Reisen als Politikum: Merz nach Kiew, Scholz Meseberg
Der CDU-Chef besucht kurz vor zwei Landtagswahlen die Ukraine. Der Kanzler versichert Schweden und Finnland seine Zustimmung bei einem Nato-Beitritt.
Die Reise des CDU-Chefs kurz vor den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen gilt als ein Politikum. Vor allem, weil der Kanzler am Montag darlegte, dass er nach der rüden Ausladung Bundespräsident Steinmeiers durch den ukrainischen Präsidenten nicht nach Kiew reisen werde. Das gehe angesichts dieses diplomatischen Eklats „einfach nicht“.
Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk bezeichnete den Kanzler daraufhin als „beleidigte Leberwurst“. Eine Antwort des Kanzleramts darauf gibt es nicht. Offenbar hat man sich an Melnyks aggressiven Dauerton gewöhnt.
Merz' Reise als direkte Kritik an Scholz
Es gehört zur Logik der Lage, dass Merz’ Aufwartung in Kiew als direkte Kritik am Kanzler gelesen wird. Der CDU-Mann hat diesen Spin vor der Reise selbst gesetzt: Er habe Scholz empfohlen, in die Ukraine zu fahren. Doch der sei diesem Rat leider nicht gefolgt. Die Regel sind Kiew-Visiten derzeit nicht. Boris Johnson war dort, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und US-Präsident Joe Biden seit Kriegsbeginn nicht.
Friedrich Merz, CDU-Chef, unterwegs im Zug nach Kiew
Der CDU-Mann fuhr im Nachtzug in die ukrainische Hauptstadt und twitterte aus dem Zug ein Video mit blauem Sitzplatz: „Alles sicher, alles gut. Es ist schön, in diesem Land zu sein.“ Merz traf den den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu einem rund einstündigen Gespräch. Auch Gespräche mit dem Bürgermeister von Kiew, Vitali Klitschko, und Oppositionspolitikern waren geplant. „Friedrich Merz ist hier willkommen – so wie andere Führungspersönlichkeiten aus Deutschland auch“, sagte ein Wirtschaftsberater von Präsident Selenskyj.
CDU-Generalsekretär Mario Czaja versicherte, die Reise des CDU-Chefs habe mit den Landtagswahlen „rein gar nichts zu tun“. Sie sei schon lange geplant gewesen. Das sieht der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Michael Roth (SPD), etwas anders. „Es ist gut, wenn auch deutsche Politiker in die Ukraine reisen“, so Roth. „Ein schlechter Grund ist es, einen innenpolitischen Streit in die Ukraine zu tragen und sich dort parteipolitisch profilieren zu wollen. Das ist der Dramatik des Krieges nicht angemessen.“
Roth selbst war kürzlich zusammen mit Toni Hofreiter (Grüne) und Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) nach Lwiw gereist, um für mehr Waffenlieferungen an Kiew zu werben – zum Ungemach des Kanzlers.
Scholz konferiert mit Finnland und Schweden
Während der Unionsfraktionschef außenpolitische Imagepflege in eigener Sache betrieb, traf der Kanzler in Meseberg während einer Kabinettsklausur die Regierungschefinnen von Finnland und Schweden, Sanna Marin und Magdalena Andersson. Falls Finnland der Nato beitritt, hat das Bündnis zusätzlich zum Baltikum eine mehr als 1.200 Kilometer lange Grenze mit Russland.
Moskau hat für den Fall eines Nato-Beitritts von Schweden und Finnland die Stationierung von Atomwaffen an der Ostsee angekündigt. Die Entscheidung in Stockholm und Helsinki soll in den nächsten zwei Wochen fallen.
Scholz betonte, dass Putins Aggression über die Ukraine hinausreiche und man sich darauf einstellen müsse. Berlin, so Scholz, werde einen möglichen Nato-Beitritt der beiden Länder unterstützen. Die beiden Regierungschefinnen bedankten sich dafür bei „dear Olaf“.
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