwicklung werde sich noch verstärken, glaubt Kellermann: „Der Trend geht dahin, dass in den nächsten Jahren vor allem jene Mannschaften den Wettbewerb dominieren werden, die dieses auch bei den Männern tun.“

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