Reiserückkehrer und Corona: So schlimm kann das ja nicht sein

Unser Autor ist ins Ausland geflogen und wollte sich nach seiner Rückkehr testen lassen. Ohne Erfolg.

Passagiere mit Koffern im Flughafen Schönefeld

Corona-Tests an Berliner Flughäfen: „Das hört sich doch alles gut an!“ Foto: dpa

Beim Abflug ins europäische Ausland Mitte September ist die Zielregion fast noch eine Insel der Seligen, coronamäßig. Vor Ort erscheint das auch völlig plausibel, denn von der stoischen Disziplin, mit der die Einheimischen sich an Masken-, Abstands- und Desinfektionsetikette halten, kann Berlin nur träumen. Niemand, von sehr kleinen Kindern abgesehen, verzichtet in Bus oder Tram auf den Mund-Nasen-Schutz, und in jedem Geschäft, jedem Museum, jeder Kirche führt der erste Weg zum Alkoholgel-Spender. Alkoholgetränkte nächtliche Trotz-Partys wie an der Spree sind zumindest für das touristische Auge nicht erkennbar.

Knapp zehn sonnige Tage später und 48 Stunden vor der Rückreise die enervierende Nachricht: Jetzt also doch. Das RKI hat die Hauptstadtregion als Risikogebiet eingestuft, dort ist die Inzidenz in der Zwischenzeit langsam, aber stetig gestiegen, auch wenn sie noch unter der von Mitte oder Friedrichshain-Kreuzberg liegt. Jedenfalls gilt es nun gemäß Infektionsschutzverordnung, sich nach Landung in Schönefeld „auf direktem Weg in die eigene Häuslichkeit oder eine andere geeignete Unterkunft zu begeben“, um dort 14 Tage in Quarantäne auszuharren.

Pflichtgefühl sowie kurz bevorstehende private Erledigungen bewegen den Reisenden zu einer anderen Entscheidung: Er begibt sich noch am Abreisetag in eine Klinik des Urlaubslandes, um sich dort auf eigene Kosten einem Coronatest zu unterziehen. Denn: Wer ein „ärztliches Zeugnis nebst aktuellem Laborbefund in deutscher oder in englischer Sprache“ vorweisen kann, welche sich auf „eine molekularbiologische Testung auf das Vorliegen einer Infektion mit dem Coronavirus Sars-CoV-2“ beziehen, die nicht älter als 48 Stunden ist (und keinen Hinweis auf eine Infektion gibt) –, der hat freies Geleit. Noch am selben Abend erreicht ihn, mittlerweile zu Hause angekommen, per E-Mail das erleichternde „negativ“.

Ohne dieses importierte Ergebnis hätte ihn sein erster Weg am Morgen zurück an den Flughafen geführt oder ersatzweise zum Hauptbahnhof, denn die in Tegel und Schönefeld eingerichteten Teststellen lassen auch weiterhin schon um 21 Uhr die Läden runter. Wer später ankommt, muss am nächsten Tag eben noch mal durch die Stadt. All jenen, die das gar nicht so genau wissen wollen, kommt das Land Berlin im Übrigen auch entgegen: Am Flughafen gibt es keine Hinweise auf die zu erfüllenden Pflichten. Möglich, dass sie kleingedruckt auf der „Aussteigekarte“ stehen, einem schwer leserlichen, da blass kopierten Formular, das im Flieger auszufüllen ist.

Testen am Flughafen nur bis 21 Uhr

Weil der Rückkehrer aber geradezu eine Ausgeburt an Pflichtbewusstsein ist, ruft er beim Gesundheitsamt seines Bezirks an, das ihm nach mehrfach wiederholter Warteschleifenmeditation tatsächlich antwortet. Na, das sei doch prima, dass schon ein Testergebnis vorliege, sagt der Mitarbeiter am anderen Ende der Leitung, nachdem er sich ein paar Daten notiert hat. Ob er es zugeschickt bekommen wolle … – „Nein, nein, nicht nötig.“ Na ja, spart Bürokratie und Speicherplatz, kann man irgendwie verstehen.

Aber, Nachfrage: Kann man sich nach ein paar Tagen nicht doch noch bei einer der Einreise-Teststellen präsentieren? So ein Test zeigt ja eine gerade erst beginnende Infektion noch nicht an, und auch der Flug birgt Risiken, wenn auch wohl deutlich weniger als eine Fahrt mit der Deutschen Bahn. Und steht nicht auf den Senats-Corona-Infoseiten, eine nochmalige Testung „nach 5 bis 7 Tagen“ sei „dringend empfohlen“? Nein, bekommt der verdutzte Anrufer erklärt, das gehe leider nicht. „Sie haben ja schon einen Test gemacht, da gibt es leider keine zweite Möglichkeit. Und das hört sich doch schon alles ganz gut an!“

Nun denn: Ganz so schlimm kann es ja wohl nicht sein, wenn sich die Verantwortlichen so wenig Sorgen machen. Aber, wie gesagt: Gefährlicher ist es jetzt ohnehin vor der eigenen Haustür.

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